Ökonomen sehen Potenzial - 2000 Euro steuerfrei statt Bürgergeld: Das würde der Vorstoß aus Brandenburg bringen
Der Spitzenkandidat der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler, Péter Vida, fordert im Wahlkampf die Abschaffung des Bürgergelds - stattdessen soll es einen Freibetrag von 2000 Euro geben. Doch an dem Vorschlag ist vieles schwierig.
Arbeitsfähige Menschen sollen kein Bürgergeld mehr erhalten, das fordert der Spitzenkandidat der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler, Péter Vida. Dem Nachrichtenportal rbb24 sagte er: „Es gibt dafür kein Verständnis in der arbeitenden Bevölkerung. Vielmehr bräuchte es eine Steuerfreiheit bis 2000 Euro Einkommen, für Familien mit Kindern 2500 Euro netto steuerfrei. Das müssen wir fördern und nicht die, die nicht arbeiten wollen.“ Doch was würde ein höherer Steuerfreibetrag als Anreiz bringen?
Steuerfreibetrag statt Bürgergeld möglich?
Zunächst einmal nichts für alle die, die auf Bürgergeld angewiesen sind und nicht arbeiten: „„Ein Steuerfreibetrag hilft erst einmal niemandem, der keinen Job hat“, betont Volker Meier, Experte für Steuer- und Finanzpolitik am ifo-Institut in München. Schließlich zahlen Bürgergeldempfänger keine Steuern. Einen generellen Steuerfreibetrag für alle Arbeitnehmer gibt es bereits. Er liegt im Jahr 2024 bei 11.604 Euro - das sind 967 Euro im Monat, die jeder Deutsche steuerfrei verdienen kann.
Holger Schäfer, Ökonom und Experte für Beschäftigung und Arbeitslosigkeit beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) stellt gegenüber FOCUS online klar: „Das Bürgergeld ist der letzte Rettungsanker für Menschen, die kein Einkommen haben. Ein Steuerfreibetrag kann das nicht ersetzen.“ Wer Bürgergeld beziehe, brauche Unterstützung, um das Existenzminium zu halten und „nicht auf der Straße schlafen zu müssen“, so Schäfer.
Positive Anreize - aber auch drei Hürden
Beide Experten sehen allerdings den positiven Effekt auf die Arbeitswilligkeit von manchen Bürgergeldbeziehern: „Alle Kürzungen des eigentlichen Bürgergeldes sind dazu geeignet, mehr Menschen dazu zu bringen, sich eine Arbeit zu suchen“, so ifo-Ökonom Meier.
„Natürlich könnte ein Steuerfreibetrag von 2000 Euro den Arbeitsanreiz erhöhen“, sagt auch IW-Experte Schäfer. Er weist allerdings auch auf drei Hürden hin.
Mit einem höheren Steuerfreibetrag, der dann natürlich für alle Deutschen gelten müsste, würden die Steuereinnahmen Deutschlands deutlich sinken. Ein Defizit, dass auch durch die neuen Arbeitskräfte nicht ausgeglichen werden würde, so Schäfer.
Längst nicht alle Bürgergeldempfänger wollen nicht arbeiten: „Es gibt viele Gründe, warum jemand Bürgergeld bezieht, sei es Alter, Qualifikationsdefizite oder körperliche Einschränkungen.“ Diesen Betroffenen ist demnach mit einem Arbeitsanreiz nicht geholfen.
Zuletzt ist wieder die Frage, bei wem der Anreiz ankomme, so Schäfer. Von einem höheren Steuerfreibetrag profitierten Bürgergeldempfänger kaum: „Für Bürgergeldempfänger spielt eine Erhöhung des Steuerfreibetrags kaum eine Rolle, weil sie meistens in eher gering vergütete Arbeitsverhältnisse wechseln und damit relativ wenig Steuern zahlen.“
Das Bürgergeld abzuschaffen oder stark zu kürzen ist eine beliebte Forderung unter Deutschlands Liberalen und Konservativen. Es zu streichen ist so gut wie unmöglich, solange das Bundesverfassungsgericht noch ein Wörtchen mitzureden hat. Denn die Sicherung des Existenzminimums ist in Deutschland Bestandteil der Verfassung.