„Es ist erbärmlich, wie er sich da präsentiert“

Wirbel um Gauland-Äußerung - „Es ist erbärmlich, wie er sich da präsentiert“

Alexander Gauland überlässt nichts dem Zufall. Bevor er das Wort ergreift, überlegt der -Vizechef genau, was er sagt. Und wie er es sagt. Medienvertreter schätzen die grenzenlose Offenheit des 75-Jährigen. Und dass er Gesagtes stehen lässt – und nichts davon zurücknimmt. Warum sollte er auch?

Mit seinen 40 Jahren -Erfahrung ist Gauland Politprofi genug, um zu wissen, welche Wirkung Worte entfalten können. Und als jemand, der in seinem früheren Leben kurzzeitig Herausgeber einer Tageszeitung war, weiß er auch, wie Medien ticken. So dürfte ihn die aktuelle Aufregung um eine Äußerung von ihm über den deutschen Fußball-Weltmeister Jérôme Boateng eigentlich kaum überrascht haben.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Politik-Haudegen, den die „Zeit“ einst als „ausgesprochen höflich und sehr gebildet“ beschrieb, fühlt sich plötzlich falsch verstanden. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ hatte Gauland mit der Aussage über Boateng zitiert: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

Schnell macht die Meldung von einer Beleidigung des Innenverteidigers von Bayern München die Runde. Und Gauland steht von allen Seiten unter Beschuss. Selbst Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltet sich ein. „Dieser Satz, der gefallen ist, der ist ein niederträchtiger und ein trauriger Satz“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Die -Vizechefin Beatrix von Storch weist die Kritik von Merkel an Gauland scharf zurück: Von Storch wandte sich auf Ihrer Facebook-Seite an die „sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin“ und erklärte, niederträchtig sei vielmehr „eine Politik, die ein Land ruiniert, die den Amtseid mit Füßen tritt und der Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken, indem Sie ein falsches Zitat ventilieren“. Zugleich betonte die AfD-Politikerin, dass ihre Partei die deutsche Nationalmannschaft „uneingeschränkt“ unterstütze.

Anders die AfD-Chefin Frauke Petry – sie geht auf Distanz. Mehr noch: Petry soll mächtig verärgert gewesen sein. „Frau Petry hat mich angerufen und sich sehr kritisch über die Berichterstattung geäußert“, sagte Gauland der „Bild“-Zeitung. Der Unmut ist nachvollziehbar. Denn Gauland gilt mit einem Mal als größtes Hindernis für die AfD, den etablierten Parteien auf Augenhöhe zu begegnen.

Entsprechend deutlich sind die Ansagen von führenden Politikern der Koalition, dass für sie eine inhaltliche Debatte mit der AfD nur noch ohne Gauland infrage komme.


SPD will inhaltliche Debatte mit AfD nur noch ohne Gauland

Gauland habe sich mit seinen Äußerungen „total disqualifiziert auf der politischen Bühne“, sagte -Chef Horst Seehofer am Montag in München. „Es ist erbärmlich, wie er sich da präsentiert. Ich glaubte eigentlich, so etwas wäre in Deutschland nicht mehr möglich.“

Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Seeheimer Kreises in der , Johannes Kahrs. „Mit solchen peinlichen Figuren wie diesem Herrn Gauland ist keine inhaltliche Diskussion möglich“, sagte Kahrs dem Handelsblatt. „Trotzdem sollten wir alle weiter versuchen mit denen in der , die sich auf der Sachebene bewegen, inhaltlich zu diskutieren.“ Eine inhaltliche Auseinandersetzung erfordere aber auch sachliche Argumente, fügte der Bundestagsabgeordnete hinzu. „Die sind leider in der immer weniger zu finden.“

Der Vize-Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Michael Kretschmer (CDU), sieht in einer inhaltlichen Auseinandersetzung den einzigen Weg, „das wahre Gesicht der AfD ans Licht zu bringen“. Gaulands Äußerungen seien „keine Ausrutscher“, sagte Kretschmer dem Handelsblatt. „Die AfD radikalisiert sich zusehends. Diese Äußerungen sollen spalten und Vorurteile bedienen.“ Ein Konservativer würde hingegen sagen: „Boateng ist ein Beispiel, wie großartig Deutschland ist.“ Wer sich anstrenge und etwas leiste, könne in Deutschland alles erreichen. „Boateng ist zu Recht für viele ein Vorbild“, betonte der der -Politiker.

Der -Innenexperte Wolfgang Bosbach warf Gauland vor, Menschen wegen ihrer Staatsangehörigkeit, Hautfarbe oder Religion auszugrenzen. „Dass Herr Gauland kein Fußballexperte ist, glaube ich sofort, aber er wird dennoch wissen, dass Jérome Boateng seit Jahren Fußballnationalspieler ist“, sagte Bosbach dem Handelsblatt.

„Und warum sagt Herr Gauland nicht klipp und klar, dass man Menschen nicht nach Staatsangehörigkeit, Hautfarbe oder Religion beurteilen sollte, sondern nach ihren ganzen persönlichen, individuellen Eigenschaften? Nach ihrem Charakter und Verhalten? Und das ihm deshalb auch Jérome Boateng als Nachbar herzlich willkommen ist?“


„Gaulands Rassismus zeigt die geistige Verkalkung der AfD“

Für den Generalsekretär der Berliner , Kai Wegner, hat sich der -Vize mit seinen Äußerungen selbst entlarvt. „Dass Gauland ausgerechnet diesen Spieler, der als Leuchtturm erfolgreicher Integration eine Vorbildfunktion für viele Deutsche mit ausländischen Wurzeln hat, rassistisch beleidigt, zeigt, dass ihm an einem friedlichen Zusammenleben der Menschen in Deutschland gar nicht gelegen ist“, sagte der Großstadtbeauftragte der Unions-Bundestagsfraktion dem Handelsblatt. „Gaulands Äußerungen bestätigen einmal mehr, dass Populismus, Ressentiments und Menschenfeindlichkeit den Wesenskern der bilden.“

Wegner würde sich jedenfalls, wie er betonte, „freuen, wenn Jérome Boateng mein Nachbar wäre – und das nicht nur, weil die Wahrscheinlichkeit sehr hoch wäre, dass er dann wieder für Hertha BSC auf Punktejagd ginge“.

Der Weltklasse-Abwehrspieler Boateng, dessen Vater aus Ghana stammt, ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Ein Graffito mit dem Titel „Gewachsen auf Beton“ im Stadtteil Wedding erinnert an seine Anfänge auf dem Bolzplatz mit seinen älteren Halbbrüdern Kevin-Prince und George. Über die Stationen Tennis Borussia Berlin, Hertha BSC, Hamburger SV und Manchester City landete der heute 27-Jährige 2011 in München.

Boateng hatte sich eher zurückhaltend zu Gauland geäußert. „Es ist ehrlich gesagt traurig, dass heutzutage noch so etwas gesagt wird“, hatte er nach der 1:3 (1:2)-Niederlage gegen die Slowakei am Sonntagabend erklärt. Und ergänzt: „Ich bin froh, Deutscher zu sein, ich bin stolz, sonst wäre ich auch nicht hier in der Mannschaft. Ich glaube, ich bin gut integriert, und mehr muss ich dazu auch nicht sagen.“

plädieren jetzt erst recht für klare Kante im Umgang mit der AfD. „Die AfD versucht, den Muff der Vergangenheit wiederzubeleben“, sagte Bundesgeschäftsführer Michel Kellner, dem Handelsblatt. Der Rassismus Gaulands gegen Boateng sei widerlich und zeige „die geistige Verkalkung der Partei“. Gleichwohl stehe für die Grünen fest, dass man Debatten mit der AfD nicht aus dem Weg gehe. „Statt sie pauschal in die rechtsextreme Ecke zu stellen, wollen wir ihre Zukunftsvergessenheit entlarven“, sagte Kellner.

Wer Klimawandel leugne, Frauen auf ihre Mutterrolle reduziere oder Religionsfreiheit negiere, stehe diametral gegen unsere gesellschaftlichen Vorstellungen. Die Forderungen der AfD in der Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik trügen zudem nichts zur Lösung der Probleme bei, sondern verschärften diese. „Deshalb setzen wir auf klare Kante.“


Gaulands skurrile Verteidigungsstrategie

Zu Gelassenheit rät der -Bundesvorsitzende Christian Lindner. „Die aufgescheuchten Regierungsparteien und die Medien lassen die die politische Agenda bestimmen. Das hat es bei einer Partei, die nun wirklich nicht vor der Machtübernahme steht, zuvor nicht gegeben“, sagte Lindner dem Handelsblatt. „Ich empfehle, cool an den Aufgaben unseres Landes zu arbeiten und die Wähler der nicht als Nazis zu stigmatisieren, sondern der Partei konkrete Konzepte für Megathemen wie Digitalisierung, Demografischen Wandel und Bildung abzufordern. Meine Prognose: Da kommt nix.“

Und wie verhält sich Gauland angesichts des Empörungssturms? Der Brandenburger AfD-Chef reagiert mit einer skurril anmutenden Zickzack-Verteidigung: Erst dementiert er, den umstrittenen Satz gesagt zu haben. Dann räumt er ein, dass in dem Zeitungsgespräch doch der Name Boateng erwähnt worden sein könnte - möglicherweise seitens der Journalisten. Und jetzt erwägt er sogar juristische Schritte gegen die Berichterstattung.

An seinem Verständnis für Menschen mit fremdenfeindlichen Ressentiments hält Gauland gleichwohl aber fest. „Ich bin natürlich kein Rassist“, sagte er. Auf die Frage, ob denn Menschen, die Vorbehalte gegen Nachbarn mit ausländischen Wurzeln haben, Rassisten seien, sagte er: „So weit würde ich nicht gehen.“ Die Globalisierung und die Wiedervereinigung hätten für viele Menschen große Veränderungen mit sich gebracht. Deshalb reagierten einige jetzt mit einer „geradezu instinktiven Abwehr“ auf Fremde in ihrer Umgebung.

Wie auch immer die Sache ausgeht, Gaulands Stellung in der Partei dürfte wohl kaum Schaden nehmen. Gilt er doch als prominentes Sprachrohr des immer stärker werdenden rechten Flügels der AfD. Und fremdenfeindliche Provokationen sind dort an der Tagesordnung.

Die vom Rechtsaußen der Partei, Björn Höcke, gegründete national-konservative Bewegung „Der Flügel“ ergriff bereits Partei für Gauland. „Liebe Freunde“, heißt es auf der Facebook-Seite des „Flügels“, „lassen Sie sich bitte von den allzu durchsichtigen Spielchen der Lückenpresse nicht beeindrucken.“ Gauland habe Boateng „nicht beleidigt“. Und: „Wir stehen zu Dr. Alexander Gauland!“

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AfD-Programm: Das fordert die Partei

Mindestlohn

Die AfD ist für den gesetzlichen Mindestlohn. Damit liegt sie auf einer Linie mit SPD, Grünen, der Linkspartei und Teilen der Union.

Erbschaftssteuer

Geht es nach der AfD soll die Erbschaftssteuer abgeschafft werden. Dafür setzt sich aktuell auch die FDP ein.

Bundespräsident

Die AfD möchte, dass der Bundespräsident künftig direkt vom Volk gewählt wird. Dieser Vorschlag kam 2009 auch vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. Zustimmung erhielt er dafür nur aus der FDP.

Volksentscheid

Die AfD will mehr direkte Demokratie durch Volksentscheide. Auch die SPD, die Linke und die Grünen wollen, dass die Hürden für Volksentscheide abgesenkt werden. Ihre Vorschläge gehen aber nicht so weit wie die Ideen der AfD.

Familie

Die traditionelle Familie gilt der AfD als Keimzelle der Gesellschaft. Das Loblied auf die traditionelle Vater-Mutter-Kind-Familie taucht in dieser Form auch im Parteiprogramm der CSU auf.

Freihandelsabkommen

Die AfD lehnt die Freihandelskommen TTIP und CETA ab. Auch die Linke und die Grünen sind dagegen.

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Der Nazi-Jargon der AfD

Auffällige Nazi-Rhetorik bei einzelnen AfD-Politikern

Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Peter Schlobinski, betont zwar, dass man nicht die gesamte (Alternative für Deutschland) AfD über einen Kamm scheren dürfe. "Doch einzelne Mitglieder pflegen eine auffällige Nazi-Rhetorik. Der Rhythmus, das sprachliche Diktum, die Emotionalisierung - es gibt einiges, was stark an die NSDAP-Sprache angelehnt ist." Und der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sei ja schon "fanatisch in seiner Sprache". Es folgen einige Beispiele.Quelle: "Stern", eigene Recherche.

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef

"3000 Jahre Europa! 1000 Jahre Deutschland!"

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (2)

"Erfurt ist "¦ schön "¦ deutsch! Und schön deutsch soll Erfurt bleiben!"

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (3)

"Das Boot ist übervoll und wird kentern."

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (4)

In einem Vortrag stellte Höcke das Bevölkerungswachstum Afrikas in einen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, was weithin als biologischer Rassismus bewertet wurde. Er sprach von einem "Bevölkerungsüberschuss Afrikas" und erklärte, der "lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp" treffe in Europa auf den "selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp". Dann schlussfolgerte er: "Solange wir bereit sind, diesen Bevölkerungsüberschuss aufzunehmen, wird sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern."

André Poggenburg, Chef der AfD in Sachsen-Anhalt

In ihrem auf Facebook verbreiteten Weihnachtsgruß vom 24.12.2015 sprach die AfD Sachsen-Anhalt unter anderem davon, in der Weihnachzeit über die "Verantwortung für die Volksgemeinschaft und nächste Generation" nachzudenken. Der verwendete Begriff "Volksgemeinschaft" löste daraufhin eine Diskussion aus. Denn, so der Politikwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität Göttingen bei "tagesschau.de", der Begriff der Volksgemeinschaft sei historisch "eindeutig durch den Nationalsozialismus belegt". Der Begriff sei in einer Demokratie unhaltbar, so der Professor, selbst wenn man sich auf den Standpunkt historischer Naivität zurückziehen würde. Die Idee einer Volksgemeinschaft sei generell nicht mit den Vorstellungen von Demokratie vereinbar.

Alexander Gauland, Brandenburg-AfD-Chef

"Es wird Zeit, dass wir das Schicksal des deutschen Volkes, damit es ein deutsches Volk bleibt, aus den Händen dieser Bundeskanzlerin nehmen."

Alexander Gauland, Brandenburg-AfD-Chef (2)

"Das Boot ist voll. Auch um der Flüchtlinge willen muss Deutschland jetzt die Notbremse ziehen."

Frauke Petry, AfD-Bundesvorsitzende

"Die deutsche Politik hat eine Eigenverantwortung, das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation sicherzustellen."

Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative (JA)

"Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht - denn wir sind das Volk, liebe Freunde."

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Die Gesichter der AfD

Frauke Petry

Geboren in Dresden, promovierte Chemikerin und Unternehmerin, Bundesvorsitzende der AfD. Mutter von vier Kindern, liiert mit dem AfD-Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell: Das ist Frauke Petry. Sie gilt als pragmatisch und ehrgeizig. Auch wenn sie verbal gerne Gas gibt - inhaltlich steht Petry eher in der Mitte der Partei.

Björn Hocke und Alexander Gauland

Björn Höcke (43) und Alexander Gauland (75) haben im vergangenen November gemeinsam "Fünf Grundsätze für Deutschland" veröffentlicht. Darin wettern sie gegen die "multikulturelle Gesellschaft" und behaupten, "die politische Korrektheit liegt wie Mehltau auf unserem Land".

Jörg Meuthen

Meuthen ist geboren in Essen, promovierter Volkswirt, seit 1996 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Kehl (Baden-Württemberg), Bundesvorsitzender der AfD, Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg; verheiratet, fünf Kinder. Meuthen gehört zu den wenigen prominenten Vertretern des liberalen Flügels, die nach dem Abgang von Bernd Lucke in der AfD geblieben sind.

Beatrix von Storch

Sie ist geboren in Lübeck, Jurastudium in Heidelberg und Lausanne (Schweiz), Rechtsanwältin, stellvertretende Bundesvorsitzende und AfD-Landesvorsitzende in Berlin, seit 2014 im EU-Parlament, verheiratet. Gilt als ultrakonservativ.

Marcus Pretzell

Marcus Pretzell (42) ist geboren in Rinteln (Niedersachsen), Jurastudium in Heidelberg, Rechtsanwalt und Projektentwickler, seit 2014 Vorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen, Vater von vier Kindern, liiert mit Frauke Petry. Der Europaabgeordnete hat die AfD als "Pegida-Partei" bezeichnet. Parteifreunde rechnen ihn aber nicht zum rechtsnationalen Flügel.

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Wie die Parteien mit der AfD umgehen

CDU und CSU

Als Spezialproblem der Union wird die AfD ausdrücklich nicht betrachtet. Aus Sicht von Kanzlerin Angela Merkel ist dem Protest die Spitze zu nehmen, indem man Probleme anspricht und zu lösen versucht. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) beharrt darauf, die AfD zu ignorieren. Die CSU fährt einen eigenen Kurs. Mit scharfer Kritik an Merkels Kurs versucht Parteichef Horst Seehofer, eine dauerhafte AfD-Etablierung rechts von der Union zu verhindern.

SPD

Die SPD fordert, der Verfassungsschutz müsse die AfD beobachten. Als schräg empfanden es viele, dass in Mainz SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer sich einem TV-Duell mit der AfD verweigerte - ihr SPD-Landeschef ging dann hin. Die AfD könnte auch der SPD kleinbürgerliche Anhänger abjagen, die denken, der Staat kümmere sich nur noch um Flüchtlinge. So fordert Parteichef Sigmar Gabriel ein Solidarpaket für sozial benachteiligte Bürger.

Grüne

Die Grünen haben die geringsten politischen Schnittmengen mit der AfD und müssen von den etablierten Parteien wohl am wenigsten eine Abwanderung ihrer Wähler befürchten. Korrigiert wurde aber das Nein zu TV-Talkrunden mit der AfD. Die Rechtspopulisten haben laut Grünen-Chefin Simone Peter "eine Wucht erzeugt", dass man sich mit der Partei "an einen Tisch setzen" müsse.

Linke

Die Linke setzt auf klare Abgrenzung zur AfD. Durch die leichten Zugewinne bei den Kommunalwahlen in Hessen sieht sie diesen Kurs bestätigt. Union und SPD wirft die Linke dagegen vor, als Reaktion auf die AfD-Erfolge nach rechts zu driften. "Wir können durchaus von einer Polarisierung nach rechts reden", sagt Parteichef Bernd Riexinger.

FDP

FDP-Chef Christian Lindner wollte die AfD lange ignorieren. Doch spätestens nach den Silvester-Übergriffen überwiegend ausländischer Täter auf Frauen in Köln und Hamburg, die auch die bürgerliche Mitte verunsicherten, war dieser Kurs nicht durchzuhalten. Lindner sieht die AfD aber nicht als direkte Konkurrenz: "Die Freien Demokraten sind unter allen Parteien der schärfste Kontrast zur AfD".