Edathy verschärft Kritik an Justiz vor NSU-Prozess

SPD-Politiker: Deutsch-türkisches Verhältnis belastet

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), hat die Justiz erneut aufgefordert, dem türkischen Botschafter die Teilnahme am Prozess gegen die Terrorgruppe NSU zu ermöglichen. (Archivfoto)

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), hat die Justiz erneut aufgefordert, dem türkischen Botschafter die Teilnahme am Münchner Prozess gegen die Terrorgruppe NSU zu ermöglichen. Eine definitive Absage hätte negative Auswirkungen auf das Verhältnis zur Türkei, sagte er. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen wies derweil die Hauptverantwortung für das NSU-Fahndungsdebakel zurück.

Deutschland habe sich an sechs türkischen Staatsbürgern schuldig gemacht, indem es die Morde nicht verhindert und dann unzureichend aufgeklärt habe, betonte Edathy im Deutschlandfunk. In der "Stuttgarter Zeitung" nannte der SPD-Politiker die Haltung des Gerichts "unangemessen" und "nicht nachvollziehbar". Der Obmann der Union im Bundestags-Untersuchungsausschuss, Clemens Binninger (CDU), sagte der Zeitung: "Ich hoffe, das OLG überdenkt seine Haltung noch einmal." Es wäre "eine schöne und wichtige Geste", Repräsentanten aus der Türkei bei der Verhandlung Plätze zu reservieren.

Am Freitag war bekannt geworden, dass das Oberlandesgericht München eine Anfrage des türkischen Botschafters abgewiesen hatte, ihm einen Platz in der Verhandlung zu reservieren. Der Prozess gegen die einzige Überlebende des Neonazi-Trios, Beate Zschäpe, sowie gegen vier mutmaßliche Helfer des NSU beginnt am 17. April.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Maaßen, sagte dem Magazin "Focus" zu den Pannen bei der Aufdeckung der NSU-Verbrechen: "Dass zehn Morde in diesem Land so lange nicht aufgeklärt und nicht dem Rechtsterrorismus zugeordnet wurden, ist aus meiner Sicht ein Versagen - aber nicht allein des Verfassungsschutzes." Hauptfehler sei gewesen, dass die Sicherheitsbehörden "sich zu wenig ausgetauscht" hätten. Zugleich räumte er einen großen Imageschaden ein: "Es ist richtig, dass die 17 Verfassungsschutzbehörden in den vergangenen anderthalb Jahren viel Vertrauen verloren haben."

Dem NSU werden zehn Morde zwischen den Jahren 2000 und 2007 zugerechnet - an acht türkischen beziehungsweise türkischstämmigen Kleinunternehmern, einem griechischstämmigen Kleinunternehmer und einer Polizistin. Bei den Ermittlungen waren die rechtsextremistische Motivation bei der Mordserie lange Zeit verkannt und falsche Spuren verfolgt worden.