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AfD-Politikerin Weidel wegen Parteispenden in Bedrängnis

Alice Weidel steht wegen einer Großspende aus dem Ausland unter Druck. Foto: Michael Kappeler
Alice Weidel steht wegen einer Großspende aus dem Ausland unter Druck. Foto: Michael Kappeler

Rund 130.000 Euro in kleinen Teilen, bestimmt für Alice Weidel, kurz vor der Bundestagswahl 2017: Die AfD gerät wegen einer Großspende aus der Schweiz heftig unter Druck. Weidel weist jede Kritik von sich.

Berlin (dpa) - Die AfD gerät wegen Parteispenden aus der Schweiz immer mehr unter Druck. Die Verwaltung des Bundestags verlangt Aufklärung. Die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel für deren Wahlkampf das Geld bestimmt war, weist jede Verantwortung von sich.

«Bei dem Konto, auf dem die Spende einging, handelt es sich um das ordentliche Konto des Kreisverbandes des Bodenseekreises», erklärte sie am Montag. «Die Spende ist nicht an meine Person gegangen.» Persönliche Konsequenzen schließe sie aus. Weidel reagierte damit auf Rücktrittsforderungen und zunehmende Kritik wegen der Spenden.

Parteispenden aus Ländern außerhalb der Europäischen Union dürfen grundsätzlich nicht angenommen werden, wie ein Sprecher der Bundestagsverwaltung erklärte. «Unzulässige Parteispenden müssen entweder unverzüglich zurückgeleitet oder an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden.» Über das Aufklärungsersuchen des Bundestags hatte zunächst die «Bild»-Zeitung berichtet. Der Bundesverband der AfD sei um eine Stellungnahme gebeten worden. Die Frist für die Antwort betrage vier Wochen.

Nach Recherchen von WDR, NDR und «Süddeutscher Zeitung» sollen zwischen Juli und September 2017 gut 130.000 Euro von einer Schweizer Pharmafirma in Tranchen von meist 9000 Schweizer Franken gestückelt an den AfD-Kreisverband Bodensee geflossen sein, in dem die jetzige Fraktionschefin Weidel für den Bundestag antrat und noch stellvertretende Vorsitzende ist. Als Spendenzweck habe der Geldgeber angegeben: «Wahlkampfspende Alice Weidel».

Bei dem Unternehmen handelt es sich nach Angaben des Rechercheverbundes und des Züricher «Tagesanzeigers» um die Firma PWS Pharmawholesale International AG. Deren Name stehe zumindest auf den Kontoauszügen des AfD-Kreisverbands Bodensee. Der Verwaltungsrat von PWS habe auf Nachfrage erklärt, die Überweisungen seien für einen ungenannten Geschäftsfreund vorgenommen worden. Das Unternehmen war am Montagabend telefonisch nicht zu erreichen.

Weidel erklärte, sie habe keine Informationen über die Firma, deren Besitzer oder die Motivation des Spenders. Sie selbst sei davon ausgegangen, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit beim Landesschatzmeister in guten Händen sei. «Ich habe daher zunächst keine Notwendigkeit gesehen, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden.» Die gesamte Summe sei schließlich an das Unternehmen zurücküberwiesen worden. Die Rückzahlung der Spenden erfolgte aber erst im April 2018.

Auch der AfD-Kreisverband Bodensee wies die Vorwürfe zurück. «Das Geld ging auf einem Konto des Kreisverbandes ein. Wir haben es nie verwendet, zunächst, weil es explizit für den Wahlkampf von Frau Weidel gespendet wurde», sagte Kreisverbandssprecher Christoph Högel der «Schwäbischen Zeitung». Der Kreisverband habe aber ebenso wie Weidel Zweifel an der Legalität der Spende bekommen. Nach Abschluss der Prüfung habe man das Geld umgehend an den Spender zurücküberwiesen. «Es hat mich schon überrascht, dass das jetzt wieder hoch kommt», so Högel weiter.

Grüne und SPD forderten umgehende Aufklärung über die möglicherweise illegale Großspende. Alle Fakten müssten auf den Tisch, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, dem «Handelsblatt». Die AfD-Spitze um Alexander Gauland, Jörg Meuthen und Alice Weidel könne sich «nicht länger ahnungslos geben». «Es muss Schluss sein mit Verschleierung und Ausreden.»

Baden-Württembergs SPD-Chefin Leni Breymaier und SPD-Chefhaushälter Johannes Kahrs forderten Weidels Rücktritt, sollte die Spende illegal gewesen sein. «Der Deutsche Bundestag muss das jetzt genau prüfen», sagte Kahrs dem «Handelsblatt». Breymaier betonte in einer Mitteilung: «Die Strenge, die sie so gern als Monstranz vor sich herträgt, sollte sie nun selbst beherzigen und als Fraktionsvorsitzende der AfD zurücktreten - und besser ganz auf ihr Mandat verzichten.»

Deutsche Parteien dürfen nach dem Gesetz keine Zahlungen aus dem Nicht-EU-Ausland annehmen - es sei denn, der Unternehmensbesitzer ist EU-Bürger. Spenden von mehr als 50.000 Euro müssen Parteien zudem sofort der Bundestagsverwaltung melden, und sie müssen umgehend veröffentlicht werden. Die Stückelung hatte womöglich das Ziel, diese Regel zu umgehen.

Baden-Württembergs AfD-Landeschef Ralf Özkara versprach am Montag Aufklärung. «Wir werden die ganze Geschichte intern aufarbeiten und uns zusammen mit dem Bundesvorstand darum kümmern, dass hier Aufklärung stattfindet», sagte er. Zuvor hatte Özkara bereits erklärt, wenn die Spende illegal sei, erwarte er, dass Weidel von allen Ämtern und Mandaten zurücktrete. Özkara hatte sich im Frühjahr 2017 gegen Weidel im Rennen um den Landesvorstand durchgesetzt.

Die Plattform Abgeordnetenwatch.de forderte als Konsequenz ein Verbot von Unternehmensspenden und eine Verschärfung der Parteispendenregeln. LobbyControl, ein gemeinnütziger Verein, der sich für mehr Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen einsetzt, nannte den Geldfluss aus der Schweiz «inakzeptabel». «Es ist wenig glaubwürdig, dass eine Partei 130.000 Euro als Spende annimmt und sich nicht fragt, woher das Geld kommt», teilte Ulrich Müller von LobbyControl mit. Die AfD müsse zudem erklären, was mit dem Geld zwischen Zahlungseingang und Rückzahlung passiert sei.