Aiwanger beantwortet Fragenkatalog - Stellungnahme Söders erwartet

In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt hat Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger (Freie Wähler) die von Ministerpräsident Söder (CSU) an ihn gerichteten Fragen beantwortet. Eine Stellungnahme Söders zu den Antworten steht noch aus. (Christof STACHE)
In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt hat Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger (Freie Wähler) die von Ministerpräsident Söder (CSU) an ihn gerichteten Fragen beantwortet. Eine Stellungnahme Söders zu den Antworten steht noch aus. (Christof STACHE)

In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gestellten Fragen beantwortet. Die Antworten seien eingegangen, bestätigte am Samstag eine Sprecherin der Staatskanzlei. Wann Söder dazu Stellung nehmen will, blieb offen; auch zum Inhalt der Antworten wurde zunächst nichts bekannt. Aiwanger selbst geht davon aus, mit der Beantwortung der 25 Fragen alle Gründe für eine Entlassung ausgeräumt zu haben.

Söder hatte Aiwanger erstmals am Dienstag aufgefordert, schriftlich Fragen in Zusammenhang mit den Vorwürfen zu beantworten. Am Freitagmorgen hatte der Ministerpräsident den Druck noch einmal erhöht. "Für mich ist wichtig, dass die 25 Fragen jetzt umfassend und glaubwürdig beantwortet werden - und zwar zeitnah", sagte er. "Zeitnah heißt, am besten noch heute." Dem kam Aiwanger am Freitagabend nach.

Am Donnerstag hatte sich Aiwanger erstmals für mögliche Fehler in seiner Jugendzeit entschuldigt. Seine Entschuldigung gelte "zuvorderst allen Opfern des NS-Regimes, deren Hinterbliebenen und allen Beteiligten an der wertvollen Erinnerungsarbeit". Zugleich sprach er erneut von einer politischen Kampagne gegen ihn und seine Partei.

Aiwanger räumte ein, dass Exemplare des Flugblatts in seinem Schulranzen gefunden wurden. Er bestreitet aber, der Urheber zu sein. Sein Bruder hatte am vergangenen Wochenende dafür die Verantwortung übernommen.

Der "Bild am Sonntag" sagte der Freie-Wähler-Chef mit Blick auf die 25 Fragen: "Ich weiß nicht, zu welcher Einschätzung der Ministerpräsident kommt, aber ich sehe nach meinen Antworten überhaupt keinen Grund für einen Rücktritt oder eine Entlassung." Er forderte, nun wieder zur Tagesarbeit zurückzukehren.

Aiwanger sprach von einer "Hexenjagd" gegen ihn: "Meine Sorge ist: Wenn diese Hexenjagd nicht aufhört und Erfolg hat, wird niemand mehr in die Politik oder in andere Führungspositionen gehen, aus Angst, dass seine Vergangenheit auf jeden schlechten Witz hin durchleuchtet wird."

Freie-Wähler-Generalsekretärin Susann Enders stellte sich demonstrativ hinter den Parteichef. "Die Freien Wähler und Hubert Aiwanger lassen sich nicht voneinander trennen", sagte sie der "Welt am Sonntag". Mit Blick auf die Bayern-Wahl am 8. Oktober betonte sie: "Den Freie-Wähler-Landtagswahlkampf ohne Hubert Aiwanger an der Spitze wird es nicht geben, auch wenn das der CSU vielleicht besser gefallen würde."

Die Stimmung unter Wählern und an der Basis gebe diesem Kurs recht, sagte Enders. Seit Montag seien bei der Partei jeden Tag Mitgliedsanträge "im zweistelligen Bereich" eingegangen.

Der rheinland-pfälzische Freie-Wähler-Chef und Landtagsabgeordnete Stephan Wefelscheid sagte allerdings der "Welt am Sonntag": "Sollte Hubert Aiwanger die Vorwürfe nicht entkräften können, ist er in seinem Amt und damit als Bundesvorsitzender der Freien Wähler nicht zu halten."

Der Zentralrat der Juden in Deutschland übte erneut scharfe Kritik an Aiwanger. "Was mich ehrlicherweise am meisten erschüttert, ist der Umgang Aiwangers mit diesen Vorwürfen, die nunmehr seit einer Woche im Raum stehen und von denen er selbst bereits vorab wusste", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Freitagabend im ZDF-"heute journal".

Einer Insa-Umfrage für die "Bild am Sonntag" zufolge sind die Bundesbürger beim Thema Aiwanger gespalten. 38 Prozent sprachen sich demnach für einen Rücktritt des bayerischen Wirtschaftsministers aus, 39 Prozent waren dagegen. 23 Prozent antworteten mit "weiß nicht" oder machten keine Angabe. Das Insa-Institut befragte am Donnerstag und Freitag 1005 Menschen in Deutschland.

cha/dja