Antarktis: Russen stoßen in seit 15 Millionen Jahren isoliertes Gewässer vor

Forscher vermuten exotische Lebensformen im Wostoksee

In einer Tiefe von 3.768 Metern unter der Eisoberfläche der Antarktis sollen russische Wissenschaftler ein Gewässer erreicht haben, das 15 Millionen Jahren lang von der Außenwelt isoliert war. Der Wostoksee, das größte bekannte Gewässer, das komplett unter einer Eisdecke liegt, könnte ein Jahrtausende altes Ökosystem beherbergen. Forscher vermuten in ihm einzigartige Lebensformen

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Der Wostoksee im Osten der Antarktis ist der größte bekannte See, der komplett unter einer Eisdecke liegt. Nun ist es einem russischen Forscherteam laut der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti gelungen, ihn anzubohren.

Bereits 1998 liefen Vorbereitungen dazu, die Eisdecke über dem See zu durchbohren und mit Sonden in den See vorzudringen. Damals wurde dieses Projekt nach internationaler Übereinkunft 150 Meter über dem See gestoppt, da man eine Kontamination des Seewassers durch Chemikalien und Bakterien von der Oberfläche befürchtete.

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Denn Forscher vermuten in dem seit Zeitaltern isolierten Wasser des Wostoksees einzigartige Lebensformen. Ihre Erforschung könnte unter anderem Aufschluss über mögliches Leben auf dem Jupitermond Europa geben, der einen ganzen Ozean unter seiner Eiskruste besitzt. Zudem könnten die Organismen im See Aufschluss darüber geben, wie sich einst das Leben an diese extremen Bedingungen von Kälte und Dunkelheit anpasste. Sollte das Seewasser jedoch durch die Bohrung kontaminiert werden, könnte diese einzigartige Lebenswelt bedroht sein, befürchten Forscher.

Bohrung unter strengen Auflagen
Erst im November 2011 erhielt das Forscherteam des russischen Antarktisprogramms die Genehmigung, ihre Bohrung unter strengen Auflagen bis zum See fortzuführen. Sollte man den See erreichen, werde man den Bohrer sofort zurückziehen und dabei ein wenig Seewasser ins Bohrloch hinaufziehen, erklärte Valery Lukin, Direktor des russischen Antarktisprograms im Januar im Fachmagazin "Nature". Das angesogene Seewasser friere dann zu einem Pfropf fest und verhindere, dass Schmiermittel und andere Substanzen in den See gelangten.



Gegenüber der "Nature" wollte Lukin am Dienstag noch nicht endgültig bestätigen, dass die Bohrung dieses Stadium am Montag erreicht hat. Man müsse erst Daten von den Sensoren an der Bohrerspitze näher analysieren, sagte er dem Fachmagazin.

In jedem Falle aber könne man in den nächsten Monaten nicht weiter fortfahren. Denn am Montag wurde bereits ein Großteil der russischen Forscher mit dem letzten Flugzeug von der Antarktisstation Wostok ausgeflogen. Es seien nur zwei Männer zurückgeblieben, um das Bohrloch zu überwachen.

"Aufregend wie ein Flug zum Mars"
"Wenn alles nach Plan verläuft, werden wir das Loch im Dezember erneut anbohren und dann die gefrorene Probe gewinnen, ohne das Seewasser zu kontaminieren", sagt Lukin. Diese Proben sollen dann in einem Speziallabor auf genetisches Material hin analysiert werden. Nach Angaben von Lukin will man dann mögliche Spuren von Leben auch an Labore in anderen Ländern senden, um eine unabhängige Bestätigung zu erhalten.

In einem nächsten Schritt planen die russischen Forscher bereits, in rund einem Jahr einen kleinen Tauchroboter in den Wostoksee hinunterzuschicken. Er soll dort Wasserproben nehmen und Sediment vom Seegrund sammeln. Einen Antrag auf Genehmigung dieses Vorhabens werde man im Mai 2012 dem Beratergremium des Antarktisvertrags vorlegen, sagte Lukin gegenüber der "Nature". "Für uns ist dies so neu und aufregend wie ein Flug zum Mars."

Quelle: dapd/yahoo