Selenskyj zeigt sich ein Jahr nach Kriegsbeginn siegesgewiss

Solidaritätsbekundungen der Verbündeten und Siegesgewissheit in Kiew: Ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine weitere Rückendeckung ihrer Partner und neue militärische Unterstützung erhalten. Deutschland sagte Kiew am Freitag die Lieferung vier weiterer moderner Leopard-2-Kampfpanzer zu. Polen lieferte die ersten Leopard in das Land. Die chinesische Initiative zur Beendigung des Krieges stieß derweil auf geteiltes Echo.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj richtete sich mit einer kämpferischen Videobotschaft an seine Landsleute. "Wir werden alles tun, um in diesem Jahr den Sieg zu erringen", sagte Selenskyj. Bei einer Pressekonferenz sagte er später: "Wenn unsere Partner sich an ihre Versprechen und Fristen halten, erwartet uns unausweichlich der Sieg."

Verteidigungsminister Oleksij Resnikow erklärte, die ukrainische Armee bereite derzeit eine Gegenoffensive vor. "Wir werden härter und aus größeren Entfernungen zuschlagen, in der Luft, am Boden, zur See und im Cyberspace", kündigte er auf Facebook an.

Russland war am 24. Februar 2022 auf Befehl von Kreml-Chef Wladimir Putin in der Ukraine einmarschiert. Der Krieg hat seitdem nach westlichen Schätzungen auf beiden Seiten mehr als 150.000 Menschen das Leben gekostet, Millionen wurden in die Flucht getrieben. Die russische Armee wurde aber auch von den Ukrainern zurückgedrängt, die massive Militärhilfe vom Westen erhält. Die erbitterten Kämpfe konzentrieren sich derzeit auf die Ostukraine.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) entschied am Jahrestag, die geplante Lieferungen von 14 auf 18 Panzer des Typs Leopard 2 A6 zu erhöhen. Schweden kündigte zudem an, zehn Leopard-Panzer des Modells 2A5 zu liefern. Damit ist Deutschland zusammen mit Portugal und Schweden in der Lage, wie geplant der Ukraine ein gesamtes Bataillon von 31 Panzern zur Verfügung zu stellen.

Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak gab am Freitag bereits die erste Lieferung von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion an die Ukraine bekannt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, Deutschland stehe "fest an der Seite der Ukraine - heute und in Zukunft". Putin habe es in der Hand, den Krieg zu beenden, sagte Scholz in einer Videobotschaft. Je eher der Kreml-Chef einsehe, "dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreichen wird, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende".

Die USA verschärften zum Jahrestag ihre Sanktionen gegen Moskau, die unter anderem auf Banken und die Rüstungsindustrie abzielen. Sie richten sich laut Washington gegen "200 Personen und Einrichtungen, darunter sowohl russische Akteure als auch solche aus Drittländern, die Russlands Kriegsanstrengungen unterstützen". Darunter ist auch ein Deutscher.

Auch die G7-Staaten sagten der Ukraine weitere Unterstützung zu. Nach einem Video-Gipfel der Staats- und Regierungschefs mit Selenskyj sagte Scholz, "dass wir unsere Sanktionen weiterhin eng koordinieren und dafür Schlupflöcher schließen".

Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew richtete indes neue Drohungen gegen die Ukraine. Die Nummer zwei des russischen Sicherheitsrates erklärte im Onlinedienst Telegram, es sei nötig, "die Grenzen der Bedrohung gegen unser Land so weit wie möglich hinauszuschieben - und sei es bis an die Grenze zu Polen". Dies würde voraussetzen, dass Russland das gesamte ukrainische Territorium einnimmt.

In New York befasste sich auch der UN-Sicherheitsrat mit dem Ukraine-Krieg. Die UN-Vollversammlung hatte am Donnerstag mit breiter Mehrheit eine Resolution verabschiedet, in der eine Friedenslösung und ein russischer Truppenabzug gefordert werden.

China enthielt sich bei der Abstimmung und legte am Freitag ein Positionspapier zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine vor. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bezeichnete Chinas Initiative als "nicht sehr glaubwürdig", da Peking die russische Invasion nicht verurteilt habe.

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich skeptisch zum chinesischen Vorstoß. "Wer Aggressor und Opfer gleichsetzt, schafft keinen Frieden, sondern belohnt Gewalt", erklärte sie am Rande der Sitzung des UN-Sicherheitsrats.

Selenskyj begrüßte, dass China begonnen habe, "über die Ukraine zu sprechen". Das sei "nicht schlecht". "Es wirkt auf mich, als ob es Respekt für unsere territoriale Integrität" sowie "Sicherheitsbelange" gebe, sagte der ukrainische Präsident. Er plane ein Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping.

Auch aus Moskau gab es eine positive Reaktion auf Chinas Vorstoß. "Wir schätzen den ehrlichen Wunsch unserer chinesischen Freunde, zur Beilegung des Konflikts in der Ukraine mit friedlichen Mitteln", erklärte das russische Außenministerium. Allerdings müsse jegliche Einigung "die neuen territorialen Realitäten" anerkennen, hieß es mit Verweis auf vier ukrainische Regionen, deren Annexion Russland im September verkündet hatte.

ma/cp