Echo: Schafft Helene Fischer mit "Farbenspiel" das Unmögliche?

Preissammlerin: Helene Fischer beim Echo 2014

Die USA haben die Grammys, das Vereinigte Königreich die Brit Awards. In Deutschland ehrt die Musikindustrie ihre Heroen mit dem Echo. Und das, - so wollen es die Statuten - nach rein kommerziellen Gesichtspunkten. Die Charts sind ein eiskaltes Kriterium. Sie kennen derzeit nur eine Königin: Helene Fischer (30). Dieser Umstand könnte bei der Echoverleihung am Dienstagabend zu einem kuriosen Novum führen; womöglich sogar zu einem Rekord für die Ewigkeit.

Denn Helene Fischers Album "Farbenspiel" verkauft sich wie geschnitten Brot - auch eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung noch. So könnte es kommen, dass die Platte zum zweiten Mal in Folge zum "Album des Jahres" gekürt wird. Schließlich hat "Farbenspiel" sowohl in 2013 als auch in 2014 die Jahrescharts getoppt; für den Echo eine ziemlich relevante Kategorie. Und was für die deutsche Musikbranche nach einem Armutszeugnis klingt - nämlich, als sei 2014 kein nennenswertes Album erschienen - könnte für Fischer eben der größtmögliche Triumph werden: Die Schlagerkönigin muss nicht mal neue Songs aufnehmen, um das Musikland zu regieren.

All das kann man kurios finden. Oder auch aller Ehren wert, wie das Echo-Moderatorin Barbara Schöneberger (41) tut. "Berechtigt wäre es, weil es sich im vergangenen Jahr noch besser verkauft hat, als im Jahr davor", sagte sie der Nachrichtenagentur spot on news mit Blick auf den sich abzeichnenden Doppeltriumph von Fischers Album.

Preise sammeln statt moderieren

Vor Jahresfrist hatte noch Fischer selbst durch die Echo-Verleihung geführt. Dass sie das in diesem Jahr nicht mehr tut, liegt keinesfalls an mangelndem Moderationstalent. Schuld ist die Preis-Sammlerei der schönen Sängerin, wie ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber (55) der TV-Zeitschrift "auf einen Blick" unlängst erklärte. Die Aufgabe der Moderation sei es für gewöhnlich, Preise anzukündigen, anstatt sie selber zu erhalten, sagte Schreiber der TV-Zeitschrift "auf einen Blick" im Februar.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Nominierungen für den Echo noch gar nicht veröffentlicht. Mittlerweile ist aber klar: Fischer könnte tatsächlich hauptsächlich mit dem Entgegennehmen von Trophäen beschäftigt sein. In gleich vier Kategorien ist sie nominiert: "Album des Jahres", "Schlager", "Hit des Jahres", "Musik-DVD/Blue-Ray national". Und wenn - wie anzunehmen ist - einige der Entscheidungen zu ihren Gunsten ausfallen, dann wird sich die "Atemlos"-Sängerin im zarten Alter von 30 Jahren in der Hall of Fame der Echo-Rekordhalter weit nach oben kämpfen.

Was die Deutschen hören: Kastelruther Spatzen, Helene Fischer, Die Toten Hosen

Die meisten der Preise haben bisher alte Hasen eingeheimst: Die Kastelruther Spatzen ("Atlantis der Berge") - seit 1975 im Geschäft - haben zwölf Trophäen gesammelt. Die Alt-Punker der Toten Hosen und die Grusel-Rocker Rammstein immerhin zehn. Wenn Fischer alle vier Nominierungen in Echos umwandelt, hätte auch sie zwölf der Musikpreise im Regal stehen. Und würde mit den Konkurrenten ein interessantes Quartett des deutschen Musikgeschmacks bilden. Volkstümlich, Neo-Schlager, mainstreamtauglicher Punk, Dunkel-Rock: Das verkauft sich in den deutschen Plattenläden.

Aber auch wenn diese Reihung und frühere Preisträger wie die Dance-Trash-Combo Las Ketchup ("Ketchup Song") und Mr. President ("Coco Jambo") Zweifel am künstlerischen Wert der Echo-Auszeichnungen nähren - Helene Fischer wird das nicht anfechten. Denn "Farbenspiel" ist längst mehr als ein One-Hit-Wonder. Und die Deutschen lieben eben Fischers poppigen Zugang zum eingerosteten Genre Schlager.

Helene Fischer selbst freut sich so oder so über die Auszeichnungen: "Es geht darum, wie oft die Menschen unsere Platten gekauft oder die Lieder gedownloaded haben, und es geht eben nicht um die Befindlichkeiten einer Jury, die die Sänger mögen oder eben nicht", erklärte die 30-Jährige vor zwei Jahren ihre Sicht auf den Echo. Wer gewinnt, hat eben die Argumente auf seiner Seite.