Nach Ampel-Bruch - „Resterampe in Regierungsämtern“: Wagenknecht attackiert Scholz-Truppe

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Sahra WagenknechtMichael Kappeler/dpa

Die Ampel ist zerbrochen. Lindner und Scholz geben sich gegenseitig die Schuld. BSW-Chefin Wagenknecht sieht dagegen alle drei Parteien in der Pflicht. „Die Restminister sollten nicht länger an ihren Ämtern kleben“, sagt sie gegenüber FOCUS online.

Die Ampel ist seit Mittwoch endgültig Geschichte . Was sich über lange Zeit angebahnt hat, ist nun Realität geworden. Übrig bleiben: die Grünen mit der SPD – und Volker Wissing, Ex-FDPler.

Ex-Finanzminister und FDP-Parteichef Christian Lindner zeigt nun mit dem Finger auf Kanzler Scholz – der ihn entlassen hat. Er habe Schuld am Ampelbruch, meint Lindner. Scholz wiederum zeigt mit dem Finger zurück : Lindner sei der Schuldige, man könne seiner FDP nicht mehr vertrauen.

Wagenknecht: „Verantwortung für den Koalitionsbruch liegt bei allen drei Parteien“

Alles Quatsch meint hingegen Sahra Wagenknecht. „Die Verantwortung für den Koalitionsbruch liegt bei allen drei Parteien“, sagt die BSW-Chefin gegenüber FOCUS online.

Sie stört sich insbesondere daran, dass SPD und Grüne „allen Ernstes” die Schuldenbremse dafür aufheben wollten, um noch mehr Waffen an die Ukraine liefern zu können, anstatt die Wirtschaftskrise zu bekämpfen und in die marode Infrastruktur oder bessere Bildung zu investieren.

Das zeige noch einmal deutlich: „Diese Regierung hat fertig und die Restminister sollten nicht länger an ihren Ämtern kleben“, so Wagenknecht.

Die BSW-Chefin betont: „Tatsächlich kommt der Bruch mindestens ein halbes Jahr zu spät.“ Sie habe bereits im April Neuwahlen gefordert. Dann hätte parallel zu den Landtagswahlen im Osten die Bundestagswahl stattfinden können, sagt Wagenknecht weiter.

Stattdessen steht zunächst eine Abstimmung im Bundestag über die Vertrauensfrage von Scholz an, angesetzt für den 15. Januar 2025. Falls er das Vertrauen nicht bekommt, wovon auszugehen ist, könnten anschließend Neuwahlen stattfinden, voraussichtlich im März 2025.

Bis dahin verfügt der Kanzler jedoch über keine stabile Mehrheit im Bundestag und führt somit eine Minderheitsregierung. Dies bedeutet, dass Rot-Grün für die Durchsetzung einzelner Gesetzesvorhaben auf die Unterstützung der Opposition – beispielsweise durch die Union oder das BSW – angewiesen wäre.

„BSW ist kein Mehrheitsbeschaffer für eine rot-grüne Resterampe in Regierungsämtern“

Ein erstes, knapp halbstündiges Gespräch zwischen Unions-Fraktionschef Friedrich Merz und Kanzler Scholz ist nach Angaben aus der Unionsfraktion ergebnislos geblieben.

Merz hat Scholz demnach angeboten, die Union sei jederzeit bereit, über anstehende Tagesordnungspunkte oder Gesetze im Bundestag zu sprechen – aber erst, wenn vom Bundeskanzler in den kommenden Tagen die Vertrauensfrage gestellt worden sei. Scholz wolle aber am Zeitplan für die Vertrauensfrage im kommenden Jahr festhalten.

Auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch verteidigt den von Scholz vorgeschlagenen Zeitplan für mögliche Neuwahlen. Dies sei ein Vorgang, der „Stabilität wahrt und geordnete Übergänge schafft“, sagte Miersch am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. In der Zwischenzeit komme es auf das Parlament und auch auf die Unterstützung der „demokratischen Mitte“ an, auch auf die Union.

Die „Restminister“, wie Wagenknecht sie nennt, wollen also auch ohne die FDP noch einiges voranbringen. Die BSW-Chefin macht gegenüber FOCUS online klar, was sie davon hält: „Das BSW ist kein Mehrheitsbeschaffer für eine rot-grüne Resterampe in Regierungsämtern.“

„Bürger und Unternehmen haben ein Recht auf schnellstmögliche Klarstellung der politischen Verhältnisse“

Natürlich schaue man in ihrer Partei, so wie bisher, jeden Antrag, der ins Parlament komme, genau an und entscheide in der Sache. „Aber Bürger und Unternehmen haben ein Recht auf schnellstmögliche Klarstellung der politischen Verhältnisse“, betont Wagenknecht.

Von Rot-Grün initiierte Gesetze und Mehrheiten jenseits davon dürften es also schwer haben. SPD-General gab sich zuletzt, ähnlich wie sein Kanzler, zuversichtlich was das betrifft: „Wir können Gesetze beschließen, gerade wenn es um die Stabilisierung der Wirtschaft geht, wenn es um die kalte Progression geht, wenn es um das Rentenniveau geht. Das können wir alles beschließen“, sagte er. Es gebe in Deutschland eine „funktionsfähige Regierung“.

Denkbar ist all das alle mal. Theoretisch denkbar wäre aber auch eine Art Zusammenschluss zwischen BSW, AfD, Union und FDP. Die AfD jedenfalls hat bereits angekündigt, genau das zu provozieren.

Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag teilte AfD-Co-Chefin Alice Weidel mit, Union und FDP auf die Probe stellen zu wollen. Die AfD habe einen Sofortplan für Deutschland. Diesen habe die AfD-Fraktion über Jahre in Gesetzesanträgen erarbeitet.

„Was die AfD-Fraktion seit 2017 in diesem Hause fordert und was vor allem von der CDU und der FDP geflissentlich abgelehnt wurde, das stellen wir Ihnen gerne vor und Sie können davon ausgehen, dass die AfD diese Anträge selektiv nochmal einbringen wird, um zu sehen, wo CDU und FDP hier auch wirklich inhaltlich stehen“, sagte Weidel.