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AKK zu Merz: Zu viele Verschwörungstheorien

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer spricht in Berlin.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer spricht in Berlin.

Der CDU-Vorsitz-Bewerber Friedrich Merz wittert in der Partei eine große Kampagne gegen seine Person. Dafür erntet er deutlichen Widerspruch - mit sehr klaren Worten.

Berlin (dpa) - CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Vorwürfe von Friedrich Merz zurückgewiesen, die Verschiebung des CDU-Parteitags sei ein Manöver gewesen, um ihn als Vorsitzenden zu verhindern. «Ich kenne niemanden, der das will», sagte sie am Freitag bei RTL/ntv.

«Für meinen Geschmack gibt es zurzeit überhaupt viel zu viele Verschwörungstheorien, die in Deutschland unterwegs sind», so Kramp-Karrenbauer. Merz selbst forderte angesichts der Bundestagswahl im September 2021 erneut eine rasche Lösung der offenen Führungsfrage der Partei.

Der Chef des Unions-Nachwuchses von der Jungen Union (JU), Tilman Kuban, übte indirekt Kritik an Merz wie an dessen Gegenkandidaten Armin Laschet. In einem Beitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schrieb er, was man in der CDU derzeit erlebe, seien «spaltende Entgleisungen der einen Seite als Antwort auf die Tricksereien auf der anderen».

Merz wiederholte in der «Neuen Zürcher Zeitung» den Vorwurf, das «Establishment» der CDU habe versucht, ihn zu verhindern, zwar nicht ausdrücklich. Er blieb aber im Grundsatz bei den Vorhaltungen. Auf die Frage, ob er nicht «arg krawallig» auf die Verschiebung des Parteitags reagiert habe, sagte er: «Ich war sehr freundlich und habe lediglich ausgesprochen, was in Berlin ohnehin jeder weiß: Dass wir in der parteiinternen Debatte über die Verschiebung des Bundesparteitags keineswegs nur über Corona sprechen.»

Erneut verlangte Merz eine rasche Lösung der CDU-Führungsfrage. «Die Kampagnenprofis sagen uns, man brauche in einer Partei mit stabilen Strukturen wie der unseren mindestens neun Monate Vorbereitungszeit.»

Zudem bemühte sich Merz, Zweifel an seiner Eignung für Parteivorsitz und Kanzlerschaft zu zerstreuen. Auf den Vorhalt, auch konservative Parteifreunde würden ihm in diesem Zusammenhang das nötige Nervenkostüm absprechen, entgegnete er: «Ich lasse mich nicht so schnell aus der Bahn werfen. Ich sage nur hin und wieder sehr engagiert meine Meinung.» Er werde ermuntert, durchzuhalten. «Und das werde ich», versicherte Merz.

Kramp-Karrenbauer sagte, nach den Äußerungen von Merz hätten sie «viele Reaktionen von Mitgliedern des Bundesvorstands erreicht - im Übrigen auch Anhänger von Friedrich Merz - die sich schon in ihrer Ehre auch gekränkt gefühlt haben, dass man ihnen so etwas unterstellt». Wichtig sei, den Wahlparteitag in einer guten Form und rechtssicher durchführen zu können. «Was kein Entscheidungskriterium zumindestens für mich ist, ist die Frage, welcher Kandidat sich welches Datum wünscht», ergänzte die Vorsitzende.

JU-Chef Kuban forderte Merz, Laschet und den dritten Kandidaten, den Außenexperten Norbert Röttgen, auf, einen gemeinsamen Vorschlag für das weitere Vorgehen vorzulegen. Nur so könne es dem künftigen Vorsitzenden gelingen, die CDU zusammenzuhalten. Die Partei brauche «weder Trickser noch Spalter, sondern Führungspersönlichkeiten, die lösungsorientiert arbeiten, Handlungsfähigkeit beweisen und die zeigen, dass sie ihrer Verantwortung für die CDU, für Deutschland und Europa gerecht werden».

Kommende Woche stehen in der CDU-Vorsitzendendebatte zwei spannende Termine an. Am Dienstag will Kuban das Ergebnis der zweiwöchigen Mitgliederbefragung des Parteinachwuchses über den künftigen Vorsitzenden veröffentlichen. Am Abend ist dann die erste von zwei geplanten Runden der drei Kandidaten in der Parteizentrale. Die Diskussion soll live und öffentlich im Internet übertragen werden.

Der CDU-Vorstand hatte wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus einstimmig eine Verschiebung des Parteitags beschlossen, der zuletzt als Präsenztreffen für den 4. Dezember geplant war. Wenn auch Anfang 2021 kein Präsenzparteitag möglich ist, könnte womöglich Mitte Januar ein digitales Delegiertentreffen organisiert werden. Fehlt bis dahin noch die gesetzliche Grundlage für eine digitale Abstimmung über den Vorstand, könnte es einen digitalen Parteitag mit Vorstellungsrunde und eine anschließende Briefwahl geben.

Der FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner signalisierte unterdessen Bereitschaft, bei einer raschen Änderung des Parteienrechts mitzumachen, um solche digitale Wahlparteitage zu ermöglichen. «Wenn die CDU jetzt den Willen hat, das Parteiengesetz zu modernisieren und digitale Entscheidungen zu ermöglichen, dann ist die FDP bereit, das in einem ganz schnellen Gesetzgebungsverfahren möglich zu machen», sagte er der «Augsburger Allgemeinen».

Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die große Koalition habe vor nicht mal drei Wochen eine Chance verpasst - für die Aufstellung von Kandidaten zur Bundestagswahl hatte der Bundestag einen Notfallmechanismus beschlossen. «Jetzt müssen wir das Parteiengesetz fit für das digitale Zeitalter machen», sagte Kellner. Das bedeute auch, für den absoluten Notfall Online-Wahlen von Parteivorständen zu ermöglichen.

Die Linke zeigte sich ebenfalls aufgeschlossen. «Wir müssen in dieser Pandemie auch die Demokratie schützen», sagte Parteichefin Katja Kipping der dpa. «Ein Digitalisierungsschub der Demokratie braucht aber auch breit angelegte Unterstützungsangebote. Es geht nicht nur um das Erlauben, sondern auch um das Ermöglichen.»