Wahlkampf absurd: Bei Anne Will zeigt sich die neue Strategie der AfD

In der Runde fehlten diesmal Vertreter von den Grünen und der Linkspartei. (Bild: dpa)
In der Runde fehlten diesmal Vertreter von den Grünen und der Linkspartei. (Bild: dpa)


In der ersten Ausgabe nach der Sommerpause ging es in der Talk-Sendung von Anne Will um eine Person, die gar nicht geladen war: Angela Merkel. Die schärfste Kritik an der Kanzlerin kam an diesem Abend allerdings nicht von der AfD, sondern von ungewohnter Seite.

Es war ein gewöhnungsbedürftiges Bild, das die Zuschauer am Sonntagabend im Ersten geboten bekamen: Bei der aus der Sommerpause zurückgekehrten Anne Will saßen vier Politiker, darunter aber keine Vertreter der Grünen oder der Linken. Dabei hätten sich am Thema der Sendung Vertreter aller Parteien abarbeiten können: „Merkel oder Merkel – Hat Deutschland nur diese Wahl?“ Die vier geladenen Politiker sorgten für reichlich absurde Momente.

Gleich zu Beginn wurde es schräg: Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, wählte einen Fußballvergleich, den er seinem Gegenüber Christian Lindner um die Ohren haute: Die FDP juble jede Woche über Umfrageergebnisse. „Sie müssen aufpassen, Herr Lindner, dass es Ihnen am Ende nicht geht wie dem HSV. Wenn man zu früh und zu lange jubelt, dann kann man sich verletzen und kann für den Rest der Saison leicht ausfallen.“

Kenntnisreich grätschte Anne Will hinein: „Nun ist der HSV aber, wie Sie wissen, nie abgestiegen. Insofern, was soll der Vergleich?“ Oppermann ignorierte den Kommentar der Moderatorin, ging nun aber auf Nummer sicher: „Das Rennen ist offen“, Schulz sei „ein hochmotivierter Kandidat“, man könne in den nächsten Wochen „noch viel bewegen.“

Alice Weidel von der AfD blieb bei der Diskussion auffällig ruhig. (Bild: dpa)
Alice Weidel von der AfD blieb bei der Diskussion auffällig ruhig. (Bild: dpa)

Fast schon besonnen trat an dem Abend jedoch die AfD auf, diesmal vertreten durch Spitzenkandidatin Alice Weidel. Auf Anne Wills Frage, ob sie denn ihre Aussage, Merkel sei eine Extremismus-Kanzlerin, ernst meine, ging die ehemalige Unternehmensberaterin lange nicht ein. Stattdessen erinnerte sie daran, dass es im Wahlkampf nicht um Parteien, sondern um die Bürger gehe. Später kam Weidel doch noch auf ihr Extremismus-Zitat zu sprechen: Angesichts der Szenen beim G20-Gipfel könne man Angela Merkel sehr wohl als „Extremismus-Kanzlerin“ bezeichnen. „Dazu stehe ich“, sagte die 38-Jährige.

Dass die AfD auf „rhetorische Eskalation“ setzt, weiß auch Christian Lindner. „Ansonsten ist die AfD damit beschäftigt, sich untereinander zu streiten, sich untereinander bis aufs Messer zu bekämpfen. Das Einzige, was sie bisher nicht geleistet haben, ist irgendwelche inhaltlichen Alternativen in die Debatte einzubringen.“ Lindner möchte der AfD nicht das Monopol der politischen Alternative überlassen, das können auch andere Parteien – vor allem seine eigene – leisten.

In der aktuellen Sendung hielt sich AfD-Politikerin Weidel dann aber weitgehend zurück, wurde nicht laut, unterbrach kaum und verstieg sich nicht in Wortgefechte. Eine neue Strategie der AfD kurz vor dem Wahlkampf? Der Laute war diesmal FDP-Mann Lindner. Am Ende der Sendung schrie er im Alleingang die Koalitionspartner Thomas Oppermann und Volker Kauder nieder. Nachdem es lange um den aktuellen Diesel-Skandal ging, teilte Lindner dann noch heftig gegen die Regierungspolitik bezüglich der offenen Grenzen aus.

Als Anne Will die Streithähne schließlich mit den Worten „Man versteht gar nichts mehr“ beruhigen will, ergänzt Lindner: „Das können Sie auch im Bundestag haben.“ Damit hatte er die Lacher des Publikums auf seiner Seite.

Fazit: Ein lustiger FDP-Chef, eine handzahme AfD-Vertreterin, ein CDU-Mann im Verteidigungsmodus und ein SPD-Fraktionschef, dessen stärkstes Argument ein schräger Fußballvergleich war. Wahlkampf absurd!