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Mit der Spätzlepresse: 45 Jahre Spaghettieis

Dario Fontanella gilt als der Erfinder des Spaghetti-Eis. Foto: Uwe Anspach

Die Geschichte ist eigentlich zu gut, um wahr zu sein: Der Sohn eines italienischen Einwanderers und einer Deutschen hat 1969 eine fixe Idee, die sich zum Verkaufshit entwickelt - er drückt Vanilleeis durch eine Spätzlepresse und garniert es mit Erdbeerpüree und weißen Schokostreuseln.

So entsteht in der Eisdiele seines Vaters im baden-württembergischen Mannheim das erste Spaghettieis, wie Dario Fontanella zu berichten weiß.

Der Trick: Die Presse muss vorher schockgefroren werden, sonst kommt nur Matsch heraus. Die Deutschen waren begeistert von der kalten Süßigkeit, die sie mit Sommer, Sonne und leckerem italienischen Essen verbanden. Auch heute, 45 Jahre später, ist sie aus den Eisdielen nicht wegzudenken.

«Es war schon eine geniale Idee», sagt Fontanella nicht ohne Stolz in der Stimme. «Aber auch mehr Glück als Verstand.» Er gilt als Spaghettieis-Erfinder und ist inzwischen 62 Jahre alt. Eine kleine Spätzlepresse habe er immer im Auto, zu Vorführzwecken. Innerhalb weniger Minuten zaubert er einen Teller voll gelber Eiswürmer. Manche Kinder seien in der ersten Zeit zunächst in Tränen ausgebrochen, als sie das vermeintliche Nudelgericht sahen - sie hätten schließlich Eis erwartet. Fontanella hat die Anekdoten rund um seine Erfindung schon tausendmal erzählt, aber seine Augen strahlen dabei noch immer.

In seiner Heimatstadt ist er bekannt und beliebt, in diesem Jahr ist er Träger des Mannheimer Bloomaulordens, der höchsten bürgerschaftlichen Auszeichnung der Stadt. Er hat hier mehrere Eisdielen und eine Eismanufaktur, in der Kunden den Mitarbeitern durch eine Glasscheibe beim Produktionsprozess zuschauen können. Fontanella experimentiert noch immer gern: Er erzählt von Eis mit den Geschmacksrichtungen Lachs oder Gorgonzola und schwärmt von Menüs, deren einzelne Gänge von einer Kugel Eis eingeleitet werden.

Auch Baden-Württemberg hat Fontanella für sich entdeckt - und ihn in eine Imagekampagne eingebunden. Neben dem Foto eines Spaghettieises heißt es dort: «Manchmal muss selbst ein Exportland importieren: nämlich einfallsreiche Menschen aus aller Welt. Und wenn diese dann bei uns auf die weltoffene Atmosphäre und den typisch baden-württembergischen Erfindergeist treffen, entstehen neue Kombinationen – zum Beispiel aus italienischer Lebensfreude und einer Spätzlepresse.»

Im Jahr 1969 sollte es zunächst eigentlich gar kein Spaghettieis werden, das da aus der Presse kam - sondern eine italienische Flagge, kreiert aus Pistazie, Zitrone und Erdbeer, wie Fontanella berichtet. Die Reaktion von Vater Mario: «Ich habe noch nie bunte Nudeln gesehen.» Und so war die Flagge vergessen, fortan gab es Spaghettieis aus Vanille. Einige Überredungskunst habe es allerdings gebraucht, bis er es auf jeder Eiskarte mit Kugelschreiber als neues Angebot anpreisen durfte.

Immer wieder seien Italiener in die Eisdiele gekommen, um das Geheimnis hinter dem beliebten Eis zu lüften. Wie gelangen diesem jungen Mann nur solche Eiswürmer? Doch Fontanella ließ sich nicht in die Karten schauen. «Wir haben uns tatsächlich versteckt.» Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass die Herstellung denkbar simpel ist.

Der 62-Jährige ärgert sich ein wenig, auf seine Erfindung damals kein Patent angemeldet zu haben. Überlegt habe er, die Idee dann aber verworfen, sagt Fontanella. «Es wäre schon genial gewesen, wenigstens den Namen zu schützen.» Immerhin verkauften die Eisdielen im ganzen Land Jahr für Jahr massenhaft Spaghettieis - wenn da jedes Mal zehn Cent an ihn gingen, wäre er heute reich.

Mit einem Patent hätte er außerdem den Beweis in der Hand, dass es auch wirklich unangreifbar seine Erfindung ist. «Es wird immer nur Fontanella mit Spaghettieis in Verbindung gebracht», beteuert eine Sprecherin von Uniteis, der Union der italienischen Speiseeishersteller. «Es hat sich noch niemand beschwert.» Der Erfinder meint ein bisschen trotzig: «Viele sagen: Spaghetti-Eis? Das hätte ich auch machen können. Fakt ist aber: Sie haben es nicht gemacht. Und wenn sie es jetzt machen, dann machen sie es nur nach.»