Experten für Fortsetzung von Schröders Agenda-Politik

IZA-Chef: "Rente mit 70 ist unabdingbar"

Zehn Jahre nach Altbundeskanzler Gerhard Schröders (SPD) Agenda-Rede haben mehrere führende Ökonomen Deutschland Reformmüdigkeit bescheinigt und eine Weiterentwicklung des Umbaus gefordert

Zehn Jahre nach Altbundeskanzler Gerhard Schröders (SPD) Agenda-Rede haben mehrere führende Ökonomen Deutschland Reformmüdigkeit bescheinigt und eine Weiterentwicklung des Umbaus gefordert. "Das Bewusstsein, dass es auch nach der Agenda 2010 noch einen großen Reformbedarf gibt, scheint in der Politik mehr und mehr abhanden zu kommen", sagte der Chef des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, der Zeitung "Welt am Sonntag". Die Diskussion über Mindestlöhne etwa belege, dass "strengere Regulierungen eher auf der politischen Agenda stehen als Liberalisierungen".

Schmidt mahnte eine Lockerung des Kündigungsschutzes an. Außerdem sei mit der Rente mit 67 das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Die Menschen würden immer älter und das bei zunehmender Gesundheit. "Es ist sinnvoll, diese zusätzlichen Lebensjahre etwa im Verhältnis zwei zu eins auf zusätzliche Arbeitszeit und freie Zeit aufzuteilen", sagte Schmidt. Um die Ausgaben der Krankenkassen im Griff zu behalten, wäre "eine prozentuale Beteiligung der Patienten an den Kosten bis zu einem festzulegenden Höchstbeitrag" sinnvoll.

Auch der Direktor des Instituts der Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, warnte, Deutschland "ruht sich auf seinem wirtschaftlichen Erfolg aus." Das sei "brandgefährlich und wird uns in spätestens fünf Jahren vor die Füße fallen, wenn das demographische Chaos ausbricht". Zimmermann sieht demnach im Gesundheits- und Pflegesystem genauso weiter Reformbedarf wie bei der Rente. "Die Rente mit 70 ist unabdingbar", sagte Zimmermann.

Eine Fortsetzung der Agenda-Politik fordert dem Bericht zufolge auch das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). In einer Studie für die Initiative Neues Soziale Marktwirtschaft, die in der kommenden Woche veröffentlicht werden soll, kritisieren die Forscher, dass Hartz-IV-Empfänger kaum finanzielle Anreize hätten, die Erwerbslosigkeit zu verlassen. Die Reform der Grundsicherung müsse weiter vorangetrieben werden. Die Ökonomen schlagen Kombilöhne und Lohnsubventionen vor.

Altkanzler Schröder hatte am 14. März 2003 vor dem Bundestag seine Reformvorschläge präsentiert, die als Agenda 2010 bekannt wurden.