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30 Jahre "Spiegel TV" - ein Format feiert sich selbst

Am 8. Mai 1988 ging Spiegel TV das erste Mal um 21.50 Uhr bei RTL auf Sendung. Das 30-jährige Jubiläum beging Spiegel TV bereits mit mehreren Sondersendungen. So auch an diesem Sonntagabend – als Spiegel TV-Reporter in kurzen Sequenzen von ihren interessantesten Recherchen erzählten. Da gab es spannende Geschichten, aber auch gravierende journalistische Fehler.

Spiegel TV wird 30. Maria Gresz ist schon seit Anfang an dabei. Foto:MG RTL D
Spiegel TV wird 30. Maria Gresz ist schon seit Anfang an dabei. Foto:MG RTL D

45 Minuten lang zeigte Spiegel TV kleine Sequenzen über spannende Geschichten – kommentiert von den dazugehörigen Redakteuren. Den Leuten also, die hinter der Kamera stehen und all jene Storys recherchieren, die Moderatorin Maria Gresz dann zeigen darf.

So ein Blick hinter die Kulissen ist natürlich immer spannend, besonders für die meisten Menschen, die vor dem TV sitzen und sich im Journalismus nicht so gut auskennen. Für andere ist es ebenfalls interessant, aber es tun sich auch gravierende Fehleinschätzungen und eine teilweise hohe Arroganz der Spiegel-Journalisten auf.

Auch Spiegel-Journalisten begehen Fehler

Zum Beispiel als Maria Gresz, die schon seit 1988 bei Spiegel TV ist, 1994 die damalige Umweltministerin Angela Merkel für zwei Tage begleiten sollte. Bereits nach einem Tag hatte sie genug. Die Termine zum Kaffeetrinken am Nachmittag auf dem Dorf oder traditionelles Schnapstrinken reizten die Redakteurin Gresz so wenig, dass sie ihren Vorgesetzten anrief und sagte, sie wolle auf keinen Fall diese Frau noch weiter begleiten: “Aus der wird doch eh nichts”, hatte Gresz damals gesagt. Heute weiß sie natürlich, dass das ein Fehler war. Trotzdem sagt dieses Beispiel auch viel über ein eigenartiges Selbstverständnis aus. Wie kann sich jemand anmaßen, so lange im Voraus zu urteilen, dass aus diesem oder jenem nichts wird? Und ist es dann wirklich weniger wichtig, über ihn zu berichten? Auf der Suche nach einer spannenderen, besseren Geschichte, vertat Maria Gresz auf arrogante Art und Weise die Chance, die spätere Kanzlerin schon frühzeitig kennenzulernen.

Auch ihr junger Kollege Henrik Neumann, der seit 2016 beim Spiegel arbeitet, hat eine sehr hohe Meinung von seiner Arbeit. Er begleitet Polizisten dabei, wie sie Autos auf Drogen kontrollieren. In einem der Fahrzeuge sitzt der Rapper Ufo361, der dem Journalisten den Rat gibt: “Such dir einen besseren Job.” Nachdem er wieder abfährt postet er auf Instagram ein Freudenvideo, in dem er erzählt, dass die doofen Polizisten seine Drogen nicht gefunden haben. “Aber wir haben das Video aus dem Internet herausgegraben”, sagt Neumann. “Ich meine, wir finden halt alles. Wir sind Spiegel TV.” Der Rechercheschritt zu Instagram ist aber nicht so groß, wie man meinen könnte. Den hätte vielleicht auch jemand von den “Hinterposemuckler Nachrichten” gemacht.

Assmann über den Tod eines jungen Soldaten

Aber es gibt auch echt anrührende Geschichten. Karin Assmann, seit 1991 bei Spiegel TV, berichtet vom Tod eines jungen Soldaten 2009: “Die Geschichte ließ sich deshalb gut erzählen, weil er ein Videotagebuch hinterlassen hatte, das den Alltag und die Langeweile zeigte, die die jungen Männer verspürt haben.” Immer nach einem Vorfall schaltet der Soldat, den alle Jackie nennen, die Kamera ein. So auch als einem Kamerad “von einer Granate der Schädel weggerissen” wird. Sechs Monate nach seinem Einsatz nimmt er sich vor den Augen seiner Freundin das Leben. Wie mitgenommen auch die langjährige Journalistin Assmann davon ist, ist ihr anzusehen.

Grenzen der freien Presse

Felix Kasten hingegen machte unangenehm von sich Reden. Seit 2002 ist er bei Spiegel TV und hat kurz vor einem Radrennen die Sportler gefragt: “Hast du heute schon gedopt?” Der Verdacht war zu diesem Zeitpunkt naheliegend, da unzählige Dopingfälle ans Licht kamen. Doch trotz eventuellen Dopings spricht Kasten mit so einer Frage natürlich den Sportlern auch ihr hartes Training voller Entsagungen ab. Kein Wunder, dass die sehr gereizt reagieren: “Du bist einfach ein dummer Idiot”, sagt einer. Kasten aber ist enttäuscht, dass selbst seine Kollegen solche Fragen nicht gut fanden. Das liegt vielleicht daran, dass derartig provokante Fragen hart an der Grenze zum Boulevard sind.

Trotzdem zeigen andere Recherchen der Spiegel TV-Journalisten, wie schwierig und gefährlich es werden kann, wenn sich das Subjekt der Reportage völlig verweigert und handgreiflich wird. Roman Lehberger berichtet schon seit einigen Jahren über die Roma-Familie Gomann, die nicht nur den Enkeltrick für sich perfektioniert hat, sondern auch in allerlei anderen kriminellen Geschäften steckt. Auf seinen Recherchen wird er bespuckt, beschimpft, geschlagen, mit einem Hammer beworfen und sein Auto mit Colaflaschen malträtiert. Dass so etwas in Deutschland möglich ist, ist immer wieder erschreckend und zeigt die Grenzen der freien Presse auf. Dass sich die Spiegel-Reporter hier nicht unterkriegen lassen und weiter solchen Themen nachgehen, wünscht man sich auch für die Zukunft.