An falscher Tür – Polizei erschießt Unschuldigen

Ein unglaublicher Fall eines Polizei-Irrtums sorgt in den USA für Schlagzeilen. Beamte in Lake County, Florida, wollten einen Mann festnehmen, der des versuchten Mordes verdächtigt wird. Doch aufgrund einer fatalen Verwechslung betraten sie das falsche Apartment - und erschossen dort einen völlig unschuldigen Pizzalieferanten. Das Polizeiministerium von Florida untersucht zwar den Vorfall - die Öffentlichkeit läuft jedoch schon jetzt Sturm wegen der zunehmenden Polizeigewalt.

Als die Polizisten an die Tür von Nummer 114 eines Wohnkomplexes in Leesburg klopften, waren sie sicher, dass darin der mutmaßliche Verbrecher wohnte, den sie festnehmen sollten. Die Beamten waren auf der Jagd nach Jonathan B., Verdächtiger in einem Fall von versuchtem Mord. Stattdessen öffnete ihnen jedoch der 26-jährige Pizzalieferant Andrew Lee Scott. Offenbar hatten sich die Beamten schlicht in der Tür geirrt.

Wie genau es zu der anschließenden Schießerei kam, wird derzeit noch untersucht. Lieutnant John Herrell beschrieb den Vorfall gegenüber dem Lokalsender „WESH 2“ folgendermaßen: „Als wir an der Tür klopften, ging sie auf, und der Bewohner des Apartments richtete eine Waffe auf uns.“ In diesem Moment hätten die Polizisten das Feuer eröffnet und den Mann erschossen. „Es war ein bizarres Zusammentreffen mehrerer Umstände“, so Herrell weiter.

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In der Öffentlichkeit sorgt das Ereignis für großen Aufruhr. Fragen über Fragen werden aufgeworfen: Warum war Scott bewaffnet, als er die Wohnungstür öffnete? Es wird vermutet, dass er die Waffe als Vorsichtsmaßnahme mit zur Tür nahm. Die Polizisten hatten zu einer überaus ungewöhnlichen Zeit geklopft - um halb zwei Uhr nachts - sodass Scott womöglich einen Überfall fürchtete. Laut dem Fernsehsender hatten sich die Beamten auch nicht verbal als Polizisten zu erkennen gegeben. Die größte Frage aber ist: Bestand für die Ermittler wirklich Lebensgefahr – oder hätten sie in der Situation auch eine andere Wahl gehabt, als sofort zu schießen?

Der Rechtsprofessor Jonathan Turley von der amerikanischen George Washington University greift in seinem Blog genau diese Fragen auf und bezieht klar Stellung zu dem Vorfall. Amerikanische Polizisten sind bei sogenannten „No-Knock”-Aktionen, bei denen Verdächtige überrascht werden müssen, nicht dazu verpflichtet, sich auszuweisen oder ihre Identität zu nennen, bevor sie fremdes Eigentum betreten. Der Jurist weist jedoch darauf hin, dass es in diesem Fall lediglich ein einziges Indiz gab, das die Beamten zu jenem Apartment führte: Das Motorrad des tatsächlichen Verdächtigen stand vor der Tür des Apartments, indem das unschuldige Opfer wohnte. Das allein aber rechtfertige noch keine "No-Knock"-Aktion.

Trotzdem habe sich die Polizei, die zu später Stunde an der Tür des falschen Verdächtigen geklopft habe, nicht ausgewiesen. Insofern habe der Mann, zumal er in einer Gegend mit hoher Kriminalitätsrate wohnte, die Tür aus einer begründeten Angst heraus bewaffnet geöffnet. „In diesem Fall scheint es, als hätten die Polizisten vorsichtiger agieren müssen, indem sie sich deutlicher identifizieren, gerade weil sie keinen klaren Beweis dafür hatten, dass sich der tatsächliche Verdächtige in diesem Apartment befand.“ Bereits mehrfach hatte Turley den steigenden Einsatz von „No-Knock“-Aktionen kritisiert. 

Das Polizeiministerium von Florida untersucht derzeit den Vorfall, wie die „Huffington Post“ vermeldet. Der Polizist, der Scott erschossen hat, ist bis auf Weiteres beurlaubt. Den wirklichen Verdächtigen Jonathan B. sowie seinen mutmaßlichen Komplizen konnte die Polizei später festnehmen.




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