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Wie die Amerikaner Nowitzki neu entdecken

Hätten Sie gewusst, wer der einzige Spieler der Basketball-Geschichte ist, der bei einer Europameisterschaft, einer Weltmeisterschaft, in der NBA und in den Finals der besten Liga der Welt zum wertvollsten Spieler gekürt wurde?

Die Antwort lautet Dirk Nowitzki. Kein anderer Basketballer des Planeten kann all diese vier Auszeichnungen sein Eigen nennen. Selbst wenn man die kontinentale Einschränkung weglässt, gelang es außer dem Deutschen nur Kevin Durant und Shaquille O’Neal, zum MVP bei einer WM, in der NBA und in den NBA-Finals gewählt zu werden.

Dieser Fakt ist nur einer von vielen, warum Nowitzki in vielen GOAT-Rankings – kürzlich landete er in dem des renommierten Sportberichterstatters ESPN auf Rang 19 – möglicherweise eine höhere Position verdient hätte. SPORT1 nennt weitere.

Nowitzki in den Top-Rankings der NBA vorne dabei

In 21 Jahren seiner NBA-Karriere, die er allesamt für die Dallas Mavericks auf dem Feld verbrachte, hat "Dirkules" unfassbare Zahlen erreicht. 31.560 Punkte in 51.368 Minuten bzw. 1522 Spielen sprechen allein schon eine deutliche Sprache. Zumindest in den Top Ten der besten Scorer aller Zeiten wird er noch sehr lange bleiben.

Doch blickt man tiefer in die Details, so gibt es noch weitaus erstaunlichere Statistiken zum einstigen "German Wunderkind".

Nowitzki ist einer von nur acht Spielern in der Geschichte der NBA, der in den Kategorien Punkte, Rebounds, Steals und Blocks jeweils unter den Top 100 der Bestenliste rangieren – eine bemerkenswerte Leistung eines Big Mans.

14 Mal durfte der heute 42-Jährige am All-Star Game teilnehmen, zwölf Mal gehörte er einem All-NBA-Team an. Insgesamt gab es nur sieben (All-Stars) bzw. sechs (All-NBA-Team) Akteure, die mehr Nominierungen gesammelt haben.

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Keine All-Stars an seiner Seite

Apropos All-Stars: Rein statistisch gesehen hätte Nowitzki mit den Mavs 2011 gar nicht Meister werden dürfen. Denn wie die Zahlenarchive zeigen, sind mindestens zwei All-Stars nötig, um in der NBA einen tiefen Run hinzulegen.

Doch Nowitzki bewies insbesondere in zwei Saisons das Gegenteil. Ohne ganz große Namen an seiner Seite führte er Dallas 2005/06 ins Finale und fünf Jahre später sogar zum Titel.

Im Vize-Jahr war der Power Forward mit 27,7 Punkten im Schnitt mit Abstand bester Mav der Postseason. Auf Platz zwei und drei folgten Jason Terry und Josh Howard, die in Person von Howard (allerdings erst fünf Jahre später, als er nicht mehr für die Texaner auflief) nur einmal für ein All-Star Game nominiert wurden.

2010/11 verfügte Dallas ebenfalls nur über einen Superstar: Dirk Nowitzki. Daneben prägten alternde Stars über ihrem Zenit wie Jason Kidd, Shawn Marion und Peja Stojakovic sowie talentierte Rollenspieler wie Tyson Chandler, Terry oder DeShawn Stevenson das erfolgreiche Spiel des Meisters.

Bryant, Durant, Harden und James rausgeworfen

Auch über seine gesamte Karriere hinweg gesehen spielte Nowitzki auffällig selten mit Teamkollegen zusammen, die Nominierungen für Auswahlen erhielten. Er ist der einzige Spieler der NBA-Geschichte, der zum MVP und Finals-MVP gekürt wurde, ohne dass er mit einem Akteur gemeinsam auf dem Feld stand, der jemals für ein First oder Second All-NBA-Team nominiert wurde. Darüber hinaus spielte der beste Europäer der Liga-Historie nur mit sechs All-Stars zusammen.

Zum Vergleich: Kobe Bryant ging im Laufe seiner Ausnahmekarriere gemeinsam mit neun Spielern, die es in eins der besten zwei NBA-Teams einer Saison schafften, sowie mit 15 anderen All-Stars auf Körbejagd. Bei Dwayne Wade (8/16) und Tim Duncan (5/13) – zwei weitere Megastars in Nowitzkis aktiver Zeit - waren es ebenfalls wesentlich mehr Star-Teamkollegen. LeBron James hatte bisher 15 All-Star-Kollegen.

Besonders beeindruckend war der Weg zum Titel 2011. In den Playoffs eliminierte Nowitzki mit LaMarcus Aldridge (Portland Trail Blazers), Kobe Bryant und Pau Gasol (Los Angeles Lakers), Kevin Durant, Russell Westbrook und James Harden (OKC) sowie LeBron James, Dwayne Wade und Chris Bosh (Miami Heat) zahlreiche Superstars – darunter befinden sich fünf MVPs.

Dass Nowitzki auch ohne herausragende Spieler an seiner Seite außergewöhnliche Erfolge erreichen konnte, hat auch seine Laufbahn im Nationalteam bewiesen. Ohne ihn wären WM-Bronze 2002 in den USA und EM-Silber 2005 für Deutschland utopisch gewesen.

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Dallas Mavericks dank Nowitzki Meister

Weitere Zahlen verdeutlichen Nowitzkis Stellenwert. Der 2,13-Schlaks verwandelte die Dallas Mavericks von einem Loser-Team in eine Meister-Franchise.

In den 18 Jahren vor Nowitzki schafften es die Texaner nur sechs Mal in die Playoffs – mit ihm verpassten sie die K.o.-Runde zwischen 1998 und 2019 nur sechs Mal.

Wie Hoopshype herausgefunden hat, hat Nowitzki die Gewinnrate der Mavs von zuvor 41,1 auf 60,2 Prozent gesteigert. In der Nowitzki-Ära standen 919 Siegen 606 Niederlagen gegenüber – in dieser Zeit waren in der ganzen Liga nur die San Antonio Spurs mit rund 70 Prozent gewonnenen Spielen besser.

In einer Reihe mit Abdul-Jabbar, Jordan und Co.

Auch abseits von harten Fakten hätte Nowitzki eine höhere Position in Bestenlisten vermutlich verdient.

Sein Spiel hat das Ansehen von Europäern und Big Man für immer verändert. Zuvor galten sie als soft und Verkaufsware, durch ihn legten die Teams wieder mehr Wert auf große, eher unbeweglichere Spieler mit Wurf.

Als einer von ganz wenigen Akteuren seiner Sportart hat Nowitzki sogar eine Wurftechnik geprägt. Wie etwa Kareem Abdul-Jabbars Hookshot, der Fadeaway Jumper von Kobe Bryant und Michael Jordan oder Allen Iversons Crossover etablierte sich der einbeinige Fadeaway ("Flamingo") – eine Wurfart, die technisch sehr anspruchsvoll, aber kaum zu verteidigen ist.

Schließlich machten auch die Tatsachen, dass Nowitzki ohne das Bestreben, eine Weltmarke aus sich zu machen, agierte sowie fehlende Dramen und Skandale abseits des Parketts - abgesehen von der unverschuldeten Cristal-Taylor-Affäre und Holger Geschwindners Steuer-Episode - zu einem einmaligen Basketballer.

Vielleicht ist genau das ein Grund dafür, weshalb Nowitzki in vielen GOAT-Rankings nicht ganz so weit vorne zu finden ist, wie die oben aufgeführten Statistiken vermuten lassen. Dass Nowitzki "nur" ein Meistertitel vergönnt war, dürfte ebenfalls eine Rolle spielen.

Nowitzki ist der vielleicht der meist-unterschätzte Superstar der NBA-Geschichte.