Abitur-Skandal in Schweinfurt: Ganzer Jahrgang fällt durch

Party, Freunde, gute Laune: In ganz Deutschland feiern Abiturienten das Ende ihrer Schulzeit. Die 27 Schüler einer Schweinfurter Privatschule haben nichts zu jubeln. Dort rasselte der gesamte Abi-Jahrgang durch die schriftlichen Prüfungen.

Es ist ein trauriger Rekord: Alle 27 Schüler der Ersten Privaten Fachoberschule Schweinfurt haben die schriftlichen Prüfungen des Fachabiturs nicht bestanden. Durchfallquote 100 Prozent, das sind 97 Prozent mehr als der Jahresdurchschnitt. In den drei Kernfächern Technik, Betriebswirtschaftslehre und Mathematik habe die gesamte Klasse mit der Durchschnittsnote 6 abgeschnitten, berichtet der „Bayerische Rundfunk“.

Die Jugendlichen sind entsetzt. „Viele von uns haben sich darauf verlassen, dass sie das Abi schaffen und haben jetzt nichts in der Hand. Deswegen werden wir rechtliche Schritte einleiten“, klagt Schülerin Christina Klein in einem Interview. Mit dem Studium, das sie im Herbst beginnen wollte, wird es vorerst nichts. „Als dann gesagt wurde, dass die ganze Klasse bis jetzt nicht bestanden hat, war die ganze Klasse in dem Moment so schockiert. Ich habe gar nicht gewusst, was ich sagen soll. Ich konnte nicht mal weinen. Ich hätte niemals gedacht, dass wir alle nicht bestehen“, sagte eine andere Schülerin.

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Die Abiturienten werfen ihren Lehrern vor, sie ungenügend auf die Prüfungen vorbereitet zu haben, die Klasse sei im Lehrplan weit hinterher gewesen. Ein Experte des bayrischen Kultusministeriums soll diese Anschuldigungen nun prüfen und vor allem die Klausuren genau kontrollieren, teilte das Ministerium am Wochenende mit. Den Schülern soll ermöglicht werden, auf eine staatliche Schule zu wechseln. Dafür muss auch ihr Wissensstand geprüft werden. Das Kultusministerium fordere die Schulen auf, dabei großzügig zu verfahren, sagte ein Sprecher. Allerdings ist es möglich, dass die Jugendlichen nicht nur die 12., sondern auch die 11. Klasse wiederholen müssen. Selbst die mündlichen Prüfungen können das Fiasko nicht mehr abwenden, offenbar wurden nur drei Schüler dafür zugelassen.

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Der Schulleiter hat die volle Verantwortung für das Debakel übernommen, meldet das Onlineportal „Nordbayern.de“. „Irgendetwas muss von unserer Seite falsch gelaufen sein“, sagte er zu „Bild“. Die Eltern haben das Angebot der Schule, das letzte Jahr kostenlos zu wiederholen, abgelehnt. Die Schule kostet 140 Euro im Monat. Offenbar haben 20 Eltern einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Anwältin Patricia Fuchs-Politzki unterstützt die Vorwürfe der Schüler. „Die Schüler hatten teilweise veraltetes Lehrmaterial, das nötige Wissen für die Prüfungen ist nicht vermittelt worden“, sagte die Anwältin zu „Bild“. Die Privatschule wurde 2011 gegründet und ist staatlich genehmigt, aber nicht anerkannt. Das bedeutet, dass die Zeugnisse den Abiturienten nicht dieselben Berechtigungen verschaffen wie Zeugnisse von öffentlichen Schulen, zum Beispiel beim Schulwechsel.

"Das ist ein absolutes Desaster für die Schüler und Eltern. Sie verlieren ein bis zwei Jahre", sagte die Sprecherin des bayerischen Elternverbandes, Ursula Walther, auf dpa-Anfrage. "Ich würde mein Kind ohnehin nicht auf eine staatlich genehmigte Schule schicken, weil ich nicht sicher sein kann, dass dort die Standards ausreichen."