Werbung

AfD-Analyse: Für Andreas Kalbitz wird es eng

Drinnen oder draußen? AfD-Politiker Andreas Kalbitz (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)
Drinnen oder draußen? AfD-Politiker Andreas Kalbitz (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch)

Der AfD-Politiker scheitert vor Gericht mit einem Eilantrag gegen die Annullierung seiner Mitgliedschaft. Momentan sieht es nicht gut für ihn aus.

Eine Analyse von Jan Rübel

Nur Alexander Gauland schlurfte einsam durch den Kuppeleingang des Berliner Landgerichts. Fragen wollte er keine beantworten. Und auch nicht begründen, warum. Vielleicht wollte der Ehrenvorsitzende der AfD Haltung zeigen in einem Streit, der gerade die Rechtspopulisten durchschüttelt: Darf Andreas Kalbitz Mitglied in der Partei sein oder nicht?

Niederlage: Antrag auf staatliche Zuschüsse für AfD-nahe Stiftung erfolglos

Vor kurzem hatte sich der Bundesvorstand in einer knappen Mehrheit dafür ausgesprochen, Kalbitz das Mitgliedsbuch abzunehmen. Der Herr ist nicht irgendwer: Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender in Brandenburg, selbst im Bundesvorstand und starker Mann des aufgelösten rechten „Flügel“ in der AfD. Der Vorwurf: Als Kalbitz 2013 in die Partei eintrat, soll er frühere Mitgliedschaften, mitunter in der Neonazitruppe „Heimattreue Jugend“, verschwiegen haben; dies wäre ein Hinderungsgrund gewesen.

Seit dem Vorstandsbeschluss steht die Partei kopf.

Heute ist Kalbitz vorerst mit einem Durchmarsch gescheitert. Das Landgericht sprach im Eilverfahren Kalbitz keinen Rechtsschutz zu. Das klingt kompliziert und berührt nicht die Frage, ob sein Rausschmiss rechtens ist oder nicht. „Es geht hier um keine Entscheidung in der Hauptsache“, sagte der Richter, „sondern um die Frage, ob eine vorübergehende Regelung bis zur Hauptsache notwendig ist“. Heißt: Bis zur endgültigen Klärung, wahrscheinlich wieder vorm Landesgericht, bleibt die Annullierung bestehen. Dies ist eine Niederlage für Kalbitz, aber keine endgültige.

Vorerst bleibt Kalbitz draußen

Dennoch wird es nun eng. Grundsätzlich machte das Gericht klar, dass die politischen Parteien ihre Streitigkeiten selbst regeln sollen. Und man sah keine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Unwirksamkeit des Rausschmisses festgestellt wird – immerhin hatte nach dem Bundesvorstandsbeschluss auch das Bundesschiedsgericht entsprechend geurteilt.

Alexander Gauland war als einziger AfD-Promi bei der Verhandlung (Bild: Maja Hitij/Getty Images)
Alexander Gauland war als einziger AfD-Promi bei der Verhandlung (Bild: Maja Hitij/Getty Images)

Damit steht der „Flügel“, der keiner mehr sein darf, kopflos da. Man will ja einen Führer haben, sehnt sich nach Autorität. Aber Björn Höcke in Thüringen kann mitreißende Reden schwingen, ist indes kein gewiefter Taktiker und Stratege wie Kalbitz.

Überhaupt ist bemerkenswert, wie still es gerade um ihn wird. Zur absoluten Unzeit für ihn kommt nun die „Boxer-Affäre“. Kalbitz soll vor wenigen Tagen zur Begrüßung im Brandenburger Landtag einen Fraktionskollegen derart hart in den Magen geboxt haben, dass der nun mit einem Milzriss im Krankenhaus liegt – und sich unmittelbar nach dem Punch noch über ihn lustig gemacht haben. Selbst seine Anhänger zucken da zusammen und fragen sich, was das soll.

Eine Frage der Haltung

Vielleicht ist es ein unglücklicher Zufall. Aber es ist wie im Fußball: Erst hatte er kein Glück, und dann kam auch noch Pech hinzu. Sofort machte die Runde, dass Kalbitz schon öfters intern gewalttätig aufgefallen sei, dass er sich nicht im Griff habe, dass es Probleme mit Alkohol gebe; wenn es darum geht parteiinterne Gegner anzugehen, ist die AfD mit Abstand die fieseste Partei, die es in Deutschland gibt.

Kalbitz hat den Bogen überspannt. Nie hat er richtig mit seiner Vergangenheit aufgeräumt. Bisher sprechen deutlich mehr Hinweise dafür, dass er vor der Geburt der AfD ein aktives Neonazi-Leben führte, als dagegen. Seit Jahren druckst er herum. Haltung sieht anders aus. Und das kommt nun wie ein Bumerang zurückgeflogen.

Kommentar: Wir können nach Hanau nicht zur Normalität zurückkehren

Fragt sich, was Gauland heute im Gericht wollte. Nur Anwälte und Journalisten waren erschienen, kein Funktionär, auch Kalbitz selbst nicht. Lediglich zwei Parteisenioren hielten ein Plakat hoch, darauf mit Edding geschrieben: „Kalbitz bleibt. Meuthen weg!“ Gestern sickerte durch, dass Gauland, der gegen die Annullierung der Mitgliedschaft ist, das Boxverhalten von Kalbitz „unverzeihlich“ finde. Einsam drehte er seine Runde im Gericht. Unansprechbar. Als würde er tief Luft holen. Für die Partei, der Kabale nicht fremd sind, gehen die Stresstests in die nächste Runde.

Video: Kalbitz scheitert mit Eilantrag gegen AfD-Rauswurf