Neue Regeln: Was Schwarzfahrern bald blühen könnte

Schwarzfahren ist in Deutschland eine Straftat. Das ist nicht mehr zeitgemäß, meint das Justizministerium. Experten fordern jetzt sogar komplette Straffreiheit für das Fahren ohne gültigen Fahrschein.

Die Hinweise bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind nicht zu übersehen. Wer mit Bussen und Bahnen in Deutschland unterwegs ist, wird an vielen Stellen informiert, dass Schwarzfahren kein Kavaliersdelikt ist.

Das stimmt auch, wer ohne gültigen Fahrschein in den Öffis erwischt wird, begeht nach deutschem Recht eine Straftat. Doch das ist nach Ansicht des Justizministeriums nicht mehr zeitgemäß. Schon länger wird an einer Reform des Strafrechts gearbeitet, in der es auch um §265a Strafgesetzbuch geht, das Erschleichen von Leistungen. Dort heißt es:

Wer [...] die Beförderung durch ein Verkehrsmittel [...] erschleicht, [...] wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Deutschlandticket (49-Euro-Ticket-App) für Android

Deutschlandticket (49-Euro-Ticket-App) - Android App 1.7.0

Mit der Deutschlandticket App gibt es eine überregionale App für das 49-Euro-Ticket, zum Vorbestellen, Kaufen und Verwalten des 9-Euro-Ticket-Nachfolgers.
CHIP Bewertung: Gut zum Download

Schwarzfahren soll Ordnungswidrigkeit werden

Fahrkartenkontrolle im ÖPNV
Fahrkartenkontrolle im ÖPNV

Die "Modernisierung des Strafgesetzbuchs" sieht vor, dass das Fahren ohne gültigen Fahrschein künftig nicht mehr als Straftat behandelt werden soll, sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit.

Wirft man einen Blick in die Kriminalstatistik, betreffen rund 98 Prozent der erfassten Fälle des § 265a Schwarzfahrer. Den Unrechtsgehalt stuft das Justizministerium aber als so gering ein, dass es nicht angemessen ist, die bloße Beförderungserschleichung unter Strafe zu stellen. Denn es müssen keine Zugangsbarrieren oder -kontrollen überwunden, Fahrscheine gefälscht oder Kontrollpersonen getäuscht werden.

Das Problem: Die Reform stockt, denn ein anderes Vorhaben sorgt für viel Diskussionsstoff. CHIP berichtete bereits, dass es künftig möglich sein soll, Unfälle, bei denen nur Sachschaden entstanden ist, online zu melden. Damit müsste der Verursacher nicht mehr vor Ort auf den Besitzer des beschädigten Fahrzeuges oder auf die Polizei warten.

Wann die Reform genau kommt, ist unklar. Aus dem Ministerium heißt es dazu nur, Ziel sei es, zeitnah einen Entwurf vorzulegen. In der Zwischenzeit verzichten immer mehr Verkehrsbetriebe auf die Strafanzeige. In Potsdam zum Beispiel, muss man für Fahren ohne Fahrschein zwar weiterhin 60 Euro zahlen, die Verkehrsbetriebe stellen aber keine Strafanzeige mehr.

Mehr zum Thema

Experten fordern Straffreiheit für Schwarzfahrer

Hinweis in Straßenbahn, dass ein gültiger Fahrschein nötig ist
Hinweis in Straßenbahn, dass ein gültiger Fahrschein nötig ist

In einem offenen Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, haben Kriminologen und andere Wissenschaftler nun sogar vorgeschlagen, Schwarzfahren künftig weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit zu behandeln.

In ihrem Schreiben begründen sie das unter anderem damit, dass der Straftatbestand überproportional arme Menschen und solche in prekären Lebenslagen betrifft. Der Großteil der Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund des Fahrens ohne Fahrschein verbüßten, sei arbeitslos. Außerdem sei der Schaden pro Fahrt ohne gültiges Ticket sehr gering.

Auch wäre eine Klassifizierung als Ordnungswidrigkeit mit großem Verwaltungsaufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Den Verkehrsunternehmen stehe es frei, bei Nichtzahlung Inkassounternehmen einzuschalten, um das Geld einzutreiben.

Wenig überraschend hält der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) nichts von dem Vorschlag. "Die Idee, Schwarzfahren nicht mehr zu bestrafen, ist respektlos gegenüber allen ehrlichen Fahrgästen sowie der Leistung und Arbeit unserer Beschäftigten", sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

(mit Material von dpa)

Download ÖPNV Navigator

ÖPNV Navigator iPhone- / iPad App 1.20

Jeder kennt das Problem: Sie befinden sich in einer fremden Stadt und wissen nicht, wie Sie am besten mit Bus&Bahn von A nach B kommen können. Abhilfe schafft die App "ÖPNV Navigator", mit deren Hilfe Sie die ideale Route zum Ziel angezeigt bekommen.
CHIP Bewertung: Gut zum Download


Dieser Artikel kann Partnerlinks enthalten, von denen Yahoo und/oder der Herausgeber möglicherweise eine Provision erhält, wenn Sie über diese Links ein Produkt oder eine Dienstleistung erwerben.