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Rauchen verschlechtert Heilung nach OP

Rauchen verschlechtert Heilung nach OP

Rauchen ist bekanntlich ungesund. Von den bis zu 5.000 chemischen Verbindungen, die beim Zigarettenrauchen entstehen, ist Nikotin jene Substanz, die für die stimulierende Wirkung verantwortlich ist und damit zur Suchtentstehung beiträgt. Offenbar entscheidet die Dosis darüber, ob sie auch für den Knochenstoffwechsel ein Gift darstellt. Das geht aus einer britischen Studie hervor, die auf dem Europäischen Orthopädiekongress (EFORT) in Berlin vorgestellt wurde (siehe EFORT Abstract 5509). Patienten mit Knorpelschäden am Knie sollten sich vor einer Mikrofraktur-OP besser das Rauchen abgewöhnen, legt eine weitere Studie nahe (siehe EFORT Abstract 4237). Könnte eine niedrige Nikotindosis eventuell auch positive Auswirkungen auf die Heilung eines gebrochenen Beins haben? „Zigaretten sicher nicht, aber Nikotin allein vielleicht schon. Raucher kennen die aufputschende Wirkung von Nikotin. In bestimmten Dosen kann diese Substanz auch dem Knochenstoffwechsel und der Frakturheilung zuträglich sein. Die positive Wirkung scheint sich aber ins Gegenteil zu verkehren, sobald eine zu hohe Substanz-Konzentration im Spiel ist“, berichtete Dr. Rami Kallala vom Leeds Teaching Hospital (Großbritannien) auf dem 13. Kongress der European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT) in Berlin. Dr. Kallala hat sich mit seinem Forschungsteam mit der Frage auseinandergesetzt, wie Nikotin – isoliert von den anderen schädlichen Rauchinhaltsstoffen – auf den Knochenstoffwechsel wirkt. Das britische Team analysierte insgesamt 54 Arbeiten, die sich mit der Wirkung von Nikotin auf die Knochen und die Heilung von Knochenbrüchen in vivo und in vitro beschäftigten, sowohl bei Menschen wie bei Tieren. Übereinstimmende Ergebnisse waren, dass Nikotin bei Mensch wie Tier umfassende Wirkungen auf die Knochen entfaltet, positive wie negative. Bei Tieren fielen die Resultate überwiegend negativ aus. Aufgezeigt wurde beispielsweise, dass Nikotin die Synthese bestimmter Kollagene hemmte, was sich schlecht auf die Heilung von Frakturen auswirkte. Nachgewiesen wurde auch der negative Effekt von Nikotin auf die Knochenstruktur. Und dass die Substanz zum Abbau von Vitamin D beiträgt, das für die Einlagerung von Kalzium ins Knochengewebe notwendig ist. „Zu bedenken ist bei diesen Resultaten allerdings, dass bei den meisten Tierstudien die Nikotin-Konzentration viel höher gewählt wurde, als sie selbst bei starken Rauchern zu finden ist“, so Dr. Kallala. „Bei manchen Tierversuchen zeigte sich nämlich umgekehrt, wie moderate Nikotin-Dosen das Fortschreiten von Osteoporose verlangsamen oder sogar rückgängig machen können.“ Positives war auch bei in-vitro-Studien mit menschlichen Zellen zu beobachten: Hier zeigte sich, dass Nikotin in geringen Dosen die Zellteilung und den Knochenstoffwechsel anregt. Konkret werden die Osteoblasten MG-63 und SAOS-2 stimuliert, also jene Zellen, die für die Knochenbildung verantwortlich sind. Nikotin erhöhte auch die Expression von c-fos und die Synthese von Protein und Kollagen. Diese Prozesse sind zuständig für den Knochenaufbau und die Knochen-Remodellierung. Bei höherer Konzentration kippen die anregenden Effekte allerdings ins Negative um. Viele Arbeiten weisen bei höheren Nikotindosen eine hemmende Wirkung oder einen toxischen Effekt für die Knochenzellen nach. „Die positiven Befunde sind bislang nur bedingt aussagekräftig, vor allem weil die Möglichkeiten sehr begrenzt sind, im klinischen Rahmen die isolierte Wirkung von Nikotin im Zusammenhang mit den Knochen zu untersuchen. Um die Auswirkung von Nikotin auf die Knochenheilung herauszufinden, brauchen wir weitere Grundlagenforschung und klinische Studien. Erst dann ließen sich sichere Schlüsse für die klinische Praxis ziehen“, so Dr. Kallala. Auch Dr. Cronan Kerin und sein Team von der Aintree Universitätsklinik Liverpool, Großbritannien, präsentierten auf dem EFORT-Kongress in Berlin neue Studienergebnisse. Der Experte fand heraus, dass Raucher weniger zufrieden mit den Behandlungsergebnissen nach einer Knie-OP sind. Konkret untersuchte er den mittelfristigen Therapie-Erfolg bei Mikrofraktur-Operationen. Für die Studie hatte sein Team Patienten nach einer Mikrofrakturierung zu ihrer Zufriedenheit mit dem Behandlungsergebnis im Allgemeinen sowie nach ihrer Einschätzung der funktionellen Ergebnisse im Besonderen befragt - zum Beispiel, ob das Knie ganz abgebogen werden kann. Insgesamt antworteten 196 Patienten. Die Ergebnisse zeigen, dass insgesamt immerhin 72 Prozent der Patienten mit den Resultaten zufrieden waren. „Wovon die Zufriedenheit der Patienten maßgeblich abhing, war, ob sie rauchten oder nicht“, berichtete Dr. Kerin. Nur 54 Prozent der Raucher waren mit dem Therapieerfolg zufrieden, bei den Nicht-Rauchern waren es 76 Prozent. Jeder dritte Raucher (34 Prozent) war dezidiert unzufrieden, bei den Nicht-Rauchern dagegen nur jeder Siebente (15 Prozent). „Meine Schlussfolgerung ist, dass Rauchen die Ergebnisse der Mikrofrakturierung ungünstig beeinflusst. Das ist eine wichtige Erkenntnis für Beratungsgespräche. Chirurgen sollten ihren Patienten künftig raten, schon vor der Operation mit dem Rauchen aufzuhören“, so Dr. Kerin. Die Mikrofrakturierung hat sich in den vergangenen zehn Jahren als technisch einfache, relativ kostengünstige und erfolgreiche Methode durchgesetzt, um Knorpelverletzungen am Knie zu behandeln. Dabei wird der Knochen so angebohrt, dass Blutgefäße in den verbliebenen Knorpel einsprießen. So gelangen Stammzellen an die betroffene Gelenksfläche und bilden einen stabilen und belastbaren Ersatzknorpel. Quelle: Europäischen Orthopädiekongress (EFORT)