Vom Gangsta-Rapper zum islamistischen Radikalen

Es gab eine Zeit, da wollte Denis Cuspert mit Hip Hop ganz groß rauskommen. Als Gangsta-Rapper Deso Dogg reimte der Berliner über schnelle Autos, schöne Frauen und das schillernde Leben abseits der Norm. Mit Zeilen wie „Keiner kann mich halten, ich werde Eure Schädel spalten“ besang er vor wenigen Jahren noch den Kreuzberger Ghetto-Lifestyle. Das dazugehörige Album erschien 2010. Danach endete die Laufbahn schlagartig. Aus dem Gangsta Deso Dogg wurde der Salafist Abu Talha al-Almani.

So kläglich seine erste Karriere auch scheiterte, so bekannter ist der 38-Jährige nun in der radikalislamischen Szene, von der er als Youtube-Prediger inzwischen gefeiert wird. „Ich zünde die Bombe inmitten der Menge, drücke auf den Knopf“,singt Cuspert nun in einem seiner Videos. „Mitten im Zentrum oder in der U-Bahn, drücke auf den Knopf, al-Dschanna, al-Dschanna.“ Dschanna ist der arabische Ausdruck für das Paradies.

Es sind solche Filme, die längst auch die deutschen Behörden auf den Plan gerufen haben. „Wir nehmen das sehr ernst“, sagte BKA-Chef Jörg Zierke vor rund einem Jahr. „Das sind erste Hinweise darauf, dass sich jemand entschlossen hat, als Märtyrer zusterben.“ Zudem hat das BKA auf Nachfrage von Yahoo die Existenz eines Plakats bestätigt, das für den internen Dienstgebrauch gedacht ist. Darin werden Sicherheitsbehörden im In- und Ausland vor dem Extremisten Cuspert gewarnt.

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Noch ist nicht ganz geklärt, wie es genau zur Wandlung des Jungen aus Berlin-Kreuzberg gekommen ist. Denis Mamadou Gerhard Cuspert ist Sohn eines ghanaischen Vaters und einer deutschen Mutter. Der Vater verließ die Familie früh, mit dem Stiefvater, einem Angehörigen der US-Armee, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Cuspert wandte sich der kriminellen Szene zu, schloss sich einer Gang an, kam immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt und verbrachte einige Zeit in der JVA Tegel. Angeblich aus Enttäuschung über die deutsche Rapper-Szene beendete er 2010 seine Karriere und kündigte an, künftig als islamischer Prediger Abu Maleeq aufzutreten, aus dem später Abu Talha al-Almani wurde.

Auch damals hatte er immer wieder Probleme mit den Justizbehörden. In seinen Filmen lobte er die Taten von Osama bin Laden. Die Staatsanwaltschaft Berlin nahm Ermittlungen wegen Volksverhetzung aus. Vermutlich Ende 2011 zog der Konvertit nach Bonn, um sich der dort stetig wachsenden Gruppe der Salafisten anzuschließen. Er knüpfte Kontakte mit anderen radikalen Predigern wie Pierre Vogel, mit dem er sich ebenfalls beim gemeinsamen Plausch filmen ließ.    

Zweifel, dass sich Cuspert voll und ganz dem Dschihad verschrieben hat, dürfte es längst nicht mehr geben. In zahlreichen Videos verherrlicht er den Heiligen Krieg der Muslime gegen die „Ungläubigen“. Eines davon ist eine langatmige Abhandlungüber den Tod, das in einem Krankenhaus an einem unbekannten Ort aufgenommen wurde. In Tarnkleidung und unterlegt von islamischen Gesängen bezeichnet er im Film Polizei und Verfassungsschutz als Feinde der Muslime.

Cuspert hat zudem bewiesen, dass er selbst zu Gewalttaten fähig ist. Angeblich im Namen Allahs führte er im Mai vergangenen Jahres bei einer Salafisten-Demo an vorderster Linie den Knüppel gegen die Polizei. Bei den Auseinandersetzungen wurde ein Beamter durch einen Messerstich schwer verletzt. Der Täter sitzt inzwischen eine sechsjährige Haftstrafe ab. Vom singenden Glaubensbruder Cuspert wurde er in einem Hetzlied hernach als „Löwe Murat K.“ gefeiert. Gegen Cuspert selbst wird seitdem wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall ermittelt, auch ein Haftbefehl liegt vor.

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Doch Abu Talhaal-Almani hat sich längst aus dem Staub gemacht.  Dem Vernehmen hat er sich über Ägypten nach Syrien abgesetzt. Dort soll er sich der dschihadistisch-salafistischen Al-Nusra-Front angeschlossen haben, um sich am Kampf gegen die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad zu kämpfen. Aber auch im Kriegsgebiet bleibt Cuspert von den Behörden nicht unbeobachtet. Die Bundesanwaltschaft verfolgt die Bewegungen der deutschen Kämpfer in Syrien genau, sagte ein Sprecher zu Yahoo. Es geht um den Verdacht auf Unterstützungeiner terroristischen Vereinigung und Verstöße gegen das Völkerstrafrecht.

Seinen Einsatz für den Dschihad hat Cuspert beinahe mit dem Leben bezahlt. Bei einem Bombenangriff in Aleppo soll er schwer verletzt worden sein, lag angeblich sogar im Koma. In einem Video, das im August veröffentlicht wurde, ist er allerdings noch oder auch wieder sehr lebendig. Mit einem Lächeln im Gesicht erklärt er, was ihm sein eigener Tod bedeuten  würde: „Auch wenn ich gestorben wäre, wäre ich Shahid geworden. Und das ist die größte Freude, die ich überhaupt haben kann.“ Shahid bedeutet Märtyrer.

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