Netzer würdigt Heynckes' Lebenswerk und lüftet Geheimnis

Jupp Heynckes erhielt von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach für sein Lebenswerk den Ehrenpreis des DFB. Foto: Marius Becker

Für Günter Netzer war die Würdigung des Lebenswerks von Jupp Heynckes eine Herzenssache und zugleich die Gelegenheit, ein Geheimnis zu lüften.

Beim legendären DFB-Pokalfinale 1973 zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln hätte er sich gegen den Willen seines damaligen Trainers Hennes Weisweiler nie selbst einwechseln und das 2:1-Siegtor schießen können. «Wenn der Jupp nicht gewesen wäre, hätte ich gar nicht auf der Bank gesessen», erzählte Netzer in der Laudatio bei der Verleihung des DFB-Ehrenpreises an Heynckes am Montagabend in Bonn.

«Weisweiler sagte mir, du bist raus. Ich war sauer und wollte nach Hause gehen», berichtete der geniale Gladbacher Spielmacher von einst. Doch Heynckes hielt ihn mit den Worten zurück: «Auch wenn der Trainer dich nicht braucht. Die Mannschaft braucht dich.» Für Netzer war dies ein Moment, «bei dem der große Trainer erstmals spürbar gewesen» sei. Schon in der Ära Weisweiler galt der frühere Torjäger Heynckes als heimlicher Assistent.

Offiziell begann er 1979 als Co-Trainer unter Udo Lattek in Mönchengladbach seine Karriere am Spielfeldrand, die ihn später zu Bayern München, Athletic Bilbao, Real Madrid, Benfica Lissabon oder zum FC Schalke 04 führte. «Oft sind herausragende Spieler keine herausragende Trainer», meinte Netzer, den eine 52 Jahre lange Freundschaft mit Heynckes verbindet. «Du bist der beste Beleg für das Gegenteil.» Zwei Champions-League-Siege, drei deutsche Meisterschaften und ein DFB-Pokalerfolg gehören zur Titelsammlung des 69-jährigen Coaches.

Nach der Krönung seiner Laufbahn 2013, als er mit Bayern München die Champions League, die Meisterschaft und den DFB-Pokal gewann, widerstand er der Verlockung, im Ausland noch mal ein Engagement anzunehmen. «Nach dem Triple wollten mich einige große spanische Clubs verpflichten und haben horrende Summen geboten», sagte Heynckes. «Für mich war aber klar, dass ich meine Karriere beende. 50 Jahre Profifußball sind genug.»

Immerhin hat er 1011 Partien als Spieler und Trainer in der Bundesliga absolviert, nur Otto Rehhagel - er wurde 2013 mit dem DFB-Ehrenpreis für das Lebenswerk ausgezeichnet - kommt auf eine höhere Anzahl. Für Netzer ist das eine «unglaubliche Karriere», die sein Kumpel vom Niederrhein mit «Gradlinigkeit, Ehrlichkeit, Leistungsbereitschaft und Disziplin» gemacht habe: «Du kamst von ganz, ganz unten nach ganz oben und wurdest eine Trainerlegende.»

Trotz der großen Erfolge sei «Don Jupp», wie er in Spanien mit Respekt genannt wird, nie abgehoben und immer mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben. «Das Schönste, was ich sagen kann: Du hast Dich in all den Jahren nicht verändert.»

Ein Zurück auf die Trainerbank wird es für Heynckes auch deshalb nicht mehr geben, weil ihm das Rentnerdasein inzwischen gefällt. «Es ist mir sehr angenehm, mal als Privatmann zu leben und mit meinem Schäferhund unendlich lange Spaziergänge zu machen», verriet Heynckes, der am 9. Mai seinen 70. Geburtstag feiert.