16 Jahre Merkel in Zitaten
Angela Merkel hört auf: Nach 16 Jahren im Amt gibt die Bundeskanzlerin den Platz an der Spitze des Bundestages ab. Ein Rückblick in Zitaten auf ihre Amtszeit.
In den vergangenen Wochen häuften sich die Meldungen zu Angela Merkels letzten "Einsätzen" im Job: die letzte Sommer-Pressekonferenz, die letzte Regierungserklärung, die letzte Rede im Bundestag. Die scheidende Bundeskanzlerin gab sich bei sämtlichen Terminen, bislang zumindest, betont sachlich.
Dabei hat sie in ihren 16 Jahren Kanzlerinnenschaft auch oft mit Humor reagiert oder verärgert. Ein kleiner Rückblick in Zitaten.
Was Frauen schaffen, kann auch Männern gelingen
2005 sagte sie in ihrer ersten Neujahrsansprache: "Die Frauenfußball-Nationalmannschaft ist ja schon Fußballweltmeister, und ich sehe keinen Grund, warum Männer nicht das Gleiche leisten können wie Frauen."
2006 antwortete Merkel im Interview mit der Süddeutschen Zeitung auf die Frage, ob und wie sich der Staat einmischen solle: "Der Staat muss fördern und darf nicht einschränken. In diesem Sinne muss er Gärtner sein und nicht Zaun. Wir sollten den Menschen zutrauen, dass sie sich engagieren und Verantwortung übernehmen wollen."
Finanzkrise beschäftigt Merkel lange
Über den 2007 herrschenden Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführer*innengewerkschaft GDL sagte Merkel: "Mit dem Kopf durch die Wand wird nicht gehen. Da siegt zum Schluss immer die Wand."
Die Finanzkrise erklärte Merkel im Jahr 2008 wie folgt: "Man hätte nur die schwäbische Hausfrau fragen sollen. Sie hätte uns eine Lebensweisheit gesagt: 'Man kann nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben.'"
Mitten in der Finanzkrise begriffen sagte Merkel ein Jahr später, 2009: "Es gibt das Gerücht, dass Staaten nicht pleitegehen können. Dieses Gerücht stimmt nicht."
2010 machte die Bundeskanzlerin klar, wie wichtig die gemeinsame Währung für die Europäische Union und den europäischen Kontinent ist: "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa."
Atomenergie: Nein, danke
2011 zeigte sich Merkel tief getroffen von der Atomkatastrophe in Fukushima als sie sagte: "Ich will ganz ehrlich sein, Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."
Einen kleinen Seitenhieb in Richtung Gelb hatte Merkel im Jahr 2012 auf ihrer Parteitagsrede mit dabei: "Auch mir hat eine Satiresendung schon einmal richtig aus der Seele gesprochen, als es dort hieß: Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen."
Freund oder Feind?
Das Jahr 2013 war für Merkel geprägt durch die NSA-Affäre und das Ausspionieren und Abhören deutscher Politiker*innen. Die USA habe ihr damit gezeigt, dass Freund und Feind nicht immer so leicht zu unterscheiden seien: "Ich habe, seitdem wir über die NSA sprechen, auch immer wieder gegenüber dem amerikanischen Präsidenten deutlich gemacht: Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht."
Dabei hatte sie nur Monate zuvor in einer gemeinsamen Presseerklärung mit Barack Obama verlauten lassen: "Das Internet ist für uns alle Neuland." Weiter ging das meist verkürzt wiedergegebene Zitat mit: "...es ermöglicht auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung, mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen."
In Erinnerung an den Mauerfall, der sich 2014 zum 25. Mal jährte, sagte Merkel damals auf einem CDU-Parteitag: "Am Abend des 9. November habe ich mich noch einmal selbst in den Arm gezwickt und überlegt: Wo kommst du her? Was ist möglich geworden? – Ich kann nur sagen: Es ist ein Glück, ein großes Glück. Ein Glück, dass wir die deutsche Einheit erleben konnten, ein Glück, dass wir die friedliche Revolution erleben konnten, ein Glück, dass wir in einem wiedervereinigten Deutschland leben, ein Glück, dass dieses wiedervereinigte Deutschland in eine Europäische Union eingebettet ist, die in Frieden und Sicherheit leben kann."
Ihr größtes Vermächtnis
Ihr wohl größtes Vermächtnis liegt in dieser Aussage aus dem Jahr 2015 zur damals bevorstehenden Migrationskrise: "Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das! Wir schaffen das, und wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden."
Vor ihrer aktuellen, letzten, Bundeskanzler*innenkandidatur sagte Merkel im November 2016: "Ich habe sprichwörtlich unendlich viel darüber nachgedacht."
Sie hätte sich im Jahr 2017 sicher eine größere Bühne für diesen Satz suchen können, mit dem sie recht schonungslos Bilanz zog nach dem damals aktuellen G7-Gipfel im Beisein von Donald Trump: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei." Sie ergänzte das noch mit: "Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen."
Nicht mehr Parteivorsitzende
Als Merkel 2018 den Parteivorsitz abgab, der für sie bis dahin untrennbar mit der Kanzlerinnenschaft verbunden war, sagte sie damals auf ihrer Abschiedsrede: "Für meine Verbundenheit mit der Partei brauche ich keinen Parteivorsitz – und Bundeskanzlerin bin ich ja auch noch."
2019 wurde Angela Merkel 65 Jahre alt, dazu sagte sie: "Zwar ist der 65. nicht ganz so markant wie der 60. oder der 70. Geburtstag. Er bedeutet aber auch, dass man nicht jünger wird. Aber erfahrener. Vielleicht. Alles hat seine gute Seite."
Als die Coronavirus-Pandemie Deutschland erreichte, wandte sich Merkel in einer ihrer seltenen Fernsehansprachen an ihr Volk: "Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst. Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt."
Sehr selten im Politiker*innen-Sprachgebrauch: die Entschuldigung. Die musste Angela Merkel dieses Jahr im März auf einer Pressekonferenz anlässlich der von ihr geplanten, dann kurzfristig gekippten, "Osterruhe" bemühen: "Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler."
Die Merkeljahre waren und sind, das zeigen einige der ausgewählten Zitate, von Krisen geprägt: Finanzkrise, Migrationskrise, Fukushima, Coronavirus-Pandemie. Deshalb, auch wenn sie das noch nicht so offen und klar formuliert hat, wird sich die Kanzlerin mit Sicherheit auf ihren politischen Ruhestand freuen. Und der kommt, nach ganzen 16 Jahren, sicherlich auch nicht zu früh.
Video: "Es war mir eine Freude" – Merkel zieht Bilanz