Kopfschütteln über null Punkte

Ann Sophie ist trotzdem froh, dabei gewesen zu sein. Foto: Julian Stratenschulte

Die High-Heels hat sie gegen schwarze flache Schuhe getauscht. Das Make-up ist immer noch - oder wieder - perfekt. Sie wirkt ein wenig betäubt, dabei gefasst, doch zutiefst irritiert.

«Ich habe immer noch Leute und Fans, die hinter mir stehen, das hat nichts damit zu tun, welchen Platz man gemacht hat», sagt Ann Sophie in ihren bisher schwersten Minuten als Künstlerin.

Eine Stunde nach Ende des Eurovision Song Contests (ESC) stellt sich die 24-Jährige in einer Ecke im großen Pressezentrum in Wien den Fragen der Journalisten. Wenige Meter entfernt, im Raum nebenan, wird Sieger Måns Zelmerlöw aus Schweden gefeiert. «Es ist immer noch schön, Teil des Eurovision Song Contests zu sein. Es ist auf jeden Fall alles gut», muntert sie sich selber auf.

Immerhin bleibt ihr die große Häme erspart. Im Gegenteil: Unter den vielen ESC-Beobachtern und -Experten in der Halle - und auch in den sozialen Medien - herrscht eher Kopfschütteln über die Null-Punkte-Abfuhr. Sie habe «eine ganz souveräne Performance abgeliefert», attestiert ihr einer der besten Kenner der ESC-Geschichte, der Autor Irving Wolther. Das Auswärtige Amt twittert ein «Kopf hoch», die ARD stellt sich hinter und vor die eigene Kandidatin und bescheinigt ihr einen «großartigen Auftritt».

Dennoch bleibt die Frage, was sich ändern muss, nachdem Deutschland nun zum dritten Mal hintereinander (Cascada belegte 2013 den 21. Platz, das Trio Elaiza wurde 2014 18.) ganz weit hinten landete. Ein Erfolgsgarant könnte Stefan Raab sein. Immer wenn er beteiligt war, egal ob als Sänger oder Produzent, belegte Deutschland einen Platz auf der ganz sonnigen Seite des ESC. Mit auf sein Konto geht auch der Sieg von Lena Meyer-Landrut 2010.

Doch die ARD hält es noch für zu früh, über Konsequenzen aus der Niederlage nachzudenken. Die Devise heißt, Zeit gewinnen und klaren Kopf behalten. «Es wird sicher interessant sein, sowohl das Jury-Voting als auch das Tele-Voting zu sehen», sagt ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber. Vielleicht findet sich in dieser Analyse doch noch eine Erkenntnis, die wieder auf die Erfolgsspur führt.

Unter dem Motto: «Geteiltes Leid ist halbes Leid» rücken Deutschland und Österreich - beim ESC sonst eher Nachbarn ohne gegenseitige Hilfe - enger zusammen. Auch die Alpenrepublik ist nach dem Sieg von Dragqueen Conchita Wurst 2014 in Kopenhagen ganz tief gefallen. Null Punkte für die österreichische Rockband The Makemakes sind ein harter Schlag. 25 000 Menschen hatten beim Public Viewing auf dem Wiener Rathausplatz mitgefiebert. Aber selbst das Anzünden eines speziell präparierten Klaviers auf der Bühne half dem Trio aus dem Salzburger Land nicht weiter.

Schon vor dem ESC hatten Ann Sophie und The Makemakes passend zum diesjährigen ESC-Motto «Building Bridges» einige gemeinsame Promotion-Termine. «Wir haben das Motto für uns genutzt, wir haben wirklich eine Brücke gebaut, wir wollen zusammen Musik machen, es sind wundervolle Musiker», sagt Ann Sophie über ihre österreichischen Kollegen Dominic «Dodo» Muhrer, Florian Meindl und Markus Christ.

Die drei jungen Männer gehen jedenfalls ihrerseits sehr flapsig mit dem Null-Punkte-Ergebnis um. Sie warben am Sonntag auf Facebook in Anspielung auf den Siegertitel «Heroes» für den Besuch eines Konzerts: «Come and join to meet the Zeroes» («Kommt zu den Nullern»).

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Eurovision Song Contest