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EU-Gipfel: Zweites Paket soll die Rettung bringen

EU-Gipfel: Zweites Paket soll Rettung bringen (Bild: ddp)
EU-Gipfel: Zweites Paket soll Rettung bringen (Bild: ddp)

Wie bastele ich mir ein Rettungspaket, das nicht nur ein Land vor dem wirtschaftlichen Abgrund bewahrt, sondern gleich die Existenz mehrerer Staaten sichert? Eben vor dieser schweren Aufgabe standen die 17 Staats- und Regierungschefs der EU beim Sondergipfel in Brüssel. Am Abend zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der französischen Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet den Nothilfeplan zusammengezimmert und die Beschlüsse vorbereitet — um dann am Donnerstagabend erleichtert die Schnürung eines zweiten Hilfspakets für Griechenland zu verkünden.


Für die Finanzmärkte war die Nachricht vom zweiten Hilfspaket eine frohe Botschaft: Im Vergleich zum Dollar kletterte der Euro um 1,2 Prozent nach oben. In der Tat ist ein bisschen Optimismus angesichts der - vorläufig - abgewendeten Griechenlandpleite und glatt gelaufenen Rettung der Eurowährung durchaus angebracht. Schließlich wurde ein Hilfspaket in Höhe von 159 Milliarden Euro geschnürt. Mit dieser stattlichen Summe sollten „alle finanziellen Bedürfnisse" Griechenlands bis ins Jahr 2014 hinein gedeckt werden, erklärte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zum Abschluss des Sondergipfels. Und wo kommt es her, das Geld? Die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds sollen rund 70 Milliarden schultern, rund 30 Milliarden Euro kommen aus griechischen Privatisierungserlösen. Mit 49,6 Milliarden sollen sich private Investoren beteiligen. Zinssenkung, mehr Interventionsmöglichkeiten des EFSF und private Investoren sollen die EU vor einem Pleite-Domino-Effekt bewahren.

Die Reaktionen: Politiker und Märkte erleichtert über Griechenland-Beschlüsse

Privatsektor mit ins Boot geholt
Letzteres ist neu: Bislang hielten sich private Gläubiger wie Banken und Versicherungen bei Hilfsprogrammen für Euro-Länder, die sich in einer finanziell prekären Lage befinden, heraus. Das Ins-Boot-holen des Privatsektors sieht Folgendes vor: Banken und Fonds sollen ihre Griechenland-Anleihen in neue Papiere mit niedrigeren Zinsen und längeren Laufzeiten umtauschen. Laut der Erklärung soll der Umtausch von Anleihen, für die der Rettungsfonds EFSF bürgt, bis zum Jahr 2014 37 Milliarden Euro bringen. 12,6 Milliarden soll der Rückkauf alter Griechenlandanleihen unter Nennwert von den Gläubigern unter ihrem Nennwert bringen. Dass Merkel diese Maßnahme durchdrücken konnte, könne sie sich „als persönlichen Erfolg zuschreiben", so „Spiegel Online".

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EFSF: Anleihenkauf am Sekundärmarkt
Angesichts eines drohenden wirtschaftlichen Schneeballeffekts fiel die Zustimmung zum Anleihenkauf des EFSF am Sekundärmarkt — also bei Banken und Versicherungen — auch nicht allzu schwer. Da die Staatsanleihen in ihren Kursen stark gefallen sind, kann die Schuldenlast betroffener Staaten so erheblich gesenkt werden.

Notwendig ist vor solchen Unternehmungen allerdings das Einverständnis sowohl der EZB als auch der 17 Euro-Staaten. Wie der Internationale Währungsfond soll der EFSF Euro-Ländern vorsorglich eine Kreditlinie — bis zu der ein Kredit maximal in Anspruch genommen werden kann - eröffnen können. Diese kann bei Bedarf zur Abschreckung von Spekulanten genutzt werden.

Nach dem Rettungspaket: Anleger zufrieden, Ackermann klagt

Zins-Bonus für „Sorgenkinder"
Das Rettungsprogramm sieht außerdem vor, die Laufzeit der Hilfskredite von 7,5 auf 15 Jahre zu verlängern. Der Zinssatz für die Finanzspritze wird von 4,5 auf 3,5 Prozent gesenkt. Durch diese Maßnahmen hofft man, dass Athen den Schuldenberg von etwa 350 Milliarden Euro leichter abtragen kann. Auch Sorgenkinder wie Irland und Portugal bekommen diesen „Bonus" eingeräumt. Durch bessere Kreditbedingungen soll verhindert werden, dass Schuldensünder gänzlich den Halt auf dem ohnehin wackeligen, finanziellen Boden verlieren.

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Von der Währungs- zur Transferunion
Mit dem Rettungsschirm ist auch ein weiterer Schritt von der Währungs- in Richtung Transferunion gemacht. Das Hilfsverbot des Maastricht-Vertrags ist ohnehin schon längst passé. Ursprünglich durfte die EU-Gemeinschaft nicht für die Schulden eines Mitgliedsstaates einstehen. Jetzt also wurde der Anleihenkauf durchgedrückt — zwar gebunden an strenge Regelungen, dennoch: Mit den neu ausgestatteten Kompetenzen gleicht der EFSF immer mehr dem Internationalen Währungsfond in Washington. Er darf am Anleihemarkt eingreifen und präventive Kreditlinien an Ländern vergeben.

>> Bund der Steuerzahler findet neues Griechenland-Paket "fahrlässig"

Was meinen Sie: Zwar bedeutet das Rettungspaket keine direkte Belastung der Bürger, Kritik gab es dennoch vor allem vom Bund der Steuerzahler. Dieser bemängelt vor allem die ausgeweiteten Haftungsrisiken. Reichen die gemeinschaftlich beschlossenen Maßnahmen Ihrer Meinung nach aus, dieses Risiko für den Einzelnen so gering wie möglich zu halten? Wir freuen uns auf Ihre Beiträge.