"Die Grünen sind die Bahn-Partei"

"Die Grünen sind die Bahn-Partei"

Sie ist die aufstrebende Frau in der CDU, er die streitbare Kultfigur der Grünen. Julia Klöckner und Hans-Christian Ströbele - unterschiedlicher können Politiker nicht sein. Im Blog-Duell von YAHOO! zur Bundestagswahl ringen sie jede Woche um die besten Argumente. Heute wirft Ströbele Klöckner und ihrer Partei vor, für den "Irrsinn Privatisierung" bei der Bahn verantwortlich zu sein. Und er sagt: "Die Grünen sind die Bahn-Partei."

Ach, liebe Frau Klöckner, wenn Sie doch lieber geschwiegen hätten zum Thema Bahn. Ich könnte richtig emotional werden, wenn ich an die Bahnprivatisierung denke. Berlin musste nämlich Erfahrungen wie Sie jetzt in Mainz schon seit Jahren machen. Nur war das bei uns mitten im kalten Winter, als die S-Bahn nicht fuhr. In Mainz ist es im warmen Sommer, und die Züge fahren wenigstens noch, wenn sie auch nicht halten.

Die Privatisierung der Bahn hat uns doch Ihr Parteifreund Helmut Kohl eingebrockt. 1994 wurde die grundlegende Entscheidung für den Irrsinn Privatisierung beschlossen.

Waren Sie da eigentlich schon dabei?

Mag ja sein, dass wir noch mehr hätten tun müssen, um den Ausverkauf der Bahn für den Börsengang zu verhindern. Aber seit acht Jahren führt Ihre Partei doch die Bundesregierung und stellt den zuständigen Minister. Was haben sie denn getan, um eine gesunde, pünktliche Bahn mit genügend Personal zu erhalten? Von 2005 bis 2009 haben sie gar versucht, die Bahn real zu privatisieren, d.h. zu verkaufen, mit dem sogenannten „Eigentumssicherungsmodell“. Nur mit Hilfe der Öffentlichkeit konnten wir diesen Plan noch stoppen.

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Und Ihr Minister Ramsauer hält es für besser, die Bahn zu einem Welttransportunternehmen aufzupumpen und mit drei Milliarden Euro den Busverkehr in England aufzukaufen, als die Bahn hier in Deutschland zu sanieren und genügend Personal einzustellen. All die Aktivitäten des Zuerwerbs von Unternehmen am Kongo in Afrika oder in Asien, die der Minister selbst genehmigt hat, hätten in Deutschland für die Mitarbeitenden genutzt werden müssen, dann gäbe genügend Fahrdienstleiter in Mainz. Keiner müsste Überstunden machen.

Die Grünen waren gegen den Börsengang

Mein Mann ist Herr Mehdorn nun wirklich nicht. Da geht es mir wie den meisten TeilnehmerInnen am öffentlichen Verkehr in Berlin.

Die Grünen waren gegen den Börsengang. Sie haben stets mehr Finanzmittel für die Schiene und die Regionalisierung gefordert. Die Union will kürzen, die FPD sogar über eine Milliarde. Dieser Kahlschlag trifft den umweltfreundlichen Bahnverkehr. Zahlreiche Bahnlinien würden eingestellt.

Ob es Ihnen gefällt oder nicht, die Grünen sind nun mal die Bahn-Partei. Wir wollen sie nicht an der Börse verscherbeln, damit andere Profite erzielen. Wir wollen die Bahn, die Eisenbahninfrastruktur dauerhaft in öffentlicher Hand behalten, sie in eine unabhängige Gesellschaft überführen und stärker durch die Bundesnetzagentur regulieren.

Vor allem wollen wir, dass die Bahn fährt, häufig und pünktlich, an den Bahnhöfen hält, wo die Reisenden warten. Die Bahn ist für die Bevölkerung da und nicht für möglichst hohe Gewinnerzielung.
Und, liebe Frau Klöckner, auf den Bau teurer Großprojekte zu Ruhm und Ehre von wem auch immer wie "Stuttgart 21" oder die ICE-Neubaustrecken Nürnberg-Erfurt können wir verzichten. Dann wäre auch Geld da für FahrdienstleiterInnen in Mainz und für genügend S-Bahnwagen in Berlin, damit wir im Winter nicht wieder stundenlang frierend auf den Bahnhöfen stehen und warten. Daran haben wir doch beide Interesse.

Sprache verschlagen?

Hat es Ihnen übrigens die Sprache verschlagen, dass Sie sich zur Ausspähung unser aller Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetkommunikation durch den US-Geheimdienst NSA nicht mehr äußern? Jetzt will die Bundesregierung ein No-Spy-Abkommen („Nicht-Spionage“) mit den USA aushandeln und gleich auch noch neue Datenschutzvereinbarungen für Europa und die ganze Welt. Warum eigentlich, wenn es doch nach Ihrer Meinung gar kein Problem und vor allem keine Spionage durch die NSA gegeben hat?

Was sagen Sie eigentlich dazu, dass in der ältesten Demokratie der Welt die hochangesehene Zeitung Guardian von der Regierung gezwungen wurde, wichtige Dokumente zur Spionage-Affäre zu vernichten? Und ein Journalist wurde neun Stunden von der Polizei nach dem Anti-Terrorgesetz auf dem Flughafen festgehalten und vernommen, nur weil er der Freund von einem Freund vom Aufklärer Snowden ist. Da muss doch etwas faul sein im Staate England.