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Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zeigen Wirkung

Registrierung von Flüchtlingen am Bahnhof in Passau. Foto: Tobias Hase

Asylbewerber aus den Balkanländern stellten von Jahresbeginn bis einschließlich September knapp 40 Prozent aller Anträge: Gut 120 000 von insgesamt über 303 000.

Nachdem Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien im November 2014 zu sicheren Drittstaaten erklärt wurden, sollen jetzt auch Albanien, Montenegro und das Kosovo in diesen Kreis aufgenommen werden.

Zeigt diese Maßnahme und die damit verbundene schnellere Abschiebung Wirkung?

Ja. Im vergangenen September machten die Asylanträge aus diesen Ländern nur noch ein Viertel aus. Während bisher unter den Top-Ten-Ländern fünf aus der Balkanregion waren, sind es im September nur noch vier. Im bundesweiten Erfassungssystem EASY (Erstverteilung von Asylbegehrenden) tauchte im September unter den ersten fünf Staaten nur noch Albanien an vierter Stelle auf. EASY erfasst die Ankommenden noch bevor sie einen Asylantrag gestellt haben, ist also ein Frühindikator.

Wie ist die Lage in Albanien, mit rund 45 000 Anträgen immer noch auf Platz 2 der Top-Ten-Liste des Bundesamtes für Migration?

In den letzten Wochen gibt es erstmals eine drastisch verstärkte Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Seit Ende Juli wurden in 20 Charterflügen 1 900 Menschen wieder zurück nach Albanien gebracht, berichten die Behörden vor Ort. Nur 700 von ihnen hätten ihrer Abschiebung auch zugestimmt. Bis Jahresende sind weitere 39 Flüge mit jeweils zwischen 100 und 160 abgeschobenen Asylbewerbern angekündigt..

Zeigen die neuen Abschiebungen Wirkung im Land?

Ja. Nach einer Aufklärungskampagne der deutschen Behörden in den Medien und vielen Informationen über die Deutsche Botschaft in Tirana ist die weitgehende Aussichtlosigkeit für Asylbewerber aus diesem NATO-Mitgliedsland und EU-Beitrittskandidaten öffentlich ein Thema.

In welchen Staaten könnten neue Krisen neue Flüchtlingswellen auslösen?

Vor allem im Kosovo. Die Zeitung «Kosova Sot» kommentierte in dieser Woche die innenpolitische Blockade, die horrende Korruption, hohe Arbeitslosigkeit und soziale Misere: «Es sollte uns nicht wundern, wenn wieder Busse voll mit jungen Leuten das Kosovo verlassen. Es wird keine Überraschung sein, dass eines Tages nur noch die Politiker im Kosovo zurückbleiben». Im vergangenen Frühjahr hatten sich schon einmal Zehntausende Kosovo-Albaner nach Westeuropa und vor allem Deutschland aufgemacht.

Gibt es noch Schlupflöcher, wenn alle Balkanstaaten zu sicheren Drittstaaten erklärt sind?

Ja. In Bosnien können sich Angehörige der kroatischen Minderheit ganz legal Pässe des jüngsten EU-Mitglieds Kroatien beschaffen. In Mazedonien gilt das auch für die bulgarische Minderheit, zu der auf einmal sehr viele gehören wollen. Nach Medienberichten sollen etwa 100 000 Mazedonier einen EU-Pass des Nachbarlandes Bulgariens besitzen.

Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge