Alles so schön grün: Die falschen Versprechen der Öko-Werbung

Viele Firmen nutzen den Trend zur Nachhaltigkeit aus. Das schadet oft mehr, als das es nutzt . ZDFinfo deckt in der Dokumentation "Grüne Versprechen - Wie Verbraucher getäuscht werden", die vermeintlich grüne Werbeversprechen auf.

Werbestrategen wissen es seit jeher: Kaufentscheidungen werden zum guten Teil im Unterbewusstsein getroffen. Farben spielen bei der Produktpräsentation also eine zentrale Rolle, und die Farbe "Grün" suggeriert dem Verbraucher nichts anderes als Natürlichkeit, Gesundheit oder auch Nachhaltigkeit, wie man heute sagen würde. Dementsprechend bauen viele Firmen auf ein grünes Image und ein grünes Gütesiegel. Doch welche Firmen vermitteln Ökologie und Nachhalitgkeit nur als Strategie für besseren Umsatz und betreiben das sogenannte "Greenwashing"? - Dieser Frage widmet sich Dunja Keuper in der Dokumentation "Grüne Versprechen - Wie Verbraucher getäuscht werden", die am Donnerstag, 12. November, um 20.15 Uhr, bei ZDFinfo ausgestrahlt wird.

Was ist eigentlich "Greenwashing"?

"Wenn wir Greenwashing ermöglichen, erlauben und tolerieren, öffnen wir damit Tür und Tor für mehr Fake-News und deren Akzeptanz", stellt der Wirtschaftsethiker Peter Seele gleich zu Beginn des Beitrags klar. Eingeführt im Jahr 1986, durch den Amerikaner Jay Westerveld, beschreibt der Begriff "Greenwashing" die bewusste Irreführung der Verbraucher. Ein Konzern bessert dadurch seinen ökologischen oder sozialen Status auf. Die internationale Umweltorganisation Greenpeace stellt vier Kriterien auf, um "Greenwashing" zu erkennen: Grundsätzlich wird ein umweltbelastendes Kerngeschäft "getarnt". Für den Umweltschutz wird weniger investiert, als in die aufwendigen Werbekampagnen. Konzerne betreiben Lobbyarbeit, um andere Umweltauflagen zu umgehen. Und: Es wird mit Selbstverständlichkeiten geworben - etwa mit der Einhaltung von Gesetzen.

Für die kontrollierenden Instanzen sei die Zurechtweisung der Unternehmen, die mit falschen Versprechungen locken, schwierig, erklärt Hanna Gempp, eine Juristin in der Wettbewerbszentrale Bad Homburg, Abmahnungen würden schon mal "in Kauf genommen". Peter Seele betont: "Greenwashing ist der Bereich, wo irreführend kommuniziert wird, ohne das es justiziabel ist", man befinde sich in einer "Grauzone".

Die Doku nennt zahlreiche Beispiele

2007 nannte sich das Deutsche Atomforum in einem Werbespot "Deutschlands ungeliebter Klimaschützer", da man bei der Energieerzeugung kein Kohlendioxid ausstoße. In dem 45-Minüter erklärt der Nachhaltigkeitsforscher Stefan Schaltegger, worum es bei solchen Kampagnen geht: "Es lenkt vom eigentlichen Problem ab, nämlich den radioaktiven Abfällen." Man könne dieses Überbetonen von unwichtigen Themen also durchaus als "Greenwashing" bezeichnen.

Auch die boomende Kreuzfahrtindustrie würde sich gerne mit Nachhaltigkeit brüsten: Doch der Treibstoff Schweröl führt zu hohen Schadstoffbelastungen, und Essensreste, Fäkalien und Abwässer werden direkt ins Meer geleitet. "Im Vergleich zur der Landseite, ist das Wasser bis heute sehr lax reguliert", berichtet Sönke Diesener, ein Referent der Verkehrspolitik NABU. "Die Schiffe haben riesige Verschmutzungsprivelegien gegenüber dem Verkehr an Land." Als Antwort auf derartige Probleme, erprobt die Reederei AIDA seit Ende 2018 ein Schiff, das mit Flüssiggas betrieben wird. Das Unternehmen wirbt mit einem aufwendigen Werbespot für das "Green Cruising", obwohl erst ein Schiff der Flotte die neue Technik aufweist. "Wenn das Kerngeschäft nicht sauber ist und man es dann grün oder sauber nennt, ist das 'Greenwashing", stellt Peter Seele klar. "Green Crusing" sei für ihn eine Art maritimer Tourismus, der auf alternativen Energiekonzepten basiert und nicht auf schmutzigem Schweröl.

Andererseits, auch das macht diese sehenswerte Dokumentation deutlich, ist ein Urteil selten leicht zu fällen - vielfach ist ein Bemühen festzustellen, tatsächlich "grüner" zu werden: "Grundsätzlich ist jede Maßnahme für Nachhaltigkeit als positiv zu begrüßen, und deshalb ist auch eine überkritische Sichtweise nicht unbedingt hilfreich", bringt es Stefan Schaltegger am Ende des Beitrags auf den Punkt.

Die Ansätze stimmen