260 Millionen täglich: Wie Europas Öl-Importe Putins Krieg finanzieren

Noch schrecken die EU-Länder vor einem Importstopp russischer Energieressourcen zurück. Dabei zeigt eine neue Studie, wie empfindlich dies die russische Wirtschaft treffen würde.

Die PCK Raffinerie in Schwedt wird über die russische
Die PCK Raffinerie in Schwedt wird über die russische "Freundschaft"-Pipeline mit Rohöl versorgt. Deutschland ist abhängig von russischem Öl und unterstützt damit indirekt den Krieg in der Ukraine. (Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke)

Der US-amerikanische Präsident Joe Biden erklärte am Dienstag, die USA wolle mit sofortiger Wirkung kein russisches Öl mehr importieren. Damit läutete Biden den nächsten Schritt der Sanktionen gegen Russland ein, um Wladimir Putin zu einer Beendigung des Ukraine-Krieges zu zwingen. Auch wenn der Preis hoch wäre, könnte diese Maßnahme auch für die EU-Staaten ein wirksamer Hebel sein. Denn neue Zahlen zeigen, in welchem Maße der Energie-Handel europäisches Geld in die russische Staatskasse spült und so auch die Invasion in die Ukraine mitfinanziert.

Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Der Thinktank "Transport & Environment" (T&E) widmet sich in seinen Studien und Kampagnen normalerweise dem Ziel, eine emissionsfreie Mobilität voranzutreiben. Mit dieser Expertise untersuchten die Fachleute nun die europäische Abhängigkeit von russischem Öl. Die Zahlen, die sie in ihrer Analyse veröffentlichen, sprechen eine deutliche Sprache. Allein aus europäischen Ländern erhalten russische Unternehmen und damit einhergehend auch der russische Staat täglich mehr als 260 Millionen Euro für Öl-Lieferungen.

Europa im Energie-Würgegriff

Im gesamten vergangenen Jahr zahlten die Europäer eine Summe von 95 Milliarden Euro allein für Rohöl, Benzin und Diesel. Das ist mehr als doppelt so viel, wie die 39 Milliarden, die noch einmal für Gaslieferungen dazu kamen. Nach der Annexion der Krim 2014 erhöhten die europäischen Länder ihre Öl-Bestellungen aus Russland sogar noch einmal. Diese Abhängigkeit hält William Todts, der Direktor des Thinktanks, für extrem gefährlich. Dieser Energie-Würgegriff Russlands und anderer Länder, die gegen Menschenrechte verstoßen, unterstreiche die dringende Notwendigkeit, sich noch stärker erneuerbaren Energien zuzuwenden, so Todts gegenüber dem britischen Guardian.

Währenddessen droht man in Russland mit weiter steigenden Öl-Preisen. Der Preis pro Barrel liegt aktuell bereits bei fast 140 US-Dollar und damit auf dem höchsten Niveau seit 2008. Ein Importstopp könne den Preis bis auf 300 US-Dollar hochtreiben, warnt der russische Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak in Richtung EU. Klar ist aber auch, schon die bisherigen Sanktionen treffen die russische Wirtschaft, doch kaum etwas würde sie so ins Wanken bringen, wie ein großflächiger Öl-Importstopp.

Deutschland ist größter Abnehmer

Auch Großbritannien schließt sich den USA an und will bis zum Ende des Jahres kein Öl mehr aus Russland importieren. Ähnlich wie die US-Amerikaner sind die Briten aber nicht in großem Maße von russischen Energiestoffen abhängig. Großbritannien deckt aktuell etwa acht Prozent der eigenen Nachfrage mit russischem Öl, beim Gas sind es sogar lediglich vier Prozent. Deutschland bezieht fast 30 Prozent seines Ölbedarfes aus Russland, Länder wie Finnland oder Polen sogar etwa zwei Drittel, wie die T&E-Analyse feststellte. Mit 21,5 Milliarden Euro zahlte Deutschland im vergangenen Jahr am meisten für russisches Öl, dahinter folgten Polen (13,4 Milliarden) und die Niederlande (10,4 Milliarden). Ein Importstopp wäre finanziell schmerzhaft, da kurzfristig Ersatz eingekauft werden müsste.

Doch auch wenn die EU sich aufgrund der hohen Abhängigkeit bisher nicht zu Sanktionen gegen Öl-Importe durchringen konnte, ist das Thema nicht vom Tisch. Frans Timmermans, Vize-Präsident der Europäischen Kommission, kündigte an, dass alle Optionen geprüft würden. "Dem barbarischen Verhalten, das Putin in der Ukraine zeigt, muss mit Entschlossenheit begegnet werden", so Timmermans am Montag. Dazu gehörten auch Maßnahmen, die ihn wirklich träfen, "auch wenn sie uns ebenfalls wehtun".

Im Video: EU verschärft wegen Ukraine-Kriegs Sanktionen gegen Russland und Belarus