„Hallo Idiot“: NPD wird von „besorgten Deutschtürken“ vorgeführt

Das Antwortschreiben des besorgten Deutschtürken ist eine gekonnte Persiflage auf den NPD-Brief. (Screenshot: Die Integrationsblogger)

Bizzare und geschmacklose Ausländerhetze kurz vor der Wahl: „Heim wandern statt einwandern“ betitelte die rechtsextreme NPD einen Brief, der mehrere Berliner Politiker mit Migrationshintergrund erreichte. Ein „verantwortungsvoller und besorgter (türkischer) Deutscher“ antwortete prompt und persiflierte gekonnt den Duktus und das Vokabular der Braunen.

Die NPD eröffnet den Brief mit „Hallo Migrant“ und stellt in den darauffolgenden Absätzen ihre kruden Thesen dar, warum Menschen mit ausländischen Wurzeln Deutschland verlassen sollten. So stamme das Wort Migrant vom lateinischen Begriff „migrare“ ab, was soviel wie auswandern, übersiedeln oder auch transportieren bedeute. Insbesondere das letzte Wort ist in diesem Zusammenhang verwerflich.

Mit folgendem Satz an die Politiker treiben die Rechten ihre unerträgliche Hetze allerdings noch weiter: „Ihre politische Einflussnahme auf die ethnische Gruppe der Deutschen könnte aus menschenrechtlichen Erwägungen vielleicht sogar strafbar sein, weil es verboten ist, den physischen und psychischen Zustand einer ethnischen Gruppe zu manipulieren“. Als „patente Lösung“ schlägt die Partei eine Auswanderung der Migranten vor. Und um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, lag den Briefen ein selbstentworfenes Rückflugticket Richtung „Heimat“ bei.

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Der anonyme Antwortschreiber wählt in seiner Persiflage eine Anrede, die dem Ton der NDP angemessen ist. „Hallo Idiot“, heißt es zu Beginn seines Textes, in dem auf schlagfertige Weise von dem griechischen Begriff „idiotes“ auf die NPD übergeleitet wird. So ließe sich „idiotes“ mit Privatperson übersetzen. Das beinhalte, dass sich aus öffentlichen und politischen Angelegenheiten herausgehalten werden müsse. Konkret: „Ihre politische Einflussnahme auf die Gruppe der Menschen, die einfach nur friedlich gemeinsam leben möchten, könnte aus verfassungsrechtlichen Erwägungen vielleicht sogar strafbar sein, weil laut unserem Grundgesetz die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist!“ Zum Abschluss des Antwortschreibens lässt es sich der Verfasser nicht nehmen, auf die Kommafehler im NPD-Brief hinzuweisen. Schließlich solle doch die „schöne deutsche Sprache“ bewahrt werden.

Veröffentlicht wurden beide Briefe auf dem Portal „Die Integrationsblogger“. Die „Süddeutsche Zeitung“ veröffentlichte eine Stellungnahme des „besorgten Deutschtürken“, der seine Identität aus Angst vor Drohbriefen nicht preisgeben will, aber verriet, dass er Student sei. Seine Antwort sei eine „Schnapsidee“ gewesen: „Ich habe das Originalschreiben am Montagabend im Internet gesehen, zufällig! Dann habe ich angefangen, Zeile für Zeile die Sätze umzudrehen … Dann habe ich den Text nur noch in das Brief-Layout der NPD eingefügt, anstelle des NPD-Logos ein Herz, et voilà! Ich musste das als Foto nur noch ein paar Facebook-Freunden schicken, und schon war die Welle losgetreten. Dass es solche Resonanz haben würde, hätte ich nie erwartet.“

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Weiter erklärte er, dass er sich von der NPD „nicht bedroht, aber schon angegriffen“ fühle. Den beigelegten Brief mit dem Flugticket gen Heimat habe er lustig gefunden, sich aber gefragt, wo er denn nun genau hin soll. Schließlich sei er schon in seiner Heimat. Trotz der expliziten migrantenfeindlichen Politik der NPD sehe er ein Verbot der Partei aber kritisch. Zu groß sei die Gefahr, dass neue und größere Parteien mit rechtem Gedankengut entstehen würden.

Dem klugen Antwortschreiber schlug im Netz eine Welle der Sympathie entgegen. So bezweifelte ein Facebook-User, dass die NPD den Antwortbrief auf ihre Hetze überhaupt intellektuell begreifen könne. Ein anderer wies auf die holprige Argumentation der Rechtsextremen hin.



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