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Zur Brust genommen: Das Mammographie-Screening

Während bei Männern das Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) aufgrund von Rauchen die häufigste Krebserkrankung darstellt, ist es für Frauen der Brustkrebs. Dass Vorsorge beim Thema Brustkrebs die beste Medizin ist, scheint auch der Staat begriffen zu haben: Das Mammographie-Screening ist eine kostenlose Leistung für alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Dennoch gibt es Frauen, die einer Röntgenuntersuchung ihrer Brust kritisch gegenüberstehen. Und auch Wissenschaftler diskutieren seit Jahren kontrovers darüber, ob das Screening mehr nutzt oder schadet.

Felix Gussone klärt für Yahoo! Nachrichten über Nutzen und Risiken der Früherkennung auf.

Laut den neusten Zahlen des Robert-Koch-Institutes in Berlin erkranken jährlich 71.660 Frauen an dem gefürchteten Tumor in der Brust, die Hälfte davon davon vor dem 65. Lebensjahr. Im Kampf gegen die heimtückische Krankheit gibt es seit 2004 in Deutschland das Mammografie-Screening für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. „Zentrale Stellen" laden alle Damen dieser Altersklasse im Zwei-Jahres-Rhythmus per Brief zu einer Reihenuntersuchung ein, sofern sie in den amtlichen Melderegistern eingetragen sind.

Die Untersuchung hat primär zum Ziel, einen Brusttumor frühzeitig zu erkennen und durch eine anschließend schonende Behandlung mehr Lebensqualität bieten zu können.

Was passiert bei der Mammographie?

Das freiwillige Screening-Programm, das sowohl gesetzlich als auch privat versicherten Frauen kostenlos und ohne Praxisgebühr zur Verfügung steht, beinhaltet die sogenannte „Mammographie". Darunter versteht man in der Medizin eine Röntgenuntersuchung der Brust, mit der man schon sehr kleine Tumore in einem frühen Stadium erkennen kann - also sogar noch bevor sie als Knoten oder Verhärtung tastbar sind!

Durchgeführt wird das Ganze in dafür eingerichteten, zertifizierten Zentren, die einer regelmäßigen Überprüfung unterliegen. Die Mitarbeiter der mittlerweile fast 100 Zentren in ganz Deutschland müssen in Fortbildungen besondere fachliche Qualifikationen erworben haben und weitere Anforderungen erfüllen: So müssen beispielsweise die Ärzte jedes Jahr mindestens 5.000 Mammographien beurteilt haben um das „Zertifikat" zu erhalten.

Mammographie: Am besten in der 1. Zyklushälfte ohne Deo

Im Normalfall dauert die Untersuchung nur wenige Minuten: Jede Brust wird von zwei Seiten dargestellt und dabei zum Röntgen zwischen zwei Plexiglasscheiben gepresst. Dies ist keine unnötige „Folter" sondern wichtig, damit die dargestellten Gewebsschichten möglichst dünn dargestellt werden.

Während die Röntgenstrahlen keinerlei Schmerzen verursachen, kann das Einklemmen der Brust zwischen den Platten für manche Frauen hingegen etwas schmerzhaft sein. Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München empfiehlt deshalb, den Termin der Vorsorge am besten in die 1. Zyklushälfte zu legen, da die Kompression dann weniger schmerzhaft ist. Der Grund: In der Zeit zwischen dem Ende der Regelblutung und dem Eisprung ist die Brust natürlicherweise weniger schmerzempfindlich und außerdem weicher. Fachleute von der „Kooperationsgemeinschaft Mammographie-Screening" empfehlen außerdem, auf Deos und Cremes im Brust- und Achselbereich zu verzichten, die diese Pflegeprodukte einen Film auf der Haut hinterlassen, der auch im Röntgenbild sichtbar ist und das Bild verfälschen könnte.

Strahlenbelastung: "Gering" oder "unvertretbar"?

Da die Mammographie eine Röntgenuntersuchung ist, gibt es natürlich auch eine Strahlenbelastung. Laut dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums ist die Strahlenbelastung jedoch gering und beträgt im Brustgewebe nur etwa 0,2 bis 0,3 Milli-Sievert (mSv). Zum Vergleich: Die natürliche Strahlung in der Umwelt erreicht nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz pro Jahr im Durchschnitt etwa 2,1 mSv, in einzelnen Gebieten sogar deutlich mehr. Außerdem treffen die Röntgenwellen bei der Mammografie nur die Brust und nicht den ganzen Körper wie die natürliche Strahlung.

Christiane Kuhl, Professorin an der Universitätsklinik Bonn und Erstautorin einer überaus kritischen Studie zur Mammographie aus dem "Journal of Clinical Oncology" sieht das ein wenig anders: „Die Strahlendosis, der eine Hochrisikopatientin im Laufe der Jahre ausgesetzt wird, ist unvertretbar. Eine einzelne Mammografie ist kein Problem, aber wenn eine Frau vom 25. bis zum 70. Lebensjahr jährlich geröntgt wird, ist die Belastung einfach zu groß und umgekehrt der Nutzen zu gering."

Die Professorin aus Bonn sieht die Magnetresonanztomographie (MRT) als wesentlich besser geeignet, den Brustkrebs frühzeitig zu diagnostizieren. Glaubt man der Bonner Studie, so wurden in der Kernspin-Röhre deutlich mehr Tumore in der Brust korrekt erkannt als mithilfe der Mammografie. Das Problem bei der Sache: Momentan wird die etwa 450 Euro teure Kernspin-Untersuchung nur dann von der Kasse gezahlt, wenn sie als Anschlussuntersuchung nach einer Mammografie (110 Euro) oder einem Ultraschall durchgeführt wurde, bei denen ein verdächtiger Knoten auftrat.

Krebsforschungszentrum: "Strahlenbelastung in keinem Verhältnis zum Risiko bei Verzicht auf die Mammographie"

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat sich ebenfalls mit dem Thema „Strahlenbelastung auf die lange Sicht" auseinandergesetzt. Schlussendlich kommt das angesehene Institut zu der Erkenntnis, dass „die vergleichsweise geringe Strahlenbelastung durch die Mammographie in keinem Verhältnis zu dem Risiko steht, bei Verzicht auf die Untersuchung eine etwaige Krebserkrankung nicht oder zu spät zu erkennen."

Übertriebene Diagnostik mit falschen Ergebnissen?

Kein medizinischer Test und kein Diagnoseverfahren ist hundertprozentig sicher - das gilt für die Vorsorgeuntersuchungen beim Mann, über den HIV-Test bist zur Mammographie. Deswegen kommt es auch leider vor, dass Frauen durch regelmäßiges Screening beunruhigt werden, weil bei ihnen „Auffälligkeiten" gefunden werden können, die erst nach ergänzenden Untersuchungen wie einer Gewebeentnahme (Biopsie) als harmlos eingestuft werden.

Kommt es durch ein „falsch positives" Mammographie-Resultat (Anzeichen auf Brustkrebs, obwohl eigentlich kein Tumor vorliegt) zu „überflüssigen" Eingriffen wie einer Biopsie, so ist das sicherlich ärgerlich und mit viel Angst und Stress verbunden. Deswegen hat man in Deutschland Qualitätskriterien aufgestellt die besagen, dass nur bei maximal drei von zehn Frauen eine "unnötige" Gewebeentnahme erfolgen darf.

Wird eine Frau also zu einer erneuten Untersuchung wegen ihresMammographiebefundes eingeladen, so bedeutet dies nicht, dass sich die Ärzte schon sicher sind, dass sie Krebs hat.

Nicht alles Tumoren werden erkannt

Daten, die dem Deutschen Krebsforschungszentrum vorliegen, zeigen außerdem: Nicht jeder Brusttumor wird durch die Mammographie erkannt. Von 100 tatsächlich vorhandenen Brustkrebsfällen werden 70 bis 75 erkannt und 25 bis 30 nicht erkannt, also in der Mammographie übersehen. Nähere Informationen dazu gibt es hier.

Die Statistik lügt nicht

Trotz all der Risiken- und Nutzenabwägungen spricht die Statistik klare Worte. Wenn es darum geht, Tumore früh zu erkennen, ist die Mammographie ein gutes Angebot. Dr. Schubert vom Tumorregister München erklärt: „In unseren Daten konnte man feststellen, dass der Anteil der niedrigen und prognostisch günstigeren Tumor-Stadien aufgrund der routinemäßigen Mammographie zugenommen hat. Die hohen Stadien der Tumore werden damit seltener, weil sie früher erkannt werden. Das Mammographie-Screening hat also einen positiven Effekt auf die rechtzeitige Erkennung des Tumors."

Das sieht natürlich nicht nur in der Statistik schön aus, sondern hat auch einen Nutzen für die Patientinnen. „Es führt dazu dass weniger massive Therapien durchgeführt werden müssen und es wird irgendwann auch hoffentlich den Nachweis erbringen, dass die Sterblichkeit an Brustkrebs zurückgeht."

Die Entscheidung liegt beim Patienten

Eigentlich können wir uns glücklich schätzen, dass wir in unserem Land überhaupt kostenlose Screening- und Früherkennungsmöglichkeiten haben. Wie oben bereits erwähnt, ist jedoch auch die Mammographie ein Thema in der Medizin, bei dem Nutzen und Risiko abgewogen werden. Die Entscheidung liegt letztlich beim Patienten.

Zum Schluss: Objektive Hilfe zur Entscheidungsfindung

Um Nutzen und Risiken von Fehldiagnosen und Erfolg der Mammographie zusammenzufassen, hat der Krebsinformationsdienst einen Überblickstext herausgebracht, der 2010 von Befürwortern UND Kritikern des Screenings auf der Basis von den neusten Studien und Zahlen gemeinsam erarbeitet wurde. Objektiver geht es also kaum.

Frauen gehen 20 Jahre lang regelmäßig alle zwei Jahre zur Mammographie. Fünf Frauen können damit rechnen, vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt zu werden. Ebenfalls fünf Frauen werden unnötig zu Brustkrebspatientinnen, weil ihr Krebs ohne Früherkennung vielleicht nicht auffällig geworden wäre. Allerdings kann zum Zeitpunkt der Diagnose niemand absehen, bei welcher Frau sich der Tumor weiterentwickelt und bei welcher nicht. Bei 50 Frauen wird zur Klärung eines auffälligen Mammographiebefundes eine Gewebeprobe entnommen, die sich als nicht bösartig herausstellt."

Autor: Felix Gussone

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