35 Jahre ohne Kontakt! "Goodbye Deutschland"-Auswanderin ist nach Treffen mit Vater verstört
Jessica Wessendorfs Umzug in die USA war kein freiwilliger, wie die VOX-Doku zeigte. Doch bot die Versetzung von Ehemann Mike Doyle für die "Goodbye Deutschland"-Auswanderin womöglich die Chance, nach Jahrzehnten ihren leiblichen Vater wiederzusehen? Der drückte sich zunächst vor einem Treffen ...
Selbst ohne Eltern und mit wenig Liebe aufgewachsen, hat sich "Goodbye Deutschland"-Auswanderin Jessica Wessendorf (38) zu einem erstaunlich empathischen Menschen entwickelt, wie die aktuelle der VOX-Doku zeigte. Zwar gab es viel Streit mit Ehemann Mike Doyle (33), der allerdings vor allem der Anspannung geschuldet war: Der US-Amerikaner, der bei der Air Force arbeitet, war nach Puyallup in die Nähe von Seattle versetzt worden.
Ohne ihn wollte Jessica nicht sein und so hatte sie sich schweren Herzens entschlossen, ihrem Heimatort Herrschberg in Rheinland-Pfalz den Rücken zu kehren und ihm mit den gemeinsamen Kindern Phoenix (3) und Aurelius (1) in die USA zu folgen. Leben würden alle zunächst bei Mikes Mom und Dad, die auch für Jessica zu liebevollen Ersatzeltern geworden waren. Seit sie die Doyles kenne, verstehe sie "immer mehr, wie toll das ist, wenn man nicht tiefer fällt als in den Schoß der eigenen Familie."
"Goodbye Deutschland": Zwölf Jahre Haft wegen Totschlags an Kleinkind
Als Tochter einer ausgewanderten Deutschen und eines US-Amerikaners war sie selbst in Arizona auf die Welt gekommen. Ihre mittlerweile an einer Überdosis verstorbene Mutter war heroinabhängig gewesen und hatte gedealt. Nach deren Verhaftung kamen die damals Dreijährige und ihre Schwester in ein Kinderheim und schließlich nach Deutschland zur Großmutter.
Den Kontakt zum Vater hatte bereits die Mutter verweigert, auch die Oma ließ kein gutes Haar an ihm. Denn er hatte wegen Totschlags an einer knapp Zweijährigen zwölf Jahre im Gefängnis gesessen. Mit dessen Mutter hatte er zusammengelebt und auf das Kind aufgepasst, als er eine Klapperschlange entdeckte, diese aufhob und der Kleinen zeigte, ihr laut Zeitungsbericht sogar um den Hals legte. Als die Mutter das entdeckt hatte, hatte sie ihr Kind greifen wollen, wodurch die Schlange unruhig wurde und zubiss. Das Mädchen starb. "Sein ganzes Leben ruiniert" habe dieser Vorfall, so Jessica.
"Mitleid mit dem Kind, das ich damals war"
Immer wieder hatte sie seither den Kontakt zu ihm gesucht. "Ich muss den einfach noch einmal treffen und paar Sachen klären und einfach mal fühlen. Nicht nur hören, sondern ich muss mal fühlen, wer das ist", erklärte sie ihre Motivation. Sie wolle begreifen, wie man sich nicht um seine Kinder kümmern könne: "Ich hab' halt wahnsinnig Mitleid mit dem Kind, das ich damals war."
Doch ihr alkoholsüchtiger Vater scheute die direkte Konfrontation, hatte ständig Ausreden und offensichtlich starke psychische Probleme. Immerhin mit ihrer Tante Diana Sturzl (54), seiner Schwester, bei der er lebte, stand sie in Verbindung und plante nun mit ihr einen Überraschungsbesuch.
Begleitet von Schwiegerpapa Mike (56) und ihrer extra angereisten Freundin Celine Lill (25) flog und fuhr Jessica nach Tomahawk in Wisconsin, wo die sichtlich bewegte Diana sie herzlich willkommen hieß. Vater Darrell Wessendorf (56) blieb zunächst in seinem Wohnwagen. "Ich weiß genau, wie er sich gerade fühlt", zeigte Jessica viel Verständnis. "Ich hatte eine Sozialphobie für ein paar Jahre - ich kann das schon nachvollziehen."
"Nicht verstanden, warum mich niemand liebt"
Nach über einer Stunde aber war es doch so weit: Darrell tauchte auf! Trotz der kurzen Umarmung verlief das Wiedersehen zu Jessicas Enttäuschung jedoch eher emotionslos. Er habe gehofft, Jessica würde schon mit 18 auftauchen, klagte der Vater. Das habe sie sich finanziell nicht leisten können, erklärte die. Andersrum hatte Jessicas Oma einst Darrells Briefe und Anrufe abgefangen. "Meine Großmutter war nicht nett", bestätigte Jessica sachlich. Sie sei "ein gutes Kind gewesen" und habe nicht verstanden, "warum mich niemand liebt".
Wirklich heftige Gefühle brachen aus Jessica erst heraus, als sie die offenen Wunden am Körper von Darrells Hündin entdeckte. Weil das Geld fehlte, hatte man diese bislang nicht versorgt. Schluchzend bestand die Auswanderin nun darauf, sie zum Tierarzt zu bringen, und übernahm die Kosten: "Tiere gehen bei mir vor. Sind die besseren Menschen", nannte sie ihre Devise. Ihrem Vater jage sie ab sofort "nicht mehr hinterher. Er weiß, dass ich existiere, und er hat eine reale Chance, in Kontakt mit mir zu bleiben. Ich glaube nicht, dass er so doof ist und sich das jetzt versaut."