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Abendessen für 8000 Euro, teure Dienstwagen, Luxus-Hotels: Geheimbericht mit schweren Vorwürfen gegen Top-Manager des Fraunhofer-Instituts

Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft ist schon in der Vergangenheit mit hohen Übernachtungskosten aufgefallen. - Copyright: picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa | Bernd von Jutrczenka
Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft ist schon in der Vergangenheit mit hohen Übernachtungskosten aufgefallen. - Copyright: picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa | Bernd von Jutrczenka

Die Fraunhofer-Gesellschaft gehört zu den größten Forschungsinstituten Deutschlands – und verfügte 2021 über ein üppiges Budget von 2,9 Milliarden Euro. Rund ein Drittel davon wird auch aus Steuergeldern von Bund und Ländern finanziert.

Ein Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) vom 3. Februar 2023, der Business Insider vorliegt, zeigt nun, wie verschwenderisch die Vorstandsmitglieder das Geld der Fraunhofer-Gesellschaft zwischen den Jahren 2016 bis 2021 ausgegeben haben. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" darüber berichtet.

Die Vorwürfe der Rechnungsprüfer reichen von üppigen Geburtstagsessen für ein Vorstandsmitglied in Höhe von 8000 Euro oder angeschafften Dienstfahrzeugen der Oberklasse wie zum Beispiel einen Audi A8. Bis hin zu teuren Hotelübernachtungen, weit über dem Kostenlimit bis zu 663 Euro pro Nacht in Österreich oder Kosten von mehreren tausend Euro, bei denen sich ein Vorstandmitglied von dessen Lebenspartner oder -partnerin begleiten ließ.

Das Bundesforschungsministerium soll seit Jahren schon aus vergangenen Prüf-Berichten davon wissen – doch offenbar bislang ohne Konsequenzen für die Vorstandmitglieder. Seit vergangenem Freitag liegt der aktuelle Bericht nun dem Haushaltsausschuss im Bundestag vor.

Die Liste der Vorwürfe der Rechnungsprüfer ist lang

Auf den 61 Seiten des Berichts listen die Rechnungsprüfer unter anderem folgendes auf. Die betroffenen Vorstandsmitglieder wurden auf Wunsch der Fraunhofer-Gesellschaft anonymisiert und werden deshalb nachfolgend nur X, Y und Z genannt.

Übernachtungskosten

  • Das Vorstandsmitglied X soll 2019 bei 37 von 37 Reisen die vorgegebenen Kosten-Obergrenzen überschritten haben. Es entstanden allein für diese Person damit 12.297 Euro Zusatzkosten. Zum Vergleich: Für Vorstand Y und Z fielen bei der Überschreitung des zulässigen Kostenrahmens 3.736 Euro und 1.411 Euro an.

    Darunter fielen Übernachtungen für rund 365 Euro pro Nacht in Rostock (die Obergrenze liegt eigentlich bei 75 Euro) oder für 663 Euro pro Nacht in Österreich (die Obergrenze lag bei 115 Euro).

    Aus den Reisekostenunterlagen, so schreibt es die Rechnungsprüfer, soll nicht hervorgegangen sein, dass die Fraunhofer-Gesellschaft nach günstigeren Alternativen für Übernachtungen gesucht haben soll.

  • Ebenfalls Vorstandsmitglied X soll laut Bericht mit zunehmender Häufigkeit in Hotels der obersten Kategorie übernachtet haben. In den Jahren 2016 bis 2018 soll die Fraunhofer-Gesellschaft die Überschreitung der Ortsobergrenze (Anm. d. Red. die maximal zulässigen Kosten für eine Hotelübernachtung) unter anderem mit der gewünschten Ausstattung („großer Schreibtisch zur Bearbeitung von Unterlagen“ oder „Seeblick“) begründet haben.

  • Weiterhin soll das Vorstandsmitglied X etwa 14.933 Euro Mehrkosten für Reisen und Hotelübernachtungen verursacht haben, dessen Lebenspartnerin ihn laut Bericht auf fast jeder dritten Reise begleitete. Dabei wurden in 16 Fällen die erlaubten Kostengrenzen überschritten. Begründungen für die Mitnahme der Partnerin wurden nur bei knapp der Hälfte aller Reisen "zeitnah" vermerkt. In den Abrechnungsunterlagen waren keine Einladungen vermerkt, wonach die Begleitung durch die Lebenspartnerin erwartet wurde.

Bewirtungskosten

  • Rund 313.000 Euro sollen außerdem von 2016 bis 2021 in Bewirtungen von Fraunhofer geflossen sein. In mehr als der Hälfte der Fälle kostete die Bewirtung laut Bericht 100 Euro pro Person und mehr.

  • Bei Geschäftsessen mit externen Dritten aus dem öffentlichen Bereich gab es laut Bericht besonders häufig hohe Ausgaben von durchschnittlich mehr als 150 Euro pro Person (14 Fälle), davon in fünf Fällen mehr als 200 Euro pro Person. "In einigen Fällen", schreiben die Prüfer, "war bereits zweifelhaft, ob ein zumindest überwiegender dienstlicher Anlass vorgelegen hat."

    Zudem heißt es im Bericht: "Drei Bewirtungen des Vorstandsmitglieds X aus dieser Kategorie fanden mit einem ehemaligen Leitungsmitglied des Bundesministeriums für Bildung und Forschung statt. Es war zum Zeitpunkt der Bewirtungen für die Vergabe der Zuwendungen an die Fraunhofer-Gesellschaft zuständig. Die Ausgaben lagen für die zwei Personen bei insgesamt 330 Euro, 380 Euro und 460 Euro."

  • Häufig hätten sich die Speisen und Getränke im oberen bis obersten Preissegment in Restaurants der oberen Kategorien bewegt. Wörtlich heißt es im Bericht: "Ferner wurde ein verhältnismäßig hoher Kostenanteil für alkoholische Getränke aufgewendet."

  • Für jährliche Vorstands- und Präsidiumsklausuren wuchsen die Kosten stetig an. Waren es 2016 noch 10.364 Euro an Ausgaben, beliefen sie sich 2021 schon auf 46.692 Euro.

    Die besonders hohen Ausgaben im Jahr 2021 setzten sich zusammen aus den Ausgaben für das Tagungshotel in Weimar von knapp 39.000 Euro, zwei Abendessen außerhalb des Tagungshotels für 1370 Euro und 2100 Euro, Bogenschießen für 1600 Euro und einige weitere Posten. Zwei weitere Abendessen für 2150 Euro (Grillabend des Führungskreises) und ein Abendessen zu Ehren des Geburtstags eines Vorstandsmitglieds für 8000 Euro. Zur Einordnung: Insgesamt hat die Frauenhofer-Gesellschaft einen fünfköpfigen Vorstand plus neun Präsidiumsmitglieder.

Teure Dienstwägen

  • Von den Geldern der Fraunhofer-Gesellschaft sollen außerdem Fahrzeuge der Oberklasse gekauft worden sein (Audi A8, BMW 750). Das Institut soll auf eine Unterrichtung des Bundesforschungsministeriums und einer Ausnahmegenehmigung des Bundesfinanzministeriums hingewiesen haben, konnte dazu aber nichts schriftlich vorlegen.

  • Die Gesamtausgaben für Leasing und Betriebskosten für alle Vorstandsfahrzeuge erreichten laut Bericht im Jahr 2019 mit rund 113.949 Euro ihren Höhepunkt. Dazu heißt es: "Ein großer Teil entfiel dabei auf formal dem Vorstandsmitglied X zugewiesene Fahrzeuge."

Die ehemalige Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) Patricia Schlesinger
Die ehemalige Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) Patricia Schlesinger

Interessant ist der Prüfbericht deshalb, weil es sich nicht um den ersten Prüfbericht handelt, der das Verhalten des Vorstandsmitglieder der Fraunhofer-Gesellschaft anprangert.

Schon in einem Bericht des Bundesrechnungshof 2016, der den Zeitraum 2012 bis 2014 untersuchte, fielen beispielsweise die Hotelkosten des langjährigen Fraunhofer-Chefs Reimund Neugebauer und einiger Vorstandsmitglieder auf. Demnach waren sie vier- bis fünfmal höher als die eigentlichen staatlichen Übernachtungspauschalen. Neugebauer soll beispielsweise für 400 Euro pro Nacht in München übernachtet haben. Wegen seiner üppigen Ausgaben geriet er deshalb immer wieder in die Kritik, stritt das aber stets ab. Nun hat Neugebauer angekündigt, sein Vorstandsamt im September 2023 zu beenden – ein Jahr eher als geplant.

Der Bundesrechnungshof fordert deshalb auf Basis der neusten Vorwürfe, dass das Bundesforschungs- und -bildungsministerium (BMBF) die Einhaltung rechtlicher Vorgaben bei der Fraunhofer-Gesellschaft deutlich mehr durch eigene Kontrollen überprüft und Zuwendungen widerruft. Das Ministerium ist dafür nämlich als Geldgeber zuständig. Wörtlich heißt es im Bericht: "Es (das BMBF) muss dafür sorgen, dass die Vorstände der Fraunhofer-Gesellschaft ungerechtfertigte finanzielle Vorteile aus eigenen Mitteln erstatten."

In seiner Stellungnahme gegenüber dem Rechnungshof zeigte sich das Ministerium von FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger weitestgehend offen für die Empfehlungen der Prüfer: „Das BMBF hat die Feststellungen und die Notwendigkeit anerkannt, selbst stärker tätig zu werden“, heißt es im Bericht und weiter: „Inzwischen habe es die zuständige Stelle personell verstärkt und werde künftig intensiver prüfen. Die Auffassungen und Einwände der Fraunhofer-Gesellschaft zu den Feststellungen des Bundesrechnungshofes teile es nicht.“ Die Fraunhofer-Gesellschaft habe der Bewertung der Sachverhalte durch den Bundesrechnungshof dagegen weitgehend nicht zugestimmt.

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