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Banken und Händler prellten Staat um Steuermilliarden

Ermittlungen wegen betrügerischer Wertpapiergeschäfte

Banken und Aktienhändler haben den deutschen Fiskus offenbar mit kriminellen Wertpapiergeschäften zur Umgehung der Kapitalertragssteuer womöglich um viele Milliarden Euro betrogen. (Archivfoto)

Banken und Aktienhändler haben den deutschen Fiskus offenbar mit kriminellen Wertpapiergeschäften zur Umgehung der Kapitalertragssteuer womöglich um viele Milliarden Euro betrogen. Davon gehen nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" die Finanzbehörden aus, die seit Längerem einen Fall bei der Hypo-Vereinsbank (HVB) untersuchen.

Der Steuerbetrug bei solchen Geschäften habe in Deutschland nach "konservativen Schätzungen" einen "hohen einstelligen Milliardenbetrag" ausgemacht, schrieb dem Bericht zufolge das für die HVB-Ermittlungen zuständige Finanzamt Wiesbaden II in einem bislang unveröffentlichten Schreiben vom März 2012 an das hessische Finanzgericht. Darin heißt es weiter, Fachleute gingen davon aus, dass der Staat allein 2008 um 13 Milliarden Euro geprellt worden sei. Eine entsprechende Lücke in den Steuergesetzen sei erst 2012 geschlossen worden.

Bei den Ermittlungen geht es um komplexe Geschäfte mit Aktien, die unter dem Namen "Dividendenstripping" bekannt sind. Die sogenannten Cum-Ex-Transaktionen zielen darauf, die fälligen Kapitalertragssteuern durch Aktienkäufe und -verkäufe rund um den Dividendenstichtag mithilfe ausländischer Handelspartner mehrfach von den Finanzbehörden erstattet zu bekommen. Dem "SZ"-Bericht zufolge erreichten manche Banken und Aktienhändler durch trickreiches Vorgehen, dass Finanzbehörden die Kapitalertragssteuer bis zu vier Mal erstatteten, obwohl sie nur einmal oder gar nicht abgeführt wurde.

In dem Steuerstreit mit der Hypo-Vereinsbank kam das hessische Finanzgericht zu dem vorläufigen Ergebnis, ein Großkunde der Bank habe bei den Aktiendeals den Fiskus "arglistig" getäuscht, um sich "nicht gerechtfertigte Steuervorteile" zu verschaffen. Dem Zeitungsbericht zufolge hat auch die Dresdner Bank bis zu ihrem Aufkauf durch die Commerzbank 2009 solche Cum-Ex-Transaktionen betrieben.

Ein Großkunde der HVB, ein Berliner Immobilienhändler, sieht durch die Vorwürfe des hessischen Finanzgerichts seine Rechte verletzt und hat über seinen Anwalt Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, wie die "SZ" weiter berichtet. Der Anwalt argumentiert darin, die Politik habe es offenbar nicht nur "aus Versehen" hingenommen, dass der Fiskus bei solchen Geschäften womöglich mehr Steuer erstattete als er zuvor eingenommen habe. Dass dies in bestimmten Konstellation bei Wertpapiergeschäften der Fall sein würde, sei bei der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2007 unzweifelhaft gewesen.