Übertriebene Energiesparmaßnahme: Dieses TV-Feature sollten Sie sofort deaktivieren

Keine Frage: Energiesparen ist sinnvoll. Stromsparfunktionen, die Hersteller mit der Brechstange implementieren (müssen), hingegen nicht. Zu den fragwürdigen Maßnahmen zählen die voreingestellten Eco-Funktionen vieler moderner Fernseher, die einen derart negativen Einfluss auf die Bildqualität haben, dass man sie geradewegs deaktivieren sollte. Wir klären über die Hintergründe auf und nennen Messwerte aus dem CHIP-Testcenter.

Im Jahr 2021 hat die EU neue Anforderungen für Energielabels erlassen, die dafür sorgen, dass Fernseher maßgeblich schlechter eingestuft werden als bisher. In der Regel kommen Oberklasse-TVs nicht über die Klasse F hinaus. 2023 wurden die Anforderungen nochmals verschärft, so dass besonders energiehungrige Modelle einer Klasse nicht mehr verkauft werden dürfen.

Auf der anderen Seite steigen die Ansprüche der Kunden an die Bildqualität, und das bedeutet: Screens werden immer größer und vor allem heller – insbesondere im HDR-Modus. Helligkeit wiederum hat einen unmittelbaren Einfluss auf den Stromverbrauch: Je heller das Bild, desto hungriger der TV.

Hersteller können diesem Effekt zwar durch effizientere Panels begegnen – sind aber eher geneigt, Effizienzgewinne in wiederum höhere Helligkeiten und damit noch dynamischere und schönere Bilder zu investieren. Kurzum: Der Handlungsspielraum, um den Stromverbrauch im Wettrennen der immerzu steigenden Helligkeit zu reduzieren, ist begrenzt.

Um den Vorgaben gerecht zu werden, bedienen sich einige Hersteller daher eines Tricks: Sie wählen eine Voreinstellung oftmals weit unter den maximalen Fähigkeiten eines TVs, die dafür besonders sparsam ist. Denn in diesem Modus findet die Beurteilung für das Energielabel statt. Unserer Meinung nach sind die negativen Auswirkungen auf die Bildqualität aber derart drastisch, dass man sich das Geld für den teuren Fernseher mit dem versprochenen schönen Bild hätte sparen können. Um das mit Zahlen zu belegen, haben wir im CHIP-Testcenter nachgemessen.

Messwerte zu Helligkeit und Stromverbrauch: Diesen Effekt hat der Lichtsensor

Als Beispiel nennen wir Messwerte eines LG C4 in 83 Zoll, weil wir ihn für diesen Beitrag zur Verfügung hatten. Preis: rund 4.000 Euro. Ein ähnlicher Effekt in unterschiedlicher Ausprägung ist aber auch bei Fernsehern anderer Hersteller zu beobachten – allerdings nicht bei jeder Serie. Auffällige Modelle hatten wir auch von Sony, Samsung, Philips.

Der LG C4 läuft frisch ausgepackt im Modus "Autom. Energiesparen" – und ist hier auch extrem sparsam. Nur 90 Watt zieht er bei der Wiedergabe von HDR-Material. Allerdings gibt er das HDR-Material mit viel zu niedriger Helligkeit wieder: Nur 233 cd/m² erreicht er laut unseren Messungen bei Spitzlichtern. Viel zu wenig für die adäquate Darstellung von HDR-Filmen, die mindestens für 1000 cd/m² gemastert werden. Wer meint, Rettung käme in Form des oft genannten "Kino"-Modus, irrt erst einmal: Denn auch im Kinomodus krebst dieser High-End-Fernseher im abgedunkelten Raum noch mit unter 240 cd/m² herum und bringt nicht ansatzweise die Brillanz und Dynamik, die man in dieser Preisklasse erwartet.

Um das volle Potential des Fernsehers zu entfesseln, müssen Filmfans im Einstellungsmenü die Optionen für den Lichtsensor suchen und ihn deaktivieren. Da wir der Meinung sind, dass man nicht so viel Geld für einen Oberklasse-TV ausgibt, um letztlich nur ein Mittelklasse-Bild zu erhalten, können wir nur dazu raten, das auch zu tun. Anschließend erst dreht der C4 auf 960 cd/m² auf und zeigt sein bestmögliches Bild.

Übrigens: Wir haben neben dem LG C4 auch den 65 Zoll großen Panasonic 65Z95AEG auf diesen Effekt hin untersucht und können hier fast Entwarnung geben: Bereits in den Werkeinstellungen strahlte das Bild 1100 cd/m² hell – also zumindest hell genug für ein Top-HDR-Bild. Ohne aktiven Lichtsensor erreicht er über 1600 cd/m² bei der Darstellung von Spitzlichtern. Da hierbei der mittlere, mit HDR-Videomaterial gemessene Stromverbrauch nur um 3 Watt steigt, würden wir aber auch hier empfehlen, den Lichtsensor auszuschalten.

CHIP Fazit: Sinnvolle Energiesparmaßnahmen sind gefragt

Wir befürworten Energiesparmaßnahmen, sofern sie Produkte ganzheitlich betrachtet besser und nicht schlechter machen. Der aktuelle Trend, TVs mit unbrauchbaren Voreinstellungen auszuliefern, zahlt unserer Meinung nach nicht auf dieses Ziel ein. Denn entweder erhalten Käufer einen Fernseher, der den Ansprüchen und Kosten nicht gerecht wird. Oder sie schalten diese Voreinstellungen direkt aus, womit sie ebenfalls keinen sinnvollen Beitrag mehr leisten - abgesehen davon, die EU-Labels zu schönen. Hersteller sollten unserer Meinung nach in den TV-Menüs klar kommunizieren, welchen (teils drastischen) Effekt die Energiesparfunktionen auf Helligkeit und Stromverbrauch haben und einen sinnvollen Mittelweg als Voreinstellung wählen, der einen geringfügigen erlebten Effekt aufs Bild bei gleichzeitiger Reduzierung der Energieaufnahme hat.

Zur vollständigen Bestenliste aller Fernseher

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