"25 Jahre ist genug": Aufklärung des Brandanschlags von Lübeck gefordert

Löscharbeiten am Morgen nach dem tödlichen Brandanschlag von Lübeck (Bild: AP Photo/Michael Probst)
Löscharbeiten am Morgen nach dem tödlichen Brandanschlag von Lübeck (Bild: AP Photo/Michael Probst)

25 Jahre nach dem tödlichen Brandanschlag in Lübeck hat die “Initiative Hafenstraße'96” mit Überlebenden auf einer Gedenkveranstaltung am Tatort der zehn Todesopfer gedacht und die Aufklärung der Tat gefordert.

“Es gibt einen Grund, warum ich heute mit meinen 27 Jahren hier stehe - das Todesalter meiner Mutter. Ich stehe hier, um für Gerechtigkeit zu kämpfen. Ich stehe hier und fordere Gerechtigkeit für meine Familie. Familie El Omari, Familie Amoussou, Familie Makudila und Familie Bunga”, sagte Esperanca Bunga, die als Zweijährige von ihrem Vater aus dem brennenden Haus gerettet wurde. Ihre Mutter und eine ihrer Schwestern kamen ums Leben. “25 Jahre ist genug. We need to fight, people, fight for justice”.

Andere Redner erinnerten auf der auch online übertragenen Mahnwache am Montagabend an die vier Verdächtigen aus der rechten Szene, gegen die nie weiter ermittelt wurde.

Bei dem Brand in der Nacht auf den 18. Januar 1996 wurden in dem Asylbewerberheim in der Hafenstraße zehn Bewohner getötet, sieben von ihnen waren Kinder und Jugendliche. Die anderen Hausbewohner, 38 Menschen, erlitten unterschiedlich schwere Verletzungen. Die Opfer stammten aus Angola, Togo, Zaire (der heutigen Demokratischen Republik Kongo) und dem Libanon, die jüngeren Kinder waren in Deutschland geboren.

Die Polizei hatte am nächsten Morgen in der Nähe des Tatorts vier als rechtsextrem bekannte Jugendliche festgenommen, von denen bekannt war, dass sie am Vorabend Benzin gekauft hatten und von denen drei versengte Haare aufwiesen. Aufgrund eines Alibis, das sich später als wenig belastbar erwies, wurden sie freigelassen.

Angeklagt wurde trotz dünner Beweislage ein Bewohner der Unterkunft, der nach Aussage eines Sanitäters unmittelbar nach dem Feuer die Brandstiftung gestanden haben soll. Diese Zeugenaussage sowie die komplette Beweisführung der Staatsanwaltschaft erwiesen sich unhaltbar, der Mann wurde in zwei Instanzen freigesprochen. Gegen die rechten Jugendlichen wurde auch dann nicht weiter ermittelt, als einige von ihnen bei verschiedenen Gelegenheiten Teilgeständnisse ablegten.

Die “Initiative Hafenstraße'96” wirft heute den Behörden einseitige Ermittlungen zulasten eines der Opfer vor und fordert in einer Petition die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag von Schleswig-Holstein, die Anerkennung des Brandes als rassistischem Anschlag und eine Verankerung des Gedenkens daran in der Erinnerungskultur der Stadt Lübeck.

“Spätestens die Aufarbeitung des NSU-Komplexes lehrt uns, die Gefahr der Täter-Opfer-Umkehrung und der Nicht-Verfolgung von rassistischen Tatmotiven ernst zu nehmen”, schreibt die Initiative. “Nach wie vor sind viele Fragen zu dem Geschehen in der Nacht auf den 18.01.1996 und zu den darauffolgenden Ermittlungen offen.”