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Überlebensnotwendig! Handball zittert mit Kieler Fan-Comeback

Superstar Sander Sagosen zaubert erstmals als Kieler in seinem neuen Wohnzimmer, Nationalspieler Patrick Wiencek freut sich "enorm" auf die Rückkehr der Fans - und Sportchef Viktor Szilagyi sieht endlich Licht am Ende des Tunnels.

Das erste Heimspiel vor Zuschauern nach der Corona-Pause sorgt beim deutschen Meister THW Kiel für knisternde Stimmung.

"Es ist im Handball noch schlimmer als im Fußball, wenn die Ränge leer sind. Deswegen sind wir froh, dass wir immerhin wieder 2000 Leute in der Halle haben", sagte Kreisläufer Wiencek vor dem Heim-Auftakt in der Champions League gegen den französischen Topklub HBC Nantes (Handball, Champions League: THW Kiel - HBC Nantes, ab 18.45 Uhr im SPORT1-Liveticker).

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Ein Vorrundenspiel in der Königsklasse wird in der Regel nicht mit allzu großer Spannung erwartet, doch diesmal ist alles anders: Die Partie in der Kieler Wunderino Arena wird das erste Handball-Pflichtspiel in Deutschland vor Fans nach Ausbruch der Corona-Pandemie sein, quasi ein Test für den bevorstehenden Ligastart.

Zuschauer sind überlebenswichtig

"Wir wollen Argumente schaffen, um demnächst die Zuschauer wieder in einer höheren Anzahl zulassen zu können", formulierte THW-Geschäftsführer Szilagyi das klare Ziel. Der Österreicher weiß: Für die Zukunft - nicht bloß des THW, sondern der gesamten Sportart - sind volle Hallen spätestens mittelfristig überlebensnotwendig.

Auch die Kieler haben mit den Auswirkungen der Coronakrise zu kämpfen. Denn Kiel geht es wie nahezu allen Klubs in Deutschland, die ihren Etat zum großen Teil aus Zuschauereinnahmen bestreiten. "Wir haben die meisten Zuschauer in der Liga und damit die höchste Fallhöhe", erklärt Kiels Aufsichtsratsvorsitzender Marc Weinstock und prophezeit "eine schwierige Saison". Pauschalen wie die von der Politik verabschiedeten 20 Prozent Hallen-Auslastung würden dem THW nicht entscheidend weiterhelfen.

Deswegen planen die Verantwortlichen schon einen Schritt weiter. Ziel müsse es sein, Menschen mit negativen Coronatests enger beisammensitzen zu lassen, sagt Weinstock: "Wir müssen mehr Leute in die Halle bekommen." Ein entsprechendes Konzept werde der Klub wohl in den nächsten Wochen vorlegen können.

Alle Klubs akut gefährdet

Damit dürfte der Kieler Klubchef auf der Linie von HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann liegen. Der Boss der Handball-Bundesliga, die am 1. Oktober startet, unterstrich trotz der teilweisen Zuschauer-Rückkehr: "Jedes Spiel ist ein Zuschussgeschäft." Erst bei Auslastungen von 85 bis 90 Prozent im Durchschnitt sei ein Handballklub wirtschaftlich tragfähig. "Da müssen wir irgendwann hin zurück", sagte Bohmann.

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Akut gefährdet seien ausdrücklich alle Klubs, "weil das Geschäftsmodell bislang nicht stimmte", so Bohmann: "Ein halbes Jahr wurden nur Ausgaben erzeugt, aber keine Einnahmen. Das hält kein Klub, auch kein Fußballklub, auf Dauer aus."

THW-Mann Szilagyi freut sich unterdessen, dass "zumindest der Kostenteil" nun wieder eingeholt wird. "Wir versuchen, uns am Positiven festzuklammern", sagte er: "Wir sind bis vor einer Woche davon ausgegangen, dass wir ohne Zuschauer starten würden. Deswegen sehe ich dem Ganzen erstmal optimistisch entgegen."