Ärger in Nordmazedonien: EU-Beitritt wie "Warten auf Godot"

Der konservative nordmazedonische Regierungschef hat mit Ärger auf Berichte reagiert, wonach die EU-Beitrittsverhandlungen seines Landes sich wegen des Streits mit Bulgarien weiter verzögern könnten.

Ministerpräsident Hristijan Mickoski sagte, die Europäische Union versuche, Nordmazedonien zu "diktieren", was es zu tun habe. Er werde keine weitere Verzögerung der Beitrittsgespräche hinnehmen.

Kurz zuvor war aus Brüssel berichtet worden, dass die EU-Botschafter den Beitrittsprozess Albaniens unabhängig von dem Nordmazedoniens vorantreiben wollten. Bislang war dies parallel gelaufen. Die EU hatte die Beitrittsverhandlungen mit den beiden Balkanstaaten 2022 aufgenommen.

Nordmazedoniens Präsidentin Gordana Siljanovska-Davkova griff die Frage bei ihrer Rede vor der UN-Generalversammlung auf und sagte, der Weg ihres Landes zur EU-Mitgliedschaft sei wie "Warten auf Godot".

Ministerpräsident Mickoski im Parlament bei der Bestätigung der neuen Regierung in Skopje. 23. Juni 2024
Ministerpräsident Mickoski im Parlament bei der Bestätigung der neuen Regierung in Skopje. 23. Juni 2024 - Boris Grdanoski/Copyright 2024 The AP. All rights reserved

EU-Kommissionssprecherin Ana Pisonero wollte nicht bestätigen, dass die Verhandlungen Albaniens und Nordmazedoniens nun getrennt würden, deutete aber an, dass sich die beiden Länder auf unterschiedlichen Wegen und in unterschiedlichen Zeitrahmen bewegten.

"Unsere Position ist sehr klar: Die Kommission sieht dem Beginn der Verhandlungen mit Albanien so bald wie möglich entgegen, und mit Nordmazedonien so bald wie möglich, sobald Nordmazedonien die relevanten Kriterien erfüllt hat", sagte Pisonero.

Die EU hat die Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien 2022 aufgenommen, als der Krieg in der Ukraine ein Umdenken im Erweiterungsprozess der Union erzwang. Die beiden Länder wurden vor zwei Jahrzehnten zu EU-Kandidaten, doch die Beitrittsgespräche waren nie aufgenommen worden.

Nordmazedoniens Bewerbung verzögerte sich zuletzt jedoch durch den Streit mit Bulgarien über die Geschichte, Sprache und Kultur des Balkans. Um aus der Sackgasse herauszukommen, hatte die vorige Mitte-Links-Regierung in Nordmazedonien Bulgariens Forderung akzeptiert, einen Hinweis auf die bulgarische ethnische Minderheit in die nordmazedonische Verfassung aufzunehmen.

Allerdings fehlte ihr die parlamentarische Mehrheit, um die Änderung durchzusetzen, und Mickoskis neue konservative Regierung will die Verfassung nur dann ändern, wenn Bulgarien zuvor Nordmazedoniens EU-Mitgliedschaft zustimmt.

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Mickoski sagte, es sei unfair, die EU-Perspektiven seines Landes mit der Forderung Bulgariens zu verknüpfen: "Für mich ist das ein Diktat. Wenn dies die Bedingung für Mazedonien ist, um die Verhandlungen fortzusetzen, dann habe ich in Brüssel gesagt - nein danke!"

Nordmazedoniens Präsidentin Siljanovska-Davkova vor der UN-Vollversammlung am 26. September 2024
Nordmazedoniens Präsidentin Siljanovska-Davkova vor der UN-Vollversammlung am 26. September 2024 - Frank Franklin II/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.

Nordmazedoniens Präsidentin Gordana Siljanovska-Davkova erklärte vor der UN-Generalversammlung: "Für uns ist die Mitgliedschaft in der Europäischen Union nach 20 Jahren Verhandlungen und 16 positiven Berichten der Europäischen Kommission wie Herr Godot, denn wir haben seit 2005 auf ihn gewartet, immer wieder ermutigt durch internationale Vertreter mit dem Refrain: Nur diese eine Bedingung oder nur dieses eine Zugeständnis mehr".

Nordmazedoniens Weg in die EU war zunächst jahrelang durch das benachbarte Griechenland blockiert wegen eines anderen Streits um Namen, Geschichte und kulturelles Erbe. Dieser Streit wurde 2018 beigelegt, nachdem Nordmazedonien darauf verzichtet hatte, sich wie zuvor einfach nur "Mazedonien" zu nennen. Ministerpräsident Mickoski bevorzugt nach wie vor diese alte Bezeichnung.

Der Vorsitzende der oppositionellen Sozialdemokraten, Venko Filipche, machte Mickoskis Regierung für den neuen Rückschlag verantwortlich: "Dies ist eine große Katastrophe für die Zukunft der Bürger, eine verpasste Chance, die viele Familien und eine ganze neue Generation betreffen wird."