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Mindestens 100.000 Nutzer von Steueroasen in Deutschland

"Focus" bekommt Festplatte mit Daten zugespielt

Die Zahl der Nutzer internationaler Steueroasen in Deutschland ist offenbar deutlich höher als bisher bekannt. Mindestens 100.000 Menschen seien hierzulande von dem aktuellen Steueroasen-Leck betroffen, berichtet der "Focus" unter Berufung auf neue Daten von einer Festplatte, die dem Magazin zugespielt wurde. Unter den Betroffenen sind demnach deutsche Rentner und Millionäre, aber auch russische und arabische Geschäftsleute, die in Deutschland leben oder Firmen betreiben.

Die Daten auf der 2,5-Zoll-Festplatte umfassten 260 Millionen Ein- und Auszahlungen auf Steueroasen-Konten sowie Anfragen über Kontenstände oder Kundenberatungen, berichtet der "Focus". Das Magazin ließ nach eigenen Angaben die neuen Daten von einem Kölner Computerexperten, der früher im Bankenwesen tätig war, prüfen und entschlüsseln.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht Steueroasen als nicht so problematisch an. Die Ausnutzung legaler Steuerschlupflöcher richte mehr Schaden an als Steuerparadiese. Maßnahmen gegen die sogenannte Steueroptimierung seien "die Schlüsselfrage", sagte eine IWF-Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Eine Gefahr für die Finanzstabilität sieht der Fonds in den Niedrigsteueroasen nicht. "Das ist nicht unsere Meinung", so die Sprecherin in dem Interview.

Im Kampf gegen Geldwäsche und Steueroasen seien in letzter Zeit Fortschritte gemacht worden, hieß es weiter. "Aber dadurch wird die Schlüsselfrage nicht gelöst." Durch Steueroptimierung sei es möglich, mit mehr oder weniger komplexen Operationen ganz legal Steuerabgaben zu umgehen. Deswegen müsse nach Wegen dagegen gesucht werden, die politisch akzeptabel und technisch kohärent seien, sagte die Sprecherin.

Die "Süddeutsche Zeitung", der NDR und ausländische Medien hatten am Donnerstag über einen Datensatz berichtet, der 130.000 mutmaßliche Steuersünder aus mehr als 170 Ländern enttarnt. Sie sollen geheime Geschäfte mit Offshore-Firmen in einschlägigen Steueroasen gemacht haben. In den Berichten war von hunderten daran beteiligten Deutschen die Rede, darunter der vor knapp zwei Jahren gestorbene Industriellenerbe Gunter Sachs.