“Kinderkrankheit” für alle: Die Masern sind zurück

Die einen kennen sie aus ihrer Kindheit, die anderen nur als Stempel aus ihrem gelben Impfheft: Die Masern. Dass die Infektionskrankheit in Deutschland wieder auf dem Vormarsch ist, wissen hingegen nur wenige. In München ist die Zahl an Erkrankten seit April rapide angestiegen: 220 Masern-Fälle wurden dem Gesundheitsreferat gemeldet - so viele wie seit Jahren nicht mehr. Dabei handelt es sich bei Masern keineswegs um eine harmlose "Kinderkrankheit". In der bayrischen Landeshauptstadt betrifft die Krankheit überwiegend Erwachsene und Jugendliche. Viele Patienten mussten sogar in einem Krankenhaus behandelt werden. Yahoo! klärt die wichtigsten Fragen zur "Kinderkrankheit" Masern, an der weltweit noch immer täglich 450 Menschen sterben.

Auch wenn in Deutschland von einer "Rückkehr der Masernepidemie" die Rede ist, spielt die weltweit verbreitete Krankheit besonders in Entwicklungsländern eine große Rolle: Hier ist der Anteil tödlicher Verläufe noch immer am höchsten. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit täglich rund 450 Menschen an Masern. Die meisten Opfer sind Kinder unter 5 Jahren.

In Deutschland können wir uns hingegen relativ glücklich schätzen: Durch die seit 30 Jahren durchgeführte Impfung ging die Häufigkeit der Masern in unserem Land deutlich zurück. Wie man am Beispiel München sieht, kommt es aber trotzdem immer wieder zu vereinzelten Ausbrüchen. Grund dafür ist schlichtweg ein mangelnder Impfschutz.

Hoch ansteckend für nicht Geschützte

Die Infektionskrankheit Masern ist eine der ansteckendsten Krankheiten überhaupt. Schon beim normalen Sprechen kann das Masernvirus durch Einatmen infektiöser Tröpfchen übertragen werden. Es reicht also ein kurzer und minimaler Kontakt mit dem Masernvirus aus, um einen Ungeschützten (weder geimpft noch als Kind erkrankt) zu infizieren. Wie ansteckend Masern wirklich sind zeigen auch die Zahlen: Laut dem Robert-Koch-Institut löst das Virus bei über 95 % der Ungeschützten nach Kontakt klinische Erscheinungen aus.

Alles andere als eine "Kinderkrankheit"

Der Begriff "Kinderkrankheit" ist irreführend, weil er fälschlicherweise suggeriert, nur Kinder könnten an Masern erkranken. In Wahrheit sind Masern einfach nur so hoch ansteckend, dass früher die meisten Menschen bereits als Kind erkrankten. Daher der Begriff "Kinderkrankheit".

Heutzutage betreffen mehr als die Hälfte der in Deutschland auftretenden Masernfälle Jugendliche und Erwachsene. Wie kann das sein? Nicht jeder ist bei uns gegen Masern geimpft. Das heißt, dass viele (ältere) Menschen keinen Schutz besitzen, so dass die Krankheit nun hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene trifft.

Die Symptome: Erst "Grippe", dann Ausschlag

Zu Beginn gleichen die Symptome einem grippalen Infekt: Ungefähr zehn bis zwölf Tage nach der Ansteckung bekommt man hohes Fieber und Husten. Zwei bis drei Tage später beginnt dann der typische Ausschlag im Gesicht und hinter den Ohren, der sich später über den Körper ausbreitet. Bis dahin hat der Infizierte nicht selten schon sein gesamtes ungeschütztes Umfeld angesteckt, weil die Symptome der Erkrankung anfangs so unspezifisch sind und nicht als Masern erkannt werden.

Masern schwächen übrigens für ungefähr sechs Wochen die Abwehrkräfte. Zu dieser Zeit kann es deswegen häufig zu Infektionen mit Bakterien kommen, gegen die das Immunsystem nicht angehen kann. Eine bakterielle Mittelohrentzündung oder Bronchitis ist häufig. Auch eine Lungenentzündung kann auftreten. Nicht selten endet diese tödlich.

Masern mit tödlichem Verlauf

Die gefährlichste Komplikation ist eine Gehirnentzündung. Sie tritt bei zehn von 10.000 Masernfällen auf - und vor allem bei Jugendlichen und Erwachsenen. Bei etwa zehn bis 20 Prozent der Betroffenen endet sie tödlich, bei etwa 20 bis 30 Prozent bleiben schwere Folgeschäden wie geistige Behinderungen und Lähmungen zurück. Die einzige Möglichkeit, einer solchen Masern-Enzephalitis vorzubeugen, ist die Impfung.

Therapie nicht vorhanden

Da Masern durch Viren ausgelöst werden sind Antibiotika wirkungslos. Nur eine Behandlung der Symptome mit fiebersenkenden Medikamenten und Hustenmitteln ist möglich. Durch Bakterien verursachte Zusatzkomplikationen wie Mittelohr- oder Lungenentzündung können mit Antibiotika behandelt werden.

Impfung schützt zuverlässig

Um eine Viruserkrankung auszurotten, müsste man 95 Prozent der Bevölkerung gegen den Erreger immunisieren, also impfen. Bei den Pocken ist dies gelungen. Auch die Masern wollte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis 2010 ausgerottet haben - vergeblich. Der Grund: In Deutschland werden nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) und der WHO nur etwa 80 Prozent der Kleinkinder geimpft.

Dass es auch anders geht, zeigt sich in Nord- und Südamerika: Hier sind die Impfraten so hoch, dass nach WHO-Angaben seit acht Jahren keine Masern mehr aufgetreten sind!

Fest steht: Masern sind durch eine Impfung leicht vermeidbar. Ein vollständiger Schutz, der aus zwei Impfungen mit dem MMR-Impfstoff (Masern, Mumps, Röteln) besteht, bietet lebenslangen Schutz.

Ist die Masernimpfung gefährlich?

Entgegen unwissenschaftlichen Einwänden von Impfgegnern ist die Masernimpfung laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gut verträglich. Da bei der Impfung abgeschwächten Masernviren verabreicht werden, kann es in manchen Fällen in den ersten drei Tagen nach der Impfung zu einer Temperaturerhöhung, Kopfschmerzen oder Magen-Darm Beschwerden kommen. Solche Impfreaktionen klingen aber in der Regel nach maximal drei Tagen wieder ab und sind harmlos.

Bei zwei bis fünf Prozent der Geimpften treten außerdem vorübergehend nicht ansteckende "Impf-Masern" auf: Darunter versteht man Fieber mit einem schwachen masernähnlichen Hautausschlag. Schwere Nebenwirkungen sind bei der Masernimpfung übrigens sehr selten. Bei der individuellen Entscheidung "Soll ich mein Kind impfen lassen oder nicht?" hilft der behandelnde Kinderarzt gerne weiter.

Was soll ich machen, wenn ich als Erwachsener nicht geimpft bin?

Das Robert Koch Institut empfiehlt, dass die Impfung gegen Masern in folgenden Fällen für Erwachsene nachgeholt werden sollte: Geburtsjahr nach 1970, noch gar nicht bzw. nur einmal in der Kindheit geimpft und noch nie an Masern erkrankt.

Diese Empfehlung zur Masernimpfung im Erwachsenenalter wurde übrigens erst im Jahr 2010 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) erweitert, um Masernausbrüche in der Bevölkerung zu verhindern. Auch nach Kontakt zu einer an Masern erkrankten Person oder einer vermuteten Ansteckung kann laut RKI bis zu fünf Tage nach diesem Kontakt als "Prophylaxe" der Impfstoff verabreicht werden. Dies gilt für alle Ungeimpften, in der Kindheit nur einmal geimpften Personen oder Menschen mit unklarem Immunstatus gegen Masern.