9/11-Anschläge: Was wusste George W. Bush wirklich?

Hätten die Anschläge vom 11. September verhindert werden können? Elf Jahre nach dem Attentat sprechen aktuelle Enthüllungen dafür, dass der damalige US-Präsident George W. Bush von entsprechenden Plänen des Terrornetzwerks El Kaida mehr wusste, als bislang bekannt war. Trotz mehrerer Warnungen wurden jedoch keine Maßnahmen getroffen. 

Im Frühjahr 2001 soll George W. Bush erste Warnungen bezüglich eines möglichen bevorstehenden Terrorakts erhalten haben. Am 1. Mai 2001 habe der US-Geheimdienst CIA dem Weißen Haus einen entsprechenden Bericht vorgelegt. In dem stand offenbar, dass „eine Gruppe, die sich zurzeit in den USA aufhält“ einen terroristischen Anschlag plane. Bei einer Lagebesprechung  am 22. Juni 2001 soll erklärt worden sein, dass eine Attacke unmittelbar bevorstehen könne. Ein genauer Zeitrahmen sei jedoch nicht genannt worden. Details aus entsprechenden Schriftstücken machte „The New York Times“ anlässlich des elften Jahrestags der Katastrophe nun erstmals öffentlich. Sie sollen belegen: Die Bush-Regierung wurde insgesamt siebenmal auf drohende Attentate aufmerksam gemacht.

Bereits bekannt war, dass Bush im Sommer 2001 auf mögliche Pläne zu den Anschlägen hingewiesen worden war. Im Jahr 2004 veröffentlichte das Weiße Haus das dazugehörige Briefing. Am 6. August 2001 erhielt der Präsident demnach einen detaillierten Überblick über das drohende Szenario: Anhänger des El-Kaida-Anführers Osama bin Laden planten einen Sprengstoffanschlag samt Flugzeugentführungen. „Bin Laden entschlossen, in den USA zuzuschlagen“, so der Titel des Berichts. Nur wenige Wochen später wurde aus ernstzunehmenden Warnungen bittere Realität: Beinahe 3.000 Menschen kamen bei den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 ums Leben.

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Trotz der mehrmaligen Warnungen seitens der CIA reichten Bush die angeführten Indizien offensichtlich nicht aus. Er soll mehr Informationen verlangt haben, um Vorkehrungen zu treffen. Außerdem sollen führende Neokonservative des Pentagons im Juni 2001 angemerkt haben, dass der Geheimdienst getäuscht worden sei. Sie nahmen offenbar an, dass Bin Laden einen Angriff lediglich vortäusche, um die USA von den Machenschaften des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein abzulenken. Selbst als der Geheimdienst CIA in weiteren Meldungen aus dem engsten Kreise Osama Bin Ladens zitierte, zeigte das bei der US-Regierung offenbar keine Wirkung.

Die Ignoranz der Regierung hätte den Geheimdienst zunehmend frustriert und verärgert, so „The New York Times“. Bei einem der Treffen soll ein Angestellter sogar die Versetzung seines Teams verlangt haben, um im Falle eines Anschlags nicht zur Verantwortung gezogen werden zu können.

Nach dem Attentat auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 ließ das Weiße Haus verlauten, dass es von der CIA keinerlei Warnungen bezüglich Zeitpunkt und Ort der Anschläge erhalten habe. Hingegen: Durch eine sensiblere Alarmbereitschaft seitens der Regierung hätte der Terrorakt möglicherweise verhindert und zahlreiche Menschenleben gerettet werden können.

Trotz der Brisanz der aktuellen Enthüllungen hält George Pataki, damaliger Gouverneur des Bundesstaates New York, die Aufregung für unangebracht. Schließlich habe Präsident Bush nach den Anschlägen einen genialen, effektiven Führungsstil bewiesen, erklärte er gegenüber „msnbc“.


Videografik: Die Anschläge vom 11. September

VIDEOGRAFIK: 9/11 - die Terroranschläge vom 11. September 2001