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Chlamydien – eine wenig bekannte Geschlechtskrankheit

Wenn man heutzutage an sexuell übertragbare Krankheiten (sexually transmitted diseases, STDs) denkt, dann fallen einem sofort prominente Vertreter ein: HIV, HPV und Hepatitis-B als Viruserkrankungen oder Tripper und Syphilis als bakteriell verursachte Infektionen, die beim Sex von Mensch zu Mensch weitergegeben werden.

Eine sehr weit verbreitete, relativ unbekannte und auf jeden Fall ernstzunehmende sexuell übertragbare Krankheit ist die Chlamydien-Infektion. Wie kann man sich infizieren? Gibt es Symptome? Warum können Frauen nach einer Infektion unfruchtbar werden und was hat eine Chlamydien-Infektion eigentlich mit Rheuma zu tun? Felix Gussone klärt die wichtigsten Fragen:

Chlamydien (griechisch Chlamydos = Mantel) sind winzige kugelförmige Bakterien, die so klein sind, dass sie sich in unseren Körperzellen als Zellparasiten einnisten können. Die Regionen, die sie am liebsten bewohnen, sind die Schleimhäute. Deswegen ist es auch möglich, dass Chlamydien nach Schmierinfektion nicht nur den Genitalbereich, sondern auch Augen- und Atemwege besiedeln und dort Probleme verursachen.
Wegen den weitreichenden Folgeschäden besitzt die Chlamydien-Infektion im Uro-Genitaltrakt aber die größte Relevanz. Noch vor Tripper und Syphilis ist die Infektion mit Chlamydien einer der häufigsten Geschlechtskrankheiten überhaupt: Je nach Altersgruppe sind bis zu zehn Prozent der Bevölkerung mit Chlamydia trachomatis infiziert.

Infektion wird oft nicht erkannt

Der wichtigste Übertragungsweg ist der ungeschützte Geschlechtsverkehr. Häufig sind es Personen mit häufig wechselnden Partnerinnen und Partnern, die besonders gefährdet sind. Das Tückische bei einer Chlamydien-Infektion: Man kann sie nur schwer erkennen. Nach einer Infektion klagen lediglich 25 Prozent der Frauen und die Hälfte der Männer über Beschwerden.

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Bei Männern ist die Harnröhrenentzündung (Urethritis) das häufigste Symptom: Starker Harndrang, erschwertes Wasserlassen und Jucken oder Brennen in der Harnröhre beim Urinieren sind Folgen einer solchen Urethritis. Gelegentlich wird auch über einen schleimig-eitrigen Ausfluss aus der Harnröhre berichtet, der jedoch auch bei Tripper vorkommt und auf jeden Fall ärztlich abgeklärt werden sollte. Im weiteren Verlauf können auch Hoden und Prostata betroffen sein.

Wenn es bei Frauen überhaupt zu Symptomen kommt, stehen ebenfalls Juckreiz und Brennen während des Wasserlassens an erster Stelle. Hier hängt es außerdem davon ab, wie weit die Infektion fortgeschritten ist: Zunächst halten sich Chlamydien nämlich nur am Scheideneingang auf und wandern erst später in Gebärmutterhals, Gebärmutterhöhle und sogar die Eileiter. Dies kann dann zu Entzündungsreaktion im kleinen Becken kommen - und genau das ist überaus gefährlich bei der Chlamydien-Infektion.

Unfruchtbarkeit bei Frauen durch Chlamydien möglich

Kommt es durch die kleinen, intrazellulären Bakterien zur Entzündung der Eileiter und Eierstöcke (Adnexitis) und wird diese nicht frühzeitig erkannt, so sind die Folgen oft schwerwiegend: Nach dem Abheilen einer Eileiterentzündung können sich wulstige Narben und spinnwebenähnliche Verwachsungen im Unterleib ausbilden, die nicht nur zu chronische Unterleibsschmerzen sondern auch zu Sterilität, also Unfruchtbarkeit, führen können.

Grund dafür ist folgender: Werden die Eileiter durch diese Verwachsungen verengt, so können befruchtete Eizellen einfach nicht mehr in die Gebärmutter gelangen und sich dort einnisten.

Jede zweite unfruchtbare Frau hatte Chlamydien-Infektion

Im Gebiet der Unfruchtbarkeit liegt die größte klinische Relevanz der Chlamydien-Infektion: Es wird angenommen, dass die Hälfte der ungewollt kinderlosen Frauen durch eine langjährige Chlamydieninfektion unfruchtbar geworden ist. In diesen Fällen bleibt dann nur die In-vitro-Fertilisation (IVF), um den Kinderwunsch zu erfüllen. Dabei entnimmt der Arzt aus den Eierstöcken zunächst Eier, um sie im Reagenzglas zu befruchten und dann in die Gebärmutter einzusetzen.

Rheuma durch Chlamydien?

Neben der Unfruchtbarkeit bei Frauen gibt es noch eine weitere Komplikation einer Infektion mit Chlamydien. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen enstehen manchmal schmerzhafte Gelenkentzündungen als Folge der bakteriellen Infektion, besser bekannt unter dem Namen „infektreaktive Arthritis". Der Grund: Der Körper wehrt sich gegen die Chlamydien und fährt in diesem Kampf mit seinem Immunsystem alle Geschütze auf. Hier kommt es dann zu einer „Überreaktion", die dazu führt, dass auch körpereigene Strukturen - hier vorzugsweise Gelenke - angegriffen werden. Dabei sind die großen Gelenke in der unteren Körperhälfte, also Knie und Sprunggelenke, am häufigsten betroffen. Der ganze Vorgang erinnert ein bisschen an eine „Allergie" und fällt letztendlich unter den großen Überbegriff „rheumatische Erkrankung".

Chlamydien-Screening von Kasse bezahlt

Da es sich bei den Chlamydien um Bakterien handelt, ist die Infektion in den meisten Fällen mit Antibiotika gut behandelbar. Deswegen und vor dem Hintergrund der schweren Verläufe und einer abwendbaren Unfruchtbarkeit haben auch die Krankenkassen reagiert: Seit 2008 können sich alle Frauen unter 25 Jahre einmal im Jahr kostenlos auf Chlamydien testen lassen.

Diagnose und Therapie: Den Partner nicht vergessen!

Um eine Chlamydien-Infektion zu diagnostizieren, muss der Arzt einen Abstrich aus der Harnröhre entnehmen, der dann im Labor mit einer komplizierten Methode auf Chlamydien untersucht wird. Ist der Test positiv, so erfolgt sofort die Behandlung mit Antibiotoka für eine Woche. In diese Zeit ist Geschlechtsverkehr tabu, um neue Ansteckungen zu vermeiden.

Bei der Therapie ist es essenziell, dass in einer Beziehung beide Partner untersucht und auch gleichzeitig behandelt werden. Sonst besteht das Risiko, dass es gegenseitig zu wiederkehrenden Ansteckungen kommt (Ping-Pong-Effekt). Da eine Chlamydien-Infektion nicht selten durch Untreue in eine Beziehung „eingeschleppt" und aus Angst vor Partnerschaftsproblemen das Thema verschwiegen wird, ist es hier Aufgabe des Arztes, für Aufklärung zu sorgen.

Am besten ist es natürlich immer, wenn es gar nicht erst zu einer sexuell übertragbaren Krankheit kommt. Auch im Fall der Chlamydien-Infektion gilt deshalb: Kondome sind das A und O.

Autor: Felix Gussone