Ampel-Analyse vor den Ost-Wahlen - Was hält die Ampel noch zusammen? „Angst“, „Machterhalt“ und „politische Pläne“
Koalitionskrach und interne Machtspiele überschatten die verbleibende Regierungszeit der Ampel. Experten erklären, warum vor allem Angst das Bündnis noch zusammenhält.
Im Video: Politik-Experten prophezeien: Nach Ost-Desaster hat die Ampel nur noch eine Option
Wer ein Bündnis schmieden will, braucht Gemeinsamkeiten. Das gilt vor allem in der Politik. Für die Ampel-Koalition haben sich SPD, FDP und Grüne nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 an einen Tisch gesetzt und nach Schnittmengen gesucht.
Bis der Koalitionsvertrag stand, vergingen einige Wochen. Die Halbzeitbilanz zeigt: Fast zwei Drittel der Ampel-Ideen wurden bereits umgesetzt oder auf den Weg gebracht.
Doch was erst einmal gut klingt, wird vom öffentlichen Koalitionskrach überschattet. Das spiegelt sich in den Wahlumfragen wider. Die Quittung droht nun am 1. September bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen.
Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen: Was hält die Ampel noch zusammen?
Denn, so der Eindruck in der Bevölkerung: Von Gemeinsamkeiten scheint in der Ampel nicht mehr viel übrig zu sein. Stattdessen wirkt die Koalition brüchiger denn je. Bisher hält das Bündnis aber. Warum das so ist? FOCUS online hat bei Politikexperten nachgefragt, was die Ampel noch zusammenhält.
Henning Vöpel, Vorstand der Stiftung Ordnungspolitik und Direktor des Centrums für Europäische Politik:
Für Henning Vöpel ist es jedenfalls „keine gemeinsame inhaltliche Agenda“, die die Ampell noch zusammenhält. „Man wird versuchen, die Krisen, Kriege und Konflikte möglichst ohne große Entscheidungen bis zum Ende der Legislaturperiode zu begleiten.“
„Für echte Reformen, so sie denn jemals möglich gewesen sind“, sagt der Politik-Experte, „ist es jetzt viel zu spät“. Der einzige Kitt und die dominante Strategie bestünden darin – man müsse es so deutlich sagen – die Macht zu erhalten und die verbleibende Zeit für eine Profilierung in der Ampel zulasten der eigenen Koalitionspartner zu nutzen.
„Ampel wird von der Angst vor vorgezogenen Wahlen zusammengehalten“
Christian Stecker, Politologe von der Technischen Universität Darmstadt:
„Die Ampel wird zuvorderst von der Angst vor vorgezogenen Wahlen zusammengehalten“, sagt Christian Stecker. Für Grüne und SPD würde dies nach aktuellen Umfragen massive Stimmen- und Mandatsverluste bedeuten, für die FDP möglicherweise gar das Ausscheiden aus dem Bundestag, so der Politologe. Mehr noch: „Für Christian Lindner wäre es das Ende seiner politischen Karriere.“
Johannes Hillje, Politik- und Kommunikationsberater in Berlin:
Politikberater Johannes Hillje meint: „Die Ampel hat tatsächlich noch inhaltlich etwas vor.“ Das Paket für einen Wirtschaftsaufschwung werde derzeit aufgegleist, Pläne zur Rente oder Bekämpfung von Kinderarmut sollen noch umgesetzt werden.
Bedeutet: „Die Ampel hält eine Mischung aus politischen Plänen und machtpolitischer Alternativlosigkeit zusammen“, sagt Hillje.
Joachim Krause, Direktor Emeritus des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel und Chefredakteur von SIRIUS:
Joachim Krause meint kurz und knapp: „Inhaltlich und vor allem im persönlichen Miteinander gibt es nicht mehr viel“, das das Dreierbündnis zusammenhält.
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Lesen Sie hier die Antworten der Experten auf die Frage: Werden die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zum Sargnagel der Ampel oder regiert Rot-Gelb-Grün bis zum Ende der Legislaturperiode druch?
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