BMW-Geheimlabor: 500 Kilometer mit Wasserstoff

Miramas in der Provence ist ein geheimnisvoller Ort. Mitten im südfranzösischen Hinterland, 66 Kilometer nordwestlich von Marseille gelegen, stößt man plötzlich auf hohe, blickdichte Zäune. Hinter ihnen verbirgt sich das 473 Hektar große, höchst geheime und entsprechend streng bewachte Testgelände von BMW. Seit fast 30 Jahren werden dort neue Antriebs- und Fahrwerkstechnologien für Automobile und Motorräder entwickelt. Auf Versuchsstrecken mit einer Gesamtlänge von mehr als 50 Kilometern reifen getarnte Prototypen auf verschiedenen Handlings-Kursen, Steigungshügeln sowie Serpentinen-, Schlechtwege- und Offroad-Strecken zu serientauglichen Fahrzeugen. Der Clou: Auch das "Karussell" und die legendäre "Caracciola-Kurve", Teilstücke der Nordschleife des Nürburgrings, wurden hier originalgetreu nachgebaut.

In Miramas testet BMW auch die automobile Zukunft. Aber wie sieht die überhaupt aus? Rein elektrisch, als Hybride, mit Wasserstoff? Oder hat der Verbrennungsmotor mit Benzin und Diesel als Treibstoff noch lange nicht ausgedient? Auch der BMW-Vorstand für Entwicklungen, Klaus Fröhlich, hat darauf keine eindeutige Antwort. Er sagt: "Wir entwickeln weiterhin in alle denkbaren Richtungen, aber die Kombination aus Brennstoffzelle und Wasserstoff scheint ab circa 2020 eine durchaus denkbare Antriebsform zu sein. Und mit Wasserstoff arbeitet BMW ja schon seit über 30 Jahren."

In der Tat haben die Bayern bereits 1984 erste Versuche mit der Speicherung und Betankung von H2-Verbrennungsfahrzeugen erfolgreich absolviert. 2006 kam dann die mittlerweile eingestellte BMW 7er-Kleinserie mit Hydrogen-Antrieb. Seit 2013 arbeiten die Münchener nun mit Toyota zusammen, um ein Fuel Cell Electric Vehicle (FCEV) fertigzustellen. Die Brennstoffzelle, die Wasserstoff in elektrische Energie und Wasserdampf umwandelt, ermöglicht dann lokal emissionsfreies Fahren mit Langstreckentauglichkeit und kurzen Betankungszeiten.

Der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Prototyp, mit dem man in fünf Jahren elektrisch angetrieben bis zu 500 Kilometer weit kommen soll, ist ein aktueller BMW 5er GT mit einem 245 PS starken Elektromotor unter der Haube. Zunächst einmal sind kaum Unterschiede zu einem herkömmlichen Elektrofahrzeug zu bemerken. Zum Anlassen des Systems drückt man einen Startknopf - und es passiert nichts, bis auf ein paar bunte, leuchtende Lämpchen und ein leises Surren der Systemkühlung. Der Gangwählhebel für die Zweigangautomatik wird wie in jedem Fahrzeug auf "D" eingelegt - und los geht's. Aber nicht ganz lautlos, denn die Brennstoffzelle gibt beim Gasgeben ganz eigene, völlig unbekannte Geräusche von sich, die nach Weltraum, nach "Raumschiff Enterprise" klingen. Der Anzug des Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antriebs ist kräftig, die Fahreigenschaften dank des sportlichen Fahrwerks BMW-typisch.

Nach vier Minuten ist der Tank wieder voll

Neu ist bei der Wasserstoff-Technologie das Tanken. Der armdicke Schlauch nebst Anschlussstück ist massiver und schwerer, als wir es von der Tankstelle gewohnt sind, aber nach zwei Klicks mit dem Sicherheitsverschluss kann die Betankung losgehen. Nach drei bis vier Minuten ist der leere Tunneltank, zwischen Vorder- und Hinterachse gelegen, wieder voll. Allerdings gibt es hier noch zwei Systeme, eine industriell standardisierte 700 bar CGH2-Tanktechnologie und die von BMW patentierte Kryogendruck-Tanktechnik (CCH2) zur Speicherung von gasförmigem Wasserstoff bei niedriger Temperatur und einem Druck von 350 bar.

Bereits im nächsten Jahr bringt BMW nach dem X5 einen weiteren Plug-In-Hybriden. Der 2er Active Tourer fährt dann mit einem 1,5-Liter Dreizylinder und 136 PS, der die Vorderräder antreibt. Der Elektromotor mit weiteren 88 PS bedient die Hinterachse. So wird der 2er zum Allradler und verfügt über eine Systemleistung von 224 PS. Das reicht für einen Sprint von null auf 100 in 6,5 Sekunden. Reinelektrisch sind maximal 38 Kilometer möglich. Einen Verkaufspreis gibt es noch nicht.