Nach Özdemir-Artikel - Journalistin geißelt Belästigungen durch Migranten-Männer - sie stellt uns eine Frage

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Instagram / ninve_ermagan

Minister Özdemir und später Journalistin Ermagan haben eine Debatte über die Gewalt von Männern mit Migrationshintergrund gegen Frauen losgetreten. Die junge Frau erhält viel Zustimmung – von einer Seite aber erneut Hass.

Zuerst startete der Grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die Debatte, dann legte die Journalistin Ninve Ermagan nach: Seit Texte der beiden in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erschienen sind, ist die Gewalt migrantischer Männer gegen Frauen in Deutschland großes Thema. Ermagan berichtete in ihrem Beitrag eindringlich davon, was ihr in deutschen Städten, etwa in Frankfurt, in Schwimmbädern oder Einkaufsstraßen passiere.

„Es sind fast ausschließlich Männer mit Migrationshintergrund, die mir hinterherrufen, mich verfolgen und mir Fragen stellen. Wenn ich sie abweise, reagieren sie mit Aggression. Kürzlich verfolgte mich einer, der mich nach meinem klaren Nein anschrie: ‚Warum hast du kein Interesse? Ich will dich doch ficken!‘“ Erst als sie geflohen sei und Schutz bei einem Sicherheitsmann gesucht habe, sei der Fremde verschwunden.

Ermagan prangerte aber auch die „progressive Linke“ an, die glaube, „dass sie Migranten einen Gefallen tun, wenn sie diese Themen unter den Teppich kehren“. Trotz der deutlichen Kritik in ihrem Text hat die in Deutschland geborene Tochter assyrischer Christen sehr viele positive Reaktionen erhalten, berichtet Ermagan im Gespräch mit FOCUS online.

Linke schwingen die Rassismus-Keule

Das habe sie überrascht, aber scheinbar hat der Beitrag einen Nerv getroffen: „Zwei Punkte haben die Menschen scheinbar besonders berührt: Zum einen, dass man uns Menschen mit Migrationshintergrund überhaupt nicht hilft, wenn man die Gewalt von Männern aus unseren Kulturkreisen verschweigt. Und zum anderen, dass auch ganz besonders migrantische Frauen wie ich unter diesem Thema leiden.“

Einige Menschen hätten die Botschaft des Textes aber überhaupt nicht verstanden, berichtet die Journalistin. „Es gab leider auch wieder Linke, die mir Rassismus vorgeworfen haben, weil ich Stereotype bedienen würde.“ Dass Özdemir ihren Beitrag als „mutig und aufrüttelnd“ bezeichnet hatte, kam bei dieser Gruppe nicht gut an.

„Mir wurde abgesprochen, mit meinen Äußerungen mutig zu sein. Es braucht aber sehr wohl Mut, weil Frauen wie ich, die über Gewalt gegen Frauen aus patriarchalisch geprägten Kulturkreisen sprechen, sehr viel Hass abbekommen“, erzählt Ermagan. Als liberale Frau mit Migrationshintergrund werde man einsam, wenn die Familie mit der Kritik nichts zu tun haben wolle und einen aufgrund der Offenheit verstoße. „Und dann kommt auch noch der Hass von Teilen der Linken dazu, die nach außen vorgeben, sich für mich einzusetzen.“

Muslimischer Hass auf den Straßen nach Hamas-Angriff war eine Zäsur

Özdemir hatte in seinem Gastbeitrag von den schlechten Erfahrungen berichtet, die seine Tochter in Berlin macht. Sie und ihre Freundinnen würden öfter „von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert“. Die Reaktionen darauf zeigten, dass der Minister ein Thema angesprochen hat, dass offenbar schon lange brodelt.

Ermagan glaubt, dass es auch mit den weltpolitischen Ereignissen zusammenhängt, dass ein ranghoher Politiker plötzlich offen über ein scheinbar tabuisiertes Thema spricht. „Der Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober des vergangenen Jahres war eine Zäsur, weil man seither auf unseren Straßen noch deutlicher die Probleme mit muslimischem Antisemitismus sieht. Das hat dazu geführt, dass wir Probleme mit muslimischer und migrantischer Frauenverachtung offener ansprechen können.“ All das gebe es schon lange, aber jetzt lasse es sich einfach nicht mehr leugnen.

Frage von Ermagan: „Warum muss es immer erst eskalieren"

Die Journalistin ist zwar glücklich darüber, dass endlich über die Gewalt migrantischer Männer gegen Frauen gesprochen wird. Sie fragt aber auch: „Warum muss es immer erst eskalieren, bevor wir unsere Augen öffnen?“ Ermagan hofft, dass künftig dauerhaft offener über solche Probleme gesprochen wird.

Ihren Kritikern entgegnet sie: „Man ist damit kein Rassist, solange man nicht pauschalisiert. Es gibt die Liberalen, nur sie werden im Stich gelassen. Ich empfinde es hingegen als Rassismus, wenn unsere Erfahrungen totgeschwiegen werden. Dann schwingt mit, dass migrantische Frauen kein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben haben.“

Ermagan fordert Hilfe für Opfer und mehr Sensibilität

Um dauerhaft „patriarchale Strukturen“ bei Migranten zu zerbrechen, müsse man an der Wurzel ansetzen, glaubt Ermagan. „Die liegt aber oft in den Heimatländern der Männer. Da ist es schwierig für die deutsche Politik, zu handeln.“ Zumindest solle die aber genau wissen, „wer in unser Land kommt und bei Straftaten die Konsequenzen ziehen“.

Das sei schwierig, aber auf Opferseite gebe es relativ einfache und schnell umsetzbare Lösungen. Ermagan fordert: „Es braucht zum Beispiel mehr Plätze in Frauenhäusern. An den Schulen müssen die Lehrerinnen und Lehrer besser sensibilisiert werden. Sie müssen hinterfragen und dagegen vorgehen, wenn zum Beispiel einem Mädchen von einem muslimischen Vater verboten wird, am Schwimmunterricht teilzunehmen.“

Klar ist: Der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen lag 2023 bei rund 41 Prozent, insbesondere in jungen Altersgruppen stieg der Anteil stark an.

Vater von ermordeter Ann-Marie macht Özdemir und Grünen bittere Vorwürfe

Nicht nur Ermagan hat den Debattenbeitrag von Özdemir aufgegriffen. Auch andere Opfer von migrantischer Gewalt haben sich im Anschluss geäußert – und den Minister teilweise kritisiert. So schrieb Michael Kyrath, der Vater der 2023 in Brokstedt von einem staatenlosen Palästinenser erstochenen Ann-Marie, einen offenen Brief für ein Online-Portal.

Gerichtet an Özdemir heißt es darin: „Vor kurzem wären solche Forderungen in Ihren Augen noch rechtsradikal und damit indiskutabel gewesen. Doch kaum trifft es Sie selbst, nachdem Ihre Tochter belästigt wurde, dreht sich Ihre Meinung um volle 180 Grad. Willkommen in der realen Welt der normalen Bürger, Herr Minister!“ Bei ihm hätten sich über 300 Elternpaare gemeldet, die in den letzten fünf Jahren ihre Kinder verloren haben, so Kyrath. „Was uns alle eint, sind fünf Eckpunkte: 1. Immer das gleiche Täterprofil, 2. Immer das gleiche Tatwerkzeug, 3. Immer die gleichen Tatmotive, 4. Immer der nahezu gleiche Tathergang und 5. immer die gleichen Floskeln der verantwortlichen Politiker nach einer solchen Tat!“

Kyrath wirft Özdemir vor, dass sich nach dem Mord an Ann-Marie kein Politiker der Grünen derart exponiert habe, wie er es jetzt für seine Tochter tue. „Im Gegenteil! Man hat uns wissen lassen, wir sollten darauf achten, dass der Mord an unserer Tochter nicht von Rechtsradikalen missbraucht wird!“ Sein bitteres Fazit: „Wäre Ihnen diese Erkenntnis früher gekommen und hätten sie etwas unternommen, könnten viele unserer Kinder noch leben.“