Rübels Übeltäter: Joachim Herrmann, der Linksfuß aus der Abwehr

Bayerns Innenminister Herrmann (Bild: AFP)
Bayerns Innenminister Herrmann (Bild: AFP)

Bayerns Innenminister hatte bei „Maybrit Illner“ einen schweren Job. Joachim Herrmann musste in der TV-Polittalk die Flüchtlingspolitik der CSU verteidigen. Und kassierte manches Tor.

Von Jan Rübel

Wäre die CSU eine Fußballmannschaft, ihre Spiele gerieten jedesmal zur Gaudi. Im Angriff hui, in der Abwehr pfui – das macht den Markenkern der Christsozialen aus. Besonders verinnerlicht hat das Joachim Herrmann. Bayerns Innenminister kann in seinem freundlichen Umgangston ordentlich gegen Andere austeilen. Wird er selbst aber angegangen, ist er nicht gerade souverän.

Eine Kostprobe dieses CSU-Konzepts lieferte er am vergangenen Donnerstag bei der Fernsehsendung Maybrit Illners. Es ging, natürlich, um Flüchtlingspolitik. Kein anderes Thema nimmt Deutschland gerade ähnlich in Bann. Und Herrmann wurde als Vertreter der CSU eingeladen, um deren Politik der vergangenen Jahre zu erklären. Immerhin hatte sein Chef Horst Seehofer unlängst über „massenhaften Asylmissbrauch“ geklagt und getönt, Deutschland sei nicht das Sozialamt der Welt. Darauf angesprochen, hechelte Herrmann erstmal zur Seitenlinie. „Das ist eine kontroverse Diskussion“, wich er aus. Dabei ist klar: Klaren Kalküls versucht die CSU als populistische Klientelregionalpartei die fremdenfeindlichen Tendenzen in der Bevölkerung in Zustimmungswerte umzumünzen. Es ist eine Art Geschäft. Benennt natürlich kein Christsozialer so, lieber heißt es dann: „Das ist eine kontroverse Diskussion.“

Ein falscher Fürsprecher

Kontrovers wurde es dann tatsächlich, denn mit dem Blogger Sascha Lobo saß ihm ein in der Offensive mit CSU-Qualitäten gesegneter Kritiker gegenüber. „Wie wäre es, wenn wir die Flüchtlinge nicht mehr Flüchtlinge nennen, sondern Vertriebene? Dann würden Sie sich plötzlich ganz leicht tun, sie zu integrieren!“, polemisierte Lobo. Herrmann reagierte wie ein Linksfuß, der gerade getunnelt wird. "Das ist allein schon ... ich mein des net so bös' ... das ist eine Beleidigung der Vertriebenen, der wirklich damals vor 70 Jahren Vertriebenen, das in diesen Kontext zu stellen."

Was lernen wir aus solch einer Antwort? Zum einen denkt Herrmann zuerst an seine Wähler. Er meint, den in Bayern zahlreichen Vertriebenen aus dem Zweiten Weltkrieg einen Gefallen machen zu können. Tut er aber nicht. Herrmann stammt meines Wissens nicht aus einer Vertriebenenfamilie. Er wird nicht am Küchentisch die Horrorgeschichten gehört haben, über die nonverbale Kommunikation die Traumata von Eltern erlebt haben. Welcher Vertriebener von damals fühlte sich ernsthaft verletzt, wenn heutzutage Flüchtlinge, sei es aus Armut oder Verfolgung, zu Vertriebenen erklärt werden? Herrmann unterschätzt das humanistische Potenzial der Vertriebenen. Aber vielleicht sieht er in ihnen ja nur Wähler.

 

Meine Mutter ist Vertriebene. Ich kenne viele Vertriebene – und glaube, nicht einer fühlt sich durch Lobos Worte herabgesetzt.

Zum anderen lernen wir daraus, dass Herrmann Mitgefühl zumindest nicht äußert. Wer ist richtig vertrieben und wer nicht? Seine Politik der letzten Jahre zeigt, dass er Asylrechtspolitik als Problempolitik sieht. Oder als Mittel zur Stilisierung als harter Hund. Doch während er nach vorne läuft, um den nächsten Angriff vorzubereiten, kullert der Ball ins eigene Tor.