Palästinensischer Regierungschef tritt zurück

Nach Streit mit Palästinenserpräsident Abbas

Der international angesehene palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad ist nach längerem Streit mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zurückgetreten. Washington und Berlin würdigten den Finanzfachmann als "starken Partner"

Der international angesehene palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad ist nach längerem Streit mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zurückgetreten. Am Amtssitz von Abbas in Ramallah im Westjordanland übergab Fajad sein Rücktrittsgesuch, wie ein Palästinenservertreter AFP sagte. Washington und Berlin würdigten den Finanzfachmann als "starken Partner".

Der Palästinenserpräsident habe Fajad gebeten, die Amtsgeschäfte solange weiterzuführen, bis eine neue Regierung gebildet worden sei, sagte ein Berater von Abbas. Über einen Rücktritt Fajads war bereits spekuliert worden. Im März war der Dissens zwischen Abbas und Fajad offen zutage getreten, als der Regierungschef den Rücktritt seines Finanzministers Nabil Kassis annahm, während sich der Präsident, dem Kassis politisch nahestand, dagegen aussprach.

Die US-Regierung würdigte Fajad für dessen Leistungen. Der in den USA promovierte Wirtschaftswissenschaftler sei ein "starker Partner" für die internationale Gemeinschaft gewesen und habe sich sehr für Wirtschaftswachstum, die Bildung eines Palästinenserstaates und die Sicherheit der Palästinenser eingesetzt, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin Hayden, in Washington.

Die USA hatten bis zuletzt auf eine Einigung der zerstrittenen Politiker gedrungen. Noch am Freitagabend hatte US-Außenminister John Kerry nach palästinensischen Angaben Abbas in einem Telefonat darum gebeten, die Differenzen mit Fajad beizulegen.

Auch Außenminister Westerwelle (FDP) zeigte sich enttäuscht über den Rücktritt Fajads. Er bedaure den Rücktritt sehr, erklärte Westerwelle in Berlin. Als Ministerpräsident habe Fajad "großen Anteil an den erheblichen Fortschritten bei der Schaffung der Grundlagen für ein palästinensisches Staatswesen" gehabt.

Die israelische Regierung wollte den Schritt zunächst nicht kommentieren. Fajad genießt im Ausland hohes Ansehen, vielen Palästinensern gilt er aber als zu USA- und Israel-freundlich. Am Freitag vergangener Woche hatte der Revolutionsrat von Abbas' Fatah-Partei erstmals öffentlich die Amtsführung Fajads kritisiert. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Autonomiebehörde wirke "in vielen Bereichen improvisiert und konfus", hieß es in einer Erklärung.

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas erklärte, der Rücktritt sei Folge von "Streitigkeiten innerhalb der Fatah". Fajad habe die Regierung verlassen, nachdem er "unser Volk mit Schulden" beladen habe, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri.

Fajad war im Juni 2007 als Chef der bis heute amtierenden Notstandsregierung von Abbas eingesetzt worden. Entschieden sagte er der Korruption den Kampf an, die sich in den Jahren unter Jassir Arafat in der Palästinenserverwaltung breitgemacht hatte. Das half der danach von Abbas geführten Autonomiebehörde, das Vertrauen der internationalen Staatengemeinschaft zu gewinnen, von deren Finanzhilfen die Palästinensergebiete wesentlich abhängen. Allerdings steckt die Autonomiebehörde derzeit in einer tiefen finanziellen Krise.

In den palästinensischen Medien wird darüber spekuliert, wen Abbas als neuen Regierungschef berufen könnte. Als Favoriten galten dabei der Präsident der An-Nadscha-Universität in Nablus, Rami Hamdallah, und der Vorstandsvorsitzende des Palästinensischen Investmentfonds, Mohammed Mustafa.