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Outsourcing nach China: Programmierer lagert sich heimlich selbst aus

Der Mitarbeiter eines amerikanischen Software-Unternehmens, in den Medien "Bob" genannt, sorgte mit einem ziemlich dreisten Geschäftsmodell für Empörung. Der Mann hatte seinen Job ohne das Wissen seiner Vorgesetzten von einer chinesischen Firma erledigen lassen – und zwar für sehr viel weniger Geld als er selbst verdiente. Währenddessen saß er brav an seinem Arbeitsplatz und vertrieb sich die Zeit mit Katzenvideos und Ebay-Auktionen.

"Bob" kam jeden Tag pünktlich ins Büro, saß vor seinem Rechner und lieferte gute Arbeit ab. Der Mann um die 40 galt als höflicher Familienvater und als einer der besten Programmierer im Haus. Als Mitte vergangenen Jahres festgestellt wurde, dass sich täglich jemand aus China unter seinen Login-Daten ins Firmennetz einklinkte, rechnete deshalb keiner damit, dass "Bob" seine Finger im Spiel haben könnte. Der Verdacht der Betriebsspionage durch Hacker kam auf. Um die Sicherheitslücke so schnell wie möglich zu beseitigen, beauftragte das amerikanische Softwareunternehmen eine Internet-Securityfirma damit, die Sache zu überprüfen. Dabei wurde auch "Bobs" Rechner untersucht. Andrew Valentine und sein Sicherheits-Team machten dabei eine verblüffende Entdeckung.

Der so unschuldig wirkende Mitarbeiter hatte es faustdick hinter den Ohren: Er hatte seinen Job klammheimlich nach China ausgelagert. "Bobs" tägliche Arbeit ließ er von den Angestellten einer auf IT-Beratung spezialisierten Firma erledigen. Dafür hatte der Software-Entwickler nicht nur alle seine Passwörter weitergegeben, sondern auch den zur besonders sicheren Anmeldung im Firmennetz nötigen VPN-Stick mit ständig wechselndem Zugangscode nach China geschickt – und zwar auf dem ganz normalen Postweg. "Bob" selbst arbeitete keine Sekunde. Sein Tagesplan sah wie folgt aus: Am Vormittag sah er sich Katzenvideos an, nach dem Mittagessen shoppte er bei Ebay, und nachdem er kurz auf Facebook und LinkedIn unterwegs war, schrieb er eine E-Mail mit der Zusammenfassung der verrichteten Arbeiten an seinen Vorgesetzten. Danach ging es entspannt in den Feierabend.

Die Mitarbeiter der Securityfirma entdeckten auf "Bobs" Computer unzählige Rechnungen aus China und stellten fest, dass das private Outsourcing für den Mann zugleich ein äußerst lohnendes Geschäft war: "Er scheint mehrere Hunderttausend Dollar im Jahr verdient zu haben, hat jedoch an die chinesische Beratungsfirma jährlich nur 31.270 Euro überwiesen", so Valentine gegenüber dem britischen Nachrichtenportal "BBC". Rund ein Sechstel seines Jahresgehalts kostete "Bob" die Arbeit der chinesischen Firma in Shenjang. Den Rest behielt er selbst. Und damit nicht genug, weist vieles darauf hin, dass der Amerikaner dasselbe Spiel auch mit anderen Unternehmen trieb. Seinen Hauptjob ist der Programmierer jetzt jedenfalls los.



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