650 Neonazis provozieren in Bautzen - „War martialisch“: Nach rechtem Aufmarsch gegen CSD keilt Organisator gegen Politik

Innenminister Schuster verurteilt die rechten Proteste beim CSD in Bautzen am Wochenende.<span class="copyright">Sebastian Willnow/dpa</span>
Innenminister Schuster verurteilt die rechten Proteste beim CSD in Bautzen am Wochenende.Sebastian Willnow/dpa

Nach dem Aufmarsch von rund 650 Rechtsextremisten gegen den „Christopher Street Day“ in Bautzen wirft der Veranstalter Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) eine „Verdrehung der Tatsachen“ vor. Schuster hatte zuvor gesagt, die Gegendemo sei „keine sächsische Veranstaltung gewesen“.

Zwei Tage nach dem „Christopher Street Day“ (CSD) in Bautzen nimmt die Empörung über die Gegendemonstration von rund 650 Rechtsextremisten zu. In sozialen Medien kursieren mehrere Videos, die einen aggressiven, rechten Mob zeigen, der unter anderem ausländerfeindliche Parolen skandiert und Teilnehmer aus den eigenen Reihen auffordert, Regenbogenfahnen zu verbrennen.

Rund 1000 Teilnehmer hatten an dem CSD am Samstag teilgenommen, der durch Bautzens Innenstadt zog. Organisator Jonas Löschau zeigte sich trotz der massiven Gegendemo zufrieden mit dem Ergebnis. „Aus unserer Sicht haben wir unser Ziel erreicht, nämlich zu zeigen, dass Solidarität mit Minderheiten gewinnt. Wir sind natürlich froh, dass ein Übergreifen der Gegendemonstranten auf den CSD-Zug von der Polizei verhindert werden konnte“, sagte der 24-Jährige, der in Bautzen für die Grünen im Stadtrat sitzt, auf Anfrage von FOCUS online.

„Aggressiv und gewaltbereit - es war martialisch“

Die Organisatoren hätten im Vorfeld zwar „aufmerksam in sozialen Medien verfolgt“, wie in rechtsextremen Netzwerken gegen den Bautzener CSD Stimmung gemacht wurde und dazu aufgerufen worden sei, nach Bautzen zu fahren. „Doch mit so vielen Gegendemonstranten hatten wir nicht gerechnet“, sagte Löschau. Am ersten CSD in Bautzen im vergangenen Jahr hätten rund 350 Teilnehmer des CSD rund 60 rechtsextremem Gegendemonstranten gegenübergestanden.

Er selbst habe die Neonazis als „aggressiv und gewaltbereit“ wahrgenommen. „Der Aufmarsch war schon martialisch.“ Doch bis auf eine „zu starke Annährung der Rechtsextremen“ kurz nach dem Start an den CSD-Zug, die von der Polizei nach einiger Zeit ausgebremst worden sei, habe es keinerlei kritische Momente gegeben, so Löschau.

Veranstalter kritisiert Sachsens Innenminister scharf

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) bezeichnete die Proteste rechter Gruppen beim CSD als „grauenhaft“ und erklärte in „Sachsen TV“ , dass die Sicherheitsbehörden auch bei kommenden CSD-Veranstaltungen wachsam sein würden. „Unser Ziel war, dass der CSD ungestört stattfinden kann. Ich will mich beim Veranstalter bedanken, der auch die Polizei gelobt hat“, so Schuster.

Für einen anderen Satz handelte sich der Innenminister allerdings scharfe Kritik vom CSD-Veranstalter ein. „Wir hatten enorme Anreisen aus vielen Bundesländern. Das ist keine sächsische Veranstaltung gewesen. Es wabert so ein bisschen: Typisch Sachsen. Nein, nicht typisch Sachsen!“, hatte Schuster „Sachsen TV“ gesagt.

„Verdrehung der Tatsachen ins Gegenteil“

Laut Löschau sei dies hingegen jedoch „eine absolute Verdrehung der Tatsachen“ ins Gegenteil. „Wir kennen die Rechtsextremen, die aus Bautzen und Umgebung kommen. Und mehrere Hundert von ihnen waren am Samstag dabei.“ Zwar könne er Schusters Erklärung mit Blick auf die Landtagswahl am 1. September verstehen. „Aber der Innenminister verkennt dabei völlig, dass das, was wir am Samstag in Bautzen gesehen haben, hier bei uns vom Prinzip her ein Dauerzustand ist.

Seit langem gebe es in Bautzen „keine einzige Veranstaltung der queeren Szene mehr, bei der wir nicht ganz genau abwägen müssen, wo wir wann was machen können, ohne ein Übermaß an Beleidigungen und Bedrohungen aus der rechtsextremen Ecke zu mobilisieren“, ergänzte Löschau. Es sei „geradezu fatal, dieses Problem einfach als etwas zu definieren, was außerhalb von Sachsen zu uns gekommen ist, was nicht 'typisch sächsisch' sei. Das stimmt leider nicht.“

“Es geht Rechten um Abschaffung der Demokratie"

Die Gegendemo habe zudem „klar gezeigt“, dass es den Rechtsextremisten keinesfalls nur um das Bekämpfen von Minderheiten ginge. „Allein die Rufe 'Ausländer raus' zeigen doch, dass es hier um einen größeren Kontext geht, nämlich die Abschaffung der Freiheit und Demokratie. Das ist, was die Öffentlichkeit als zentrale Botschaft, als Fazit vom CSD in Bautzen mitnehmen sollte“, erklärte Löschau.