Alpen-Pop: Das Revival der Volksmusik

Bayerische Volksmusik – wer denkt da nicht an Musikantenstadl und schunkelnde Rentner? Doch in den Clubs deutscher Großstädte, weit über den Freistaat hinaus, erleben Blaskapellen und Akkordeon derzeit ein erstaunliches Revival.

Dirndlgeschäfte auf Sylt. Oktoberfeste in Görlitz und am Timmendorfer Strand. Filme aus Bayern begeistern Millionen im Kino, und Hirschgeweihe hängen selbst an den Wänden Berliner Szenekneipen. Eigentlich war es da nur noch eine Frage der Zeit, bis der Heimat-Trend auch die Musik erreichen würde. Und dennoch traut manch ein Clubgänger derzeit seinen Ohren kaum, wenn zwischen allerlei Pop auch einmal eine Blaskapelle aus den Boxen dröhnt. Volksmusik? Das ging doch bislang gar nicht.

Doch die Assoziationen haben sich geändert. Früher schien Volksmusik fest verknüpft mit Schützenfest, Kaffeefahrt und Florian Silbereisen – jetzt aber zeigen junge Bands, dass mit traditionellen Instrumenten und Mundart auch ein moderner Sound möglich ist. Volksmusik wird einfach mit Rock, Pop, Jazz oder HipHop kombiniert: So spielen „LaBrassBanda“, eine fünfköpfige Bläsercombo aus dem bayerischen Örtchen Übersee, mit Trompete, Tuba und Posaune zu fröhlichem Ska auf. „Attwenger“ aus Österreich zeigen, wie gut Akkordeon und Punk zusammenpassen können. Und „Kellerkommando“ kombinieren traditionelle Musik aus Franken mit Rap.

Einen Namen hat dieses Gerne inzwischen auch: Neue Volksmusik. Wirklich neu ist die Idee zwar nicht, schon in den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Musiker, die traditionelle Elemente in einen modernen Sound integrierten. Doch bislang fanden viele dieser Künstler nur bei einem Nischenpublikum Anklang. Hans Söller etwa, der seit Jahrzehnten Reggae mit bayerischen Texten macht, galt lange als Exot. Und Gruppen wie die „Biermösl Blosn“ wurden allenfalls der Kleinkunst zugerechnet.

Heute hat sich das Bild gewandelt. Neue Volksmusik läuft in alternativen Clubs, und LaBrassBanda füllen mit einem Konzert schon einmal die Münchner Olympiahalle. Woher die plötzliche Begeisterung kommt, kann nur vermutet werden. Vielleicht, weil „Retro“ nach wie vor im Trend liegt. Vielleicht, weil allgemein eine Rückbesinnung auf regionale Produkte stattfindet und manch einer, angesichts der Globalisierung, seine Liebe zur Heimat, zum dem, was man kennt, entdeckt. Vielleicht aber auch, weil der Sound überrascht. Denn: Etwas Vergleichbares war im Einheitsbrei amerikanischer Charthits, dem „Besten der Achtziger, Neunziger und von heute“ tatsächlich lange nicht zu hören.